Mutter von Affen aufgezogen: Nun lebt auch die Tochter im Dschungel

Vanessa Forero war erst sieben Jahre alt, als ihr klar wurde, dass ihre Mutter ganz anders war als die anderen Mütter.

Immer wenn in ihrer Grundschule die letzte Glocke läutete, stürmten die Kinder hinaus und trafen ihre Eltern am Tor. Aber nicht Vanessa. Normalerweise pfiff sie nach ihr und winkte von den Ästen eines Baumes aus, auf den sie gerade geklettert war. „Ich wusste, dass andere Mütter das nicht taten“, erinnert sich Vanessa Forero.

„Aber das war nur Mama. Meine verspielte Mutter.”

Im Mirror schildert sie das ungewöhnliche Leben ihrer Mama: „Sie liebte die Natur, baute Hindernisparcours im Hintergarten, machte Affengeräusche und kletterte auf Bäume. Unsere Haustiere waren Tiere, die meine Mutter für uns gefangen hat – wir hatten ein paar Wildkaninchen, die schließlich entkommen sind, und eine Möwe.“

Für eine Familie in Bradford klingt das alles ziemlich bizarr. Vanessas Mutter ist Marina Chapman – eine Hausfrau, die in Kolumbien geboren wurde, laut eigenen Angaben im Alter von vier Jahren von Menschenhändlerbanden entführt und im Regenwald ausgesetzt wurde, wo sie von Affen aufgezogen wurde. Kapuzineräffchen, um genau zu sein.

Erst im Alter von 10 Jahren wurde sie von Jägern gefunden und an ein Bordell verkauft, wo sie wegen ihrer Wildheit rausgeworfen wurde. Jahre später verliebte sich Marina auf einer Reise nach Großbritannien in einen Mann, den sie in der Kirche traf. Sie heirateten und bekamen zwei Töchter, Vanessa, jetzt 40, und Joanna, 43. Das einzige Zeichen von Marinas Vergangenheit war ihre unkonventionelle Haltung zum Schulbetrieb.

Nun nimmt die ungewöhnliche Familiengeschichte wieder eine spannende Wendung.

Nach dem Ende ihrer eigenen 15-jährigen Ehe verließ Vanessa England, um sich im gleichen kolumbianischen Dschungel niederzulassen, in dem Marina angeblich jahrelang mit den Affen gelebt hat.

Vanessa hat sich inzwischen in ihrem neuen Zuhause eingelebt und fühlt sich sehr wohl dort: „Mama gefällt es nicht, dass ich hier bin – und so weit weg von ihr. Aber gleichzeitig kann sie verstehen, warum ich hier bin. Dies ist das erste Mal, dass ich ein Gefühl von Zuhause und Zugehörigkeit verspüre. Und die Affen kommen vorbei.” Sie würde eben nach ihrer Mutter kommen: „Geboren mit Dschungelfüßen und Zweigen im Haar.“

Die Geschichte der heute 73-jährigen Marina klingt nach einem Hollywood-Film und tatsächlich hat sie sie 2013 in dem Buch „Das Mädchen ohne Namen“ erzählt. Sie behauptet, sie sei 1954 entführt worden, als Kinderhändler-Banden in Kolumbien ihr Unwesen trieben.

Schließlich traf die kleine Marina auf die Affen

Nach etwa zwei Tagen im Dschungel habe sie, wie sie sagt, eine Truppe Kapuzineraffen gesehen und begonnen, sie nachzuahmen, um zu überleben. Sie beobachtete, welche Nüsse und Beeren sie aßen, fing Bananen auf, die sie fallen ließen, und trank aus ihren Wasserstellen. Schließlich – als sie begann, auf allen Vieren zu gehen und aufhörte zu reden – begannen die Affen, sie zu akzeptieren.

Sie sagt: „Eines Tages landete einer der Jüngeren auf meinen Schultern und wenn du noch nie umarmt wurdest und dieses Tier seine Hände auf dein Gesicht legt, dann sage ich dir, das ist die schönste Berührung.“ Rund fünf Jahre habe sie mit den Affen verbracht, bevor sie von Jägern gefunden wurde.

Nach ihrer kurzen Zeit im Bordell sei sie auf der Straßen gelandete und habe später eine Stelle als Dienstmädchen gefunden.  In ihren späten Teenagerjahren arbeitete sie in der Hauptstadt Bogota und begleitete die Familie, für die sie arbeitete, nach Großbritannien. Als Marinas Buch veröffentlicht wurde, stieß es auf Skepsis. Einige vermuteten, dass sie sich alles nur ausgedacht habe, andere, dass ihr Gehirn aufgrund eines Kindheitstraumas falsche Erinnerungen produzierte.

Aber Vanessa ist sich sicher, dass alles wahr ist.

Sie sagt: „Es wurden verschiedene Tests durchgeführt, um festzustellen, ob meine Mutter wirklich im Dschungel war, denn offensichtlich sind viele Menschen skeptisch. Ich wäre es auch, wenn sie nicht meine Mutter wäre. Sie fanden heraus, dass in Mamas Blut seltsame Dschungelkrankheiten schlummern, die sie unmöglich haben könnte, wenn ihre Geschichte nicht wahr wäre.“

Jetzt durchlebt die ehemalige TV-Jingle-Komponistin einige Erlebnisse ihrer Mutter noch einmal, wenn auch in weitaus schönerer Umgebung. Sie hat drei Jahre damit verbracht, ihr Haus zu bauen, im Gegensatz zu ihrer Mutter muss Vanessa also nicht nach Nüssen suchen. Sie hat sogar WLAN.

Marina hatte zunächst Angst, dass ihre Tochter einen Fehler begehen würde.

„Anfangs fühlte ich mich unwohl, weil ich das Gefühl hatte, Kolumbien sei nie einfach … oder sicher“, erzählt sie dem Mirror. „Aber ich mache mir keine Sorgen mehr. Sie wird nicht in Gefahr geraten. Sie ist klug und ich bin sehr stolz auf sie.“

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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