„Keine Mama sollte sich für eine Wochenbettdepression schämen“

„Ich möchte euch meine Geschichte von meiner ungewollten und dann doch gewollten Schwangerschaft, dem Babyblues und dem Mamasein erzählen. Weil ich mir wünsche, dass das Thema Wochenbettdepression nicht totgeschwiegen wird und mehr Mütter sich trauen, offen über diese belastende Erfahrung zu sprechen. Denn nicht immer ist nach der Geburt alles wie auf einer Wolke aus Liebe.

Mit meinem Partner gab es von Anfang an Höhen und Tiefen. Wir lernten uns 2016 kennen und zogen nach der Ausbildung gemeinsam in die nächste Stadt, um dort zu arbeiten. Ein Baby war bei uns zwar trotz der Tiefen immer wieder Thema, aber für mich war es einfach nicht der richtige Zeitpunkt.

Es war nicht der richtige Zeitpunkt für ein Baby

Doch das Schicksal hatte anderes im Sinn: 2019 hielt ich plötzlich einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Ich hatte in dem Moment wahnsinnige Angst, aber trotzdem war für uns klar, dass eine Abtreibung nicht infrage kommt. Die ersten Wochen der Schwangerschaft waren das reinste Gefühlschaos: Während ich in der einen Sekunde fürchtet, dass ich mein Baby verlieren könnte, war ich in der nächsten schon wieder voller Panik, dass ich der Verantwortung nicht gewachsen wäre.

Doch nach der 12. Schwangerschaftswoche fing ich plötzlich an mich wahnsinnig zu freuen und eine Bindung zu dem kleinen Menschen in meinem Bauch aufzubauen. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich es total genießen, schwanger zu sein. Alles lief problemlos und auch die Geburt im November 2019 war wirklich schön. Die Wochen danach leider nicht.

Ich verspürte eine lähmende Angst

Ich fühlte mich plötzlich mit allem überfordert und konnte nur noch heulen. Das Leben als Mama konnte und wollte ich einfach nicht annehmen. Am schlimmsten in Erinnerung geblieben ist mir die lähmende Angst, die ich verspürte. Mein Partner versuchte zwar für mich da zu sein, konnte mich aber letztendlich auch nicht verstehen. Auch meine Hebamme war leider keine Hilfe.

Unsere Kleine hat in dieser Zeit sehr viel abgenommen, da es mit dem Stillen einfach nicht klappen wollte. Noch dazu entwickelte sie eine Gelbsucht. Das alles verschlimmerte meine Versagensängste noch. Ich machte mir unendliche Sorgen und hatte trotzdem das Gefühl, mein Kind nicht richtig lieben zu können. Meine Rettung in dieser schlimmen, ersten Phase war, dass meine Mutter für mehrere Tage zu uns kam und mich mit meinem Kummer auffangen konnte. So konnte ich den Babyblues nach und nach annehmen.

Zwei Monate lang zweifelte ich an meiner Liebe

Nach zehn Tagen war die schlimmste Phase zwar vorbei, trotzdem gab es noch viele schwierige Momente. Auch zwei Monate nach der Geburt hatte ich große Angst davor, mit meinem Baby alleine zu sein. Ich wusste einfach nicht wohin mit mir, habe meine Liebe für meine Tochter angezweifelt und viel geweint. Ich kann gar nicht mehr genau sagen, was letztendlich gegen die Depression geholfen hat, aber nach ungefähr drei Monaten fühlte es sich an, als sei ein Schalter umgelegt worden. Ich spürte plötzlich, dass alles gut so ist, wie es ist und von da an ging es bergauf.

Heute bin ich sehr dankbar, dass sich dieser Zustand aufgelöst hat. Mittlerweile steht der erste Geburtstag meiner Kleinen vor der Tür. Ich habe eine tolle Bindung zu ihr und genieße jeden Moment meiner Elternzeit mit meinem Baby. Manchmal würde ich gerne die Zeit zurückdrehen, um auch die Phase mit einem Neugeborenen so genießen zu können. Aber leider ist das nicht möglich. Diese Zeit ist weg und niemand kann sie mir wiedergeben.

Beim nächsten Kind bin ich besser vorbereitet

Mein altes Leben ohne Kind vermisse ich nicht. Mama zu sein fühlt sich für mich jetzt wundervoll an. Trotzdem bin ich keine 24/7-Mama. Ich brauche immer mal wieder eine kleine Auszeit. Manchmal wünsche ich mir, ein paar Tage für mich zu haben. In solchen Momenten fühle ich mich wieder total schuldig. Vielleicht hängt das immer noch mit der Wochenbettdepression zusammen, vielleicht ist das aber auch einfach normal.

Beim nächsten Kind werde ich mich so gut wie möglich auf den Fall einer Wochenbettdepression vorbereiten. Damit ich es besser mache und mehr für mein Baby da sein kann. Doch letztendlich kann niemand etwas dafür, wenn er mit Babyblues zu kämpfen hat. Keine Mama sollte sich dafür schämen, sich so zu fühlen, denn das kann man sich leider nicht aussuchen.“

Vielen Dank, liebe Lisa, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast! Wir wünschen dir und deiner Kleinen alles Liebe für euren weiteren Weg.

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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„Niemand glaubte mir, dass ich eine Wochenbettdepression hatte.“
3 Jahre zuvor

[…] ich dann den Hebammen ein paar Tage später sagte, dass ich das Gefühl habe, eine Wochenbettdepression zu bekommen, wurden meine Aussagen heruntergespielt. Niemand glaubte mir. Das ist für mich noch […]