„Sagt uns Mamas nicht ständig, dass wir jede Sekunde genießen müssen.”

„Ich habe keine Angst zuzugeben, dass ich nicht jeden Moment als Mama genieße. Dieses ständige Beschönigen und Verherrlichen muss aufhören, weil es falsche Vorstellungen vom Muttersein verbreitet und einfach nervig ist!

Wir haben es alle schon erlebt:

Man steht in einer langen Schlange im Supermarkt, überfordert mit Kleinkindern, die durch die Gänge toben und lautstark ihren Unmut darüber zum Ausdruck bringen, dass man die Süßigkeiten nicht kaufen will. Man ist echt mit den Nerven am Ende und will nur noch diesen Einkauf zu Ende bringen.

Doch genau dann kommen völlig Fremde gerne mit süffisant-arroganten Ratschlägen um die Ecke. Mein absoluter Hass-Spruch: ‚Ach, die Zeit vergeht so schnell, genießen Sie jeden Moment.‘ Entschuldigung, dass ich gerade in diesem Moment nicht vor lauter Glück über meine kreischenden, tobenden Kinder zerspringe.

Ich habe drei Jungs, alle 17 Monate auseinander.

An den meisten Tagen versuche ich einfach, zu überleben. Ganz ehrlich: Ich bin meistens weit davon entfernt, ‚es zu genießen‘. Daher ist dieser Satz für mich ein rotes Tuch geworden.

Vielleicht mag es für Menschen, bei denen es schon einige Jahrzehnte zurückliegt, dass sie Eltern von kleinen Kindern waren, für Großverdiener, die sich ein Kindermädchen leisten können oder für Mamas, die gerade ihr schlafendes Anfängerbaby im Kinderwagen vor sich herschieben, verlockend sein, sich poetisch über die Mutterschaft zu äußern. Aber meiner Meinung nach sind solche Aussagen einfach nur toxisch und machen den Rest von uns schlecht.

Denn es gibt viele, viele Momente, die ich absolut nicht genieße.

Zum Beispiel, als ich dachte, es würde Spaß machen, mit den Kindern einen Spaziergang durch die Natur zu machen. Am Ende trug ich bei drückender Hitze ein riesiges Kleinkind auf meinem Rücken drei Kilometer bergauf, während es mir direkt ins Ohr schrie, wie warm und müde es sei. Dann begannen seine beiden Brüder sich laut schreiend zu bescheren und beklagten, wie schwer ihre Wasserflaschen waren. Der Ausflug endete damit, dass wir alle mit den Tränen kämpften.

Neben den schönen Aspekten der Elternschaft gibt es einige nicht so entspannte Parts. Jedem, der das anzweifelt, empfehle ich mit einem hungrigen Kleinkind zu diskutieren oder mit einem hungrigen Teenager. Wir Mamas ertragen das, weil wir unsere Kinder lieben, und naja, einer muss die Ruhe bewahren. Aber es bedeutet nicht, dass wir jede einzelne Minute davon genießen müssen.

Ich verstehe trotzdem das Gefühl hinter diesem Satz.

Seine Botschaft soll gestresste Eltern dazu bringen, innezuhalten und zu erkennen, wie flüchtig diese Zeit ist. Dieser gutgemeinte Denkanstoß wird aber nahezu ausschließlich von Personen geliefert, die den Vorteil haben, sehr weit entfernt von der Erschöpfung und dem alltäglichen Chaos zu sein, das Kinder mit sich bringen.

Solche Menschen scheinen unter einer Amnesie zu leiden, bei der nur die kostbaren, liebenswerten Erinnerungen bleiben und die anderen in die tiefsten Tiefen ihres Gehirns verbannt werden. Wenn man das alles schon hinter sich hat, fällt es einem leicht, mit einer rosaroten Brille zurückzublicken. Sich nur an die Highlights zu erinnern und die Wutanfälle und schlaflosen Nächte zu vergessen.

Ich glaube nicht, dass irgendetwas im Leben die ganze Zeit Spaß macht.

Also, warum sollte Elternschaft anders sein? Wenn man mit dieser Erwartung Kinder bekommt, darf man sich gleich auf ein frühes Scheitern einstellen. Mama zu sein ist eine Herausforderung und nicht immer angenehm. Diese Erkenntnis macht keine Mutter zu einem schlechten Elternteil. Es bedeutet einfach, dass man kein Roboter ist und normale menschliche Emotionen hat.

Die Erwartung, dass wir jede Sekunde des Stresses genießen, sorgt höchstens für Schuldgefühle und Frustration. Wir brauchen diesen Druck nicht zusätzlich zu allem anderen, was wir schultern. Anstatt Mamas ein schlechtes Gewissen zu machen, dass sie nicht jede einzelne Sekunde lieben, sollten wir lieber die Realität des Mutterseins normalisieren.

Sowohl das Schöne als auch das, ähm, nicht so Schöne.

Wir Frauen wurden darauf konditioniert, zu glauben, dass wir alle dazu gemacht sind, Mutter zu werden. Deswegen gibt es diese diffuse Erwartung, dass wir jede Sekunde davon abfeiern und uns nie beschweren. Falls es hier tatsächlich noch Frauen gibt, die das auch glauben: Sorry, ich bin der lebendige Gegenbeweis. Und ich habe festgestellt, dass es tatsächlich befreiend sein kann, sich Luft zu machen.

Bitte interpretiert das nicht als undankbar. Das bedeutet nicht, dass ich das Zusammensein mit meinen Kindern nicht als eine der wertvollsten Erfahrungen ansehe, die es gibt. Es bedeutet nur, dass ich realistisch bin, was Elternschaft bedeutet. Nach mehreren Jahren Unfruchtbarkeit und drei der schwersten Schwangerschaften in der Geschichte der Menschheit ist mir mein Glück sehr bewusst.

Manchmal schaue ich meine Kinder völlig ungläubig an, weil ich einfach nicht fassen kann, dass ich ihre Mutter sein darf.

In solchen Momenten bin ich nur glücklich und versuche, alles aufzusaugen. Und dann gibt es Zeiten, in denen ich frustrierte Tränen weine und versuche, das alles so schnell zu vergessen wie möglich. Die beiden Emotionen schließen sich nicht gegenseitig aus, sie haben beide ihre Berechtigung.

Ich kann nur hoffen, dass ich in ein paar Jahren über unsere katastrophale Wanderung und all die unglückseligen Lebensmitteleinkäufe lachen kann und ich mich vielleicht sogar gerne daran zurückerinnere. Der Grund dafür ist, dass sie dann der Vergangenheit angehören werden und ich in der Rückschau, sowohl das Gute als auch das Schlechte wahrnehmen kann.

Aber im Moment tue ich das nicht und das muss ich auch nicht.

Es ist also mehr als unverschämt, mir zu sagen, ich solle diese entnervenden Momente genießen. Wenn ihr auch zu den ‚Rabenmüttern‘ gehört, die ausdrücklich nicht immer ein Glückseligkeitsgrinsen im Gesicht haben, dann hoffe, dass ich euch Mut machen kann, wenn ich sage: Wir sind immer noch Rockstar-Eltern, die ihre Kinder lieben. Wir werden so viele Momente wie möglich genießen und alle anderen auch irgendwie meistern!”


Liebe Saskia, vielen Dank für Deine Meinung! Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft.

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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