Mutter ermordet behinderten Sohn: „Ich habe ihn geliebt.”

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Dieser Text thematisiert den versuchten Suizid eines Elternteils. Er behandelt also Inhalte, die einige Menschen beunruhigend oder verstörend finden könnten. Hast du die Befürchtung, dass dein Kind suizidale Absichten haben könnte oder leidest selbst unter solchen Gedanken? Du bist nicht allein! Hilfe und Beratung findest du z.B. bei der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.


Sie kümmerte sich 17 Jahre lang aufopferungsvoll um ihren behinderten Sohn, doch irgendwann weiß Ursula C. nicht mehr weiter. Nun muss sie sich vor Gericht als Mörderin verantworten, weil sie ihrem Kind einen vergifteten Pudding gab.

Die 53-Jährige wurde am Mittwoch vor dem Landgericht Hildesheim zu 3,5 Jahren Haft verurteilt – wegen heimtückischen Mordes an ihrem geistig und körperlich behinderten Sohn Jonas. „Sie waren am Ende Ihrer Kräfte, deswegen ist es zu dieser Katastrophe gekommen“, so der Vorsitzende Richter Rainer de Lippe zur Angeklagten in seiner Begründung laut der Bild.

Jonas litt von Geburt an unter dem Prader-Willi-Syndrom. Eine seltene, genetisch bedingte Behinderung mit körperlichen und geistigen Symptomen. Während sein Vater das Geld verdiente, war Ursula C. alleine für die Pflege des Kindes verantwortlich – und damit völlig überfordert. Offenbar gab es kaum Pausen für die Mutter, allein das Duschen ihres Sohnes dauerte bis zu zwei Stunden.

Im Prozess beschrieb Ursula C. einen harten Alltag mit ihrem behinderten Sohn: Regelmäßige Wutausbrüche und starke Psychosen prägten das Zusammenleben. „Jonas erzählte von rosa Pferdchen und einer Unterwasserwelt“, so die Mutter laut RTL.de. Er habe sich benommen als „wäre er in einer anderen Welt.“ Rund um die Uhr habe sie ihn gepflegt. Oft habe sie nicht gewusst, wie sie dem Tag überstehen soll.

Ausgelaugt von ihrem Vollzeitjob als pflegende Mutter wurde Ursula C. schließlich psychisch krank.

Sie wurde depressiv, schlief schlecht, entwickelte psychosomatische Beschwerden. Ein Arzt verschrieb ihr Beruhigungsmittel, die Belastung blieb die gleiche. Also wählte Ursula C. im Januar 2021, wenige Monate vor der Tat, den Notruf, weil sie nicht mehr weiterwusste. Doch eine Unterbringung ihres Sohnes in einem Heim wäre erst mit seiner Volljährigkeit möglich gewesen, so änderte sich nichts an der Situation.

Am 16. März 2021 waren die Grenzen der Mutter endgültig erreicht. Sie fasste den schrecklichen Entschluss, den 17-jährigen Jonas und sich selbst umzubringen. Sie sah keinen Ausweg mehr und war überzeugt davon, dass ihr Kind es ohne sie nicht schaffen würde. Also mischt sie in seinen Schoko-Pudding eine Überdosis von seinem Neuroleptikum, sie schluckte es mit Apfelmus. „Ich wollte, dass wir einschlafen. Ich konnte Jonas nicht allein lassen“, erzählte die Mutter.

Doch der Ehemann findet Frau und Sohn.

Ursula C. überlebte knapp, ihr Sohn nicht. Nach der Tat legte sie ein schonungsloses Geständnis ab. „Ich habe meinen Sohn über alles geliebt“, beteuerte sie im Prozess. Das Gericht glaubte ihr, sah den Tatbestand des Mordes mit vorsätzlicher Tötung dennoch erfüllt. Der Richter sagte zur Urteilsbegründung: „Einem jungen Menschen wurde das Leben genommen und der wollte das nicht.“ Weiter führte er aus, dass das Leben ihres Sohns mit Behinderung genauso wertvoll wie das eines gesunden Menschen gewesen sei.

Da der 17-Jährige aufgrund seiner Behinderung wehrlos und auf seine Mutter angewiesen war, spricht das Gericht außerdem von Heimtücke Trotzdem wendete sich der Richter am Ende noch mal direkt an Ursula C.: „Bis dahin waren Sie eine gute Mutter. Das, was geschehen ist, macht sie nicht zu einem schlechten Menschen.“

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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