Ich weiß noch, wie aufgeregt ich in der Schwangerschaft vor jedem Vorsorgetermin war. Einerseits war es die Vorfreude darauf, zu sehen, wie mein Baby gewachsen ist, und seinen kleinen, schnellen Herzschlag zu hören. Andererseits war da immer dieser leise Gedanke in meinem Hinterkopf: Was ist, wenn es Auffälligkeiten gibt? Genau das musste Rahel erleben, als sie in der 10. Schwangerschaftswoche bei ihrer Ärztin saß. Auf dem Ultraschall war zu sehen, dass ihr Baby eine verdickte Nackenfalte hatte. Und das war leider nur der Anfang. Die Ärzte in der Feindiagnostik stellten mehrere schwere Fehlbildungen bei Rahels Baby fest und rieten ihr sogar zur Abtreibung. Aber Rahel und ihr Mann entschieden sich dagegen – und für ihre Tochter. Als ihr kleines Mädchen kurz nach der Geburt starb, schöpften die beiden Kraft aus ihrem Glauben, wie Rahel uns in ihrer Echten Geschichte erzählt hat:
„Nach unserer Hochzeit letztes Jahr im Juli haben wir uns für natürliche Familienplanung entschieden, und ich wurde direkt schwanger. In den ersten Wochen lief alles normal.
In der 10. Schwangerschaftswoche fing es dann an:
Auf dem Ultraschall sah man, dass die Nackenfalte 3,3 Millimeter tief war.
Normal sind 2,5 Millimeter oder weniger. Meine Frauenärztin sagte mir, dass es manchmal sein könne, dass es zufällig passiere und eventuell keine Bedeutung habe. Sie überwies mich aber sicherheitshalber zur Feindiagnostik.
Dort bekam ich auch direkt einen Termin. Die Ärztin machte eine Stunde lang einen Ultraschall und schaute sich jedes Detail ganz genau an. Auf dem Monitor sah ich unter anderem, dass unser Baby ein Loch im Herzen hatte, das fast so groß war wie das Herz selbst.
Am Ende des Termins sagte mir die Ärztin, dass mein Fötus viele Fehlbildungen habe.
Unter anderem fehle ihm eine Niere, es habe eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, einen Wasserkopf und einen Bauchwanddefekt.
Laut dieser Diagnose litt unser Baby an einer so genannten Trioploidie und würde spätestens bis zur 20. Schwangerschaftswoche sterben. Die Ärztin sagte, je länger die Schwangerschaft dauern würde, desto mehr Fehlbildungen würden erkennbar sein.
Sie riet mir, alle nötigen Tests zu machen, mein Baby abzutreiben und wieder schwanger zu werden.
Ich sei schließlich noch jung und wüsste, dass ich schwanger werden könne.
Schon in diesem Moment wusste ich, dass Abtreibung für mich kein Weg ist. Aber ich wollte genau wissen, was mein Kind hat, und wie wir ihm helfen können. Also wurde mir Blut abgenommen.
Danach fuhr ich zu meinem Mann und erzählte ihm alles. Und ich fragte ihn, was wir machen sollen. Er entschied sich auch gegen eine Abtreibung. Uns war klar, dass wir unser Baby selbst entscheiden lassen wollten, seinen Weg zu gehen. Wir wollten es als selbstbestimmten Menschen wahrnehmen.
Dazu kommt, dass mein Mann und ich gläubige Christen sind und an Heilung glauben.
Natürlich hatten wir trotzdem sehr viele, sehr gemischte Gefühle. Wir hatten Angst und stellten uns Fragen wie ‚Wie lange wird unser Kind leben?‘, ‚Was ist, wenn unser Kind leidet?‘, ‚Wird es jemals ohne medizinische Hilfe und Einschränkungen leben können?‘ und ‚Wird die Gesellschaft unser Kind akzeptieren?‘
Trotzdem hatten wir auch den Glauben daran und die Hoffnung, dass unser Kind gesund auf die Welt kommen kann. Und auch unsere Familien haben uns sehr unterstützt, mit uns geglaubt und gebetet.

Trotz der schweren Diagnose verlor Rahel während der Schwangerschaft nie die Hoffnung.
Foto: privat
Auch unsere Hebammen aus dem Hebammenhaus haben uns sehr geholfen. Wir haben uns bei ihnen während der gesamten Zeit begleitet und gut aufgehoben gefühlt. Sie waren sehr einfühlsam und haben uns auch bei medizinischen Fragen oder Kummer Beistand geleistet.
In der 14. Schwangerschaftswoche bekamen wir dann die Ergebnisse des NIPT-Tests:
Er war negativ und die Nackenfalte komplett unauffällig. Die Ärzte empfahlen mir, eine Fruchtwasserpunktion machen zu lassen. Außerdem wollten sie meinem Mann und mir Blut für eine Genanalyse abnehmen.
Wieder war ich eine Stunde lang beim Ultraschall, und wieder wurde das Thema Abtreibung erwähnt.
Wieder wurde uns gesagt, das Kind würde entweder vor oder direkt nach der Geburt sterben.
In der 16. SSW fanden dann die Fruchtwasserpunktion, die Blutabnahme und ein weiterer Ultraschall statt. Darauf sah ich, dass das Loch im Herzen deutlich kleiner war als beim letzten Mal. Wieder wurde ich gefragt, ob ich nicht abtreiben möchte.
Dann bekamen wir die Ergebnisse der Blutuntersuchung aus dem Genetikum: Mein Mann und ich waren gesund. Unserem Kind fehlten 31 Gene aus dem 9. Chromosom. Die Diagnose lautete: Gorlin-Syndrom. Gleichzeitig erfuhren wir, dass unser Baby ein Mädchen wird. Wir gaben ihr den Namen Jana.
Dann folgte erneut ein langer Ultraschall, der einige Veränderungen zeigte.
Der Wasserkopf unserer Tochter war deutlich zurückgegangen, der Bauchwanddefekt war weg, die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte war weg, und die Herzmaße und Herztöne waren normal. Der Rest war unverändert.
Also ließen wir uns in eine Spezialklinik überweisen. Dort hatten wir einige Ultraschalltermine und einen MRT-Termin. Außerdem wurden alle möglichen Szenarien mit uns besprochen.
Die Ärzte sagten uns ganz deutlich, dass es sein könne, dass wir unsere Tochter palliativ begleiten müssten.
Das war aber für uns in Ordnung. Wir hatten uns für Janas Weg entschieden, und wir wollten sie dorthin begleiten.
Aufgrund ihrer Fehlbildung wurde ein Termin für einen Kaiserschnitt Anfang April ausgemacht. Als der Tag schließlich da war, taten die Ärzte wirklich alles, um Janas Leben zu retten.
Doch dann hatte sie eine Fehlbildung, die vorher nicht erkannt worden war:
Ihr fehlte der Kehlkopfdeckel, und die Speiseröhre war mit der Luftröhre verwachsen.
Die Ärzte haben sie uns in die Arme gelegt, und dort ist unsere Tochter friedlich eingeschlafen.
Wir waren unseren Hebammen sehr dankbar für den Tipp, in eine Klinik zu gehen, die sowohl die Maximalversorgung durchführt als auch Neugeborene palliativ begleitet. So sind wir in der Uniklinik Tübingen gelandet, und haben gemerkt, dass das Personal für beide Fälle geschult war.
Es wurde wirklich sehr liebevoll, wertschätzend und professionell mit uns umgegangen, sowohl vor als auch nach der Geburt unserer Tochter.
Unser Glaube hat uns wirklich sehr große Kraft gegeben.
Natürlich waren wir traurig und weinten, aber gleichzeitig wussten wir, dass unsere Tochter jetzt im Himmel in einem vollkommenen Körper ist. Sie hat keine Schmerzen mehr, sondern kann rennen, tanzen und singen. Und sie wartet auf uns. Wir glauben fest daran, dass wir Jana im Himmel wiedersehen.
Auch die Menschen, die uns unterstützt haben, haben uns sehr geholfen. Die uns alles Gute gewünscht haben, für uns da waren, oder sich einfach mit uns gefreut oder mit uns geweint haben.
Manchmal hätten wir uns gewünscht, dass manche Menschen einfühlsamer reagiert hätten.
Es gab auch Kommentare wie ‚In eurem Fall würde ich abtreiben‘ oder ‚Wieso bekommt man überhaupt so ein krankes Kind?‘ usw. Es wäre einfach schön gewesen, wenn diese Personen sich die Kommentare verkniffen und uns stattdessen in den Arm genommen und etwas Gutes gewünscht hätten.
Meine Botschaft an alle, die etwas ähnliches erlebt haben: Verliert nie die Hoffnung!
Eure Kinder haben sich ihren Weg ausgesucht. Denn Kinder wissen selbst, wo es hingeht, und da, wo sie sind, geht es ihnen gut. Natürlich dürft ihr trauern und weinen, aber ihr dürft auch Hoffnung haben.
Umgebt euch mit Menschen, die euch und euer Baby wertschätzen. Wenn jemand das nicht tut, steht es euch frei, diese Person darauf hinzuweisen, oder den Kontakt abzubrechen.
Geht zu Ärzten und Beratungsstellen. Holt euch eine zweite Meinung ein, wenn euch das hilft. Sucht euch eine spezialisierte Klinik, die euch gut berät und wertschätzend mit euch und eurem Baby umgeht.
Ihr seid nicht allein!“
Liebe Rahel, vielen Dank, dass du deine bewegende Geschichte mit uns geteilt hast. Wir wünschen dir alles Liebe für die Zukunft!
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