„Meine Intuition hat meinen Babys mehrmals das Leben gerettet.”

„Hallo, ich bin Anna und zweifache Mama. Gemeinsam mit meinem Mann, mit dem ich schon seit 20 Jahren zusammen bin, habe ich einen sechsjährigen und einen neunjährigen Sohn. Leider haben wir als Familie schwierige Zeiten durchmachen müssen, von denen ich hier erzählen möchte.

Meine erste Schwangerschaft war unkompliziert und schön, aber dann kam mein Sohn schon in der 37. Woche zur Welt. Er sollte unbedingt zunehmen, doch das Stillen funktionierte nicht. Mein winziges Baby nahm also ab statt zu und ich machte mir deswegen große Sorgen, wurde von den Ärzten aber vertröstet. Als endlich ein komplizierter Leistenbruch bei ihm entdeckt wurde, war es beinahe schon zu spät.

Mit nur zwei Wochen musste mein winziges Baby eine Not-OP über sich ergehen lassen.

Es fiel mir wahnsinnig schwer, meinen Kleinen den Ärzten zu überlassen und einfach nur abzuwarten. Doch zum Glück ging alles gut und mein Sohn erholte sich schnell. Trotzdem habe ich im Nachhinein das Gefühl, dass mich diese Erfahrung noch lange belastet hat.

Als ich dann zum zweiten Mal schwanger wurde, war ich also schon etwas mit Sorgen behaftet. Diese wurden dann auch kurz nach der Geburt bestätigt, denn auch mein zweites Kind konnte ich nicht richtig stillen. Mein Gefühl sagte mir, dass etwas nicht stimmt, aber wieder schien mich keiner der Ärzte richtig ernst zu nehmen. Mir blieb dann keine andere Wahl als meinen zweiten Sohn mit zwei Wochen abzustillen.

Das Ganze ließ mir keine Ruhe, ich spürte, dass etwas nicht in Ordnung war.

Ich sprach unseren Kinderarzt bei jeder Untersuchung darauf an, aber er winkte nur ab, es sei alles ganz normal. Erst als wir zwei Jahre später einen HNO-Arzt für Kinder konsultieren, weil mein Sohn schlecht Luft bekam und schnarchte, stellte sich heraus, dass mein Jüngster eine verdeckte Gaumenspalte hat.

In einem solchen Fall ist die Gaumenspalte nicht offensichtlich, weil eine Hauschicht darüber gewachsen ist. Diese Diagnose erklärte auch, warum mein Sohn keinen Saugreflex hatte und ich ihn nicht stillen konnte. Mein Sohn hatte dann im Alter von nur zwei Jahren mehrere Operationen. Im Sommer 2016 wurden ihm zunächst Paukenröhrchen eingesetzt, im November folgte ein Eingriff, um seinen Gaumen zu verschließen.

Mein tapferer, kleiner Mann hat alles gut überstanden, aber wir hatten keine Zeit, uns darüber zu freuen.

Mir machte nämlich die auffällig abgeflachte Kopfform meines Jüngsten immer größere Sorgen. Auch dieses Mal beruhigte mich der Kinderarzt, dass alles ganz normal sei, aber ich hatte ein anderes Gefühl. Doch egal, wie oft ich fragte, immer bekam ich nur die Antwort, dass es nichts Schlimmes sei und sich verwachsen würde. Eine Physiotherapeutin begründete die Kopfform dann mit einer falschen Lagerung, alles sei halb so wild.

Aber wieder fühlte ich instinktiv, dass etwas nicht stimmt. Sowohl ich als auch die Erzieherin in der Kita stellten fest, dass mein Sohn sich motorisch nicht so entwickelte, wie die anderen Kinder in seinem Alter. Er benötigte bald verschiedene Therapiemaßnahmen, ging zum Logopäden und zur Ergotherapie. Dass meine Sorgen deswegen nicht ernstgenommen wurden, ermüdete mich immer mehr.

2018 erlitt ich dann einen psychischen Zusammenbruch.

Ich konnte einfach nicht mehr ertragen, dass ich spürte, dass etwas nicht stimmte und die Ärzte mich nicht ernst nahmen. Die Not-OP meines ersten Kindes, dann die gesundheitlichen Probleme meines Jüngsten, das war einfach zu viel für mich. Ich bekam Panikattacken, fühlte mich völlig antriebslos und verlor in kurzer Zeit sehr viel Gewicht.

Irgendwann war klar, dass es so nicht weitergehen konnte und ich Hilfe brauche. Mein Mann und ich beschlossen deswegen gemeinsam mit meiner Hausärztin, dass es das Beste für mich ist, wenn ich mich in eine Klinik einweisen lasse. Dort wurden bei mir schwere Depressionen diagnostiziert. Vier Wochen blieb ich im Krankenhaus und diese Zeit hat mir sehr geholfen, auch wenn ich mir gleichzeitig wünschte, für mein Kind da sein zu können. Kurz vor Weihnachten kam ich wieder nach Hause, es ging mir besser.

Trotzdem wussten wir immer noch nicht, was mit unserem jüngsten Sohn los ist.

Ich weiß gar nicht mehr, wie wir dann darauf gekommen sind, aber irgendwann wendeten wir uns an das Werner Otto Institut in Hamburg. Dort schlug eine Ärztin einen bestimmten Professor vor – und dieser Mann konnte uns dann endlich sagen, was unserem Sohn fehlt.

Er stellte bei ihm eine verknöcherte Schädelnaht fest, das heißt, dass seine Schädelnähte sich frühzeitig verfestigt haben. Dadurch hatte sein Gehirn nicht ausreichend Platz, um sich richtig auszubreiten. Die genaue Diagnose lautete LambdanahtsynostoseUm meinem Sohn zu helfen, musste seine Schädeldecke operativ geöffnet und dann wieder neu zusammengesetzt werden.

Der Eingriff fand im Herbst 2019 statt.

Es war eine stundenlange und sehr komplizierte OP. Mein Kleiner machte alles super mit, trotzdem war es eine Belastung. Zum Glück durfte der große Bruder im Krankenhaus zu Besuch kommen, das war immer schön und munterte den kleinen Patienten auf.

Nach dem Eingriff dauerte es nicht lange, bis ich die ersten Verbesserungen feststellte. Mein Sohn holte unglaublich schnell auf und hat inzwischen keine gravierenden Einschränkungen mehr. Inzwischen ist er sechs Jahre alt und ich bin erleichtert, dass ich ihn bald mit ruhigem Gewissen in die erste Klasse geben kann.

Eigentlich könnte ich jetzt endlich durchatmen – eigentlich.

In den vergangenen Monaten waren die Ergebnisse nach den Arztbesuchen immer positiv, trotzdem konnte ich das schlechte Gefühl nicht so richtig abschütteln. Nach den ganzen Fehldiagnosen traute ich dem Frieden nicht. Schließlich hat mein ‚schlechtes Gefühl‘ meine Kinder in der Vergangenheit vor Schlimmerem bewahrt. Es fällt mir nun schwer, es loszulassen. Bis heute muss ich deswegen sehr gut auf mich und meine psychische Gesundheit achtgeben.

Immer wieder mache ich die Beobachtung, dass es für Außenstehende schwierig ist, damit umzugehen. Sie verstehen nicht, dass ich mir immer noch Sorgen mache und unter dem leide, was wir als Familie durchmachen mussten. Deswegen habe ich oft das Gefühl, mit meinem Kummer alleine zu sein.

Vor wenigen Tagen kam dann alles wieder hoch.

Bei meinem Sohn wurde plötzlich wieder etwas entdeckt: Eines seiner Paukenröhrchen war eingewachsen und musste operativ entfernt werden. Eigentlich kein großer Eingriff, aber trotzdem fühlte ich mich mit einem Schlag wieder in unsere Vergangenheit zurückversetzt. Im Krankenhaus fragte mein kleiner Junge die Ärzte dann immer wieder: ‚Du tust mir doch nicht weh?‘ Denn er erinnert sich noch an die Schmerzen, die er nach den anderen OPs hatte. Ich fühlte mit ihm und mir brach es fast das Herz.

Inzwischen hat er auch diese OP gemeistert, er spielt schon wieder unbekümmert mit seinem großen Bruder. Auch wenn es mir schwerer fällt, einen Haken dahinter zu machen, weiß ich, wie wichtig es ist, dass die Sorgen mich nicht völlig einnehmen.

Deswegen gibt es eigentlich zwei wichtige Dinge, die ich aus unserer Geschichte gelernt habe:

Wir Mamas dürfen nie vergessen, uns auch um uns selbst zu kümmern, denn nur dann können wir auch dauerhaft für unsere Kinder da sein. Und gleichzeitig möchte ich allen Mamas da draußen sagen: Hört auf eure Intuition! Wenn ihr spürt, dass mit eurem Kind etwas nicht stimmt, dann lasst euch von den Ärzten nicht abwimmeln.


Vielen Dank, liebe Anna, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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