Heikel! Wie kann ich ein fremdes Kind ermahnen, ohne zu weit zu gehen?

Erziehung ist eine sehr persönliche Sache. Jede Mama hat Dinge, auf die sie großen Wert legt, Anderes sieht sie dafür lockerer als andere Mütter.

Theoretisch wissen wir das ja auch. Aber trotzdem fällt es uns häufig schwer, uns auf die Zunge zu beißen, wenn ein fremdes Kind Dinge tut, die wir nicht gut finden. Oder es bricht förmlich aus uns raus und wir ermahnen es.

Aber ist das eigentlich unser Recht? Oder ist es vielleicht sogar unsere Pflicht?

Nun, auf ein paar grundlegende Dinge können wir uns sicher einigen: Kinder dürfen in keinem Fall ein anderes Kind ernsthaft mobben, sie dürfen nicht klauen, nicht lügen, nicht betrügen. Sie dürfen niemanden weh tun, auch keinem Tier. Wenn unsere Kinder diese Dinge tun würde und wir wären nicht in der Nähe, würden sich sicher die meisten Mamas wünschen, dass ein anderer Erwachsener es ermahnt. Natürlich so respektvoll wie möglich.

Es gibt aber unzählige andere Situationen, die wir vielleicht nicht akzeptabel finden, bei denen wir uns aber nicht ganz sicher sind, ob sie ernst genug sind, dass wir einschreiten sollten. Das gilt natürlich vor allem, wenn die Eltern des betreffenden Kindes nebenan stehen.

Schießen wir gerade übers Ziel hinaus? Hätten die streitenden Kinder die Situation besser selbst geregelt? Wie würden wir uns fühlen, wenn jemand Wildfremdes in dieser Situation unser Kind „erzogen“ hätte? Auf diese Fragen gibt es wohl nicht die perfekte Antwort. Wir müssen in der jeweiligen Situation auf unser Bauchgefühl hören.

Ein paar Dinge sollten wir jedoch niemals außer Acht lassen:

1. Sind wir uns ganz sicher, dass wir wissen, was passiert ist?
Gerade, wenn vielleicht noch unser eigenes Kind involviert ist, lässt uns unsere innere Löwenmama schnell mal überreagieren. Bevor wir aber loslegen, sollten wir uns sicher sein, dass wir die komplette Situation mitbekommen und nicht missverstanden haben.

2. Immer daran denken: Es kann Hintergründe geben, die wir nicht sehen. Vielleicht hat das Kind eine Erkrankung, die nicht erkennbar ist. Vielleicht erlebt es gerade eine Familienkrise oder sonstige Ereignisse, die seine Welt erschüttern. Das soll nicht heißen, dass wir in problematischen Situationen nicht eingreifen dürfen. Wir sollten dabei nur vermeiden, das Kind und seine Familie vorschnell zu verurteilen.

3. Kinder müssen lernen, ihre Konflikte selbst zu lösen.
Und das tun sie am besten durch die Kommunikation mit Altersgenossen – auch wenn sich diese für uns gerade brenzlig anhört. Klar, wenn es uns zu arg vorkommt, greifen wir schlichtend ein. Aber ansonsten kann es hilfreicher sein, sich möglichst unsichtbar zu machen. Und wenn man sein eigenes Kind beim Streiten beobachtet, kann man Punkte ausmachen, die man später in Ruhe noch einmal mit ihm bespricht, um es künftig für eben solche Konflikte zu wappnen.

4. Meist ist es besser, mit den Eltern zu sprechen.
Ja, es wäre mir natürlich wirklich unangenehm, wenn mich andere Menschen auf das Verhalten meiner Tochter aufmerksam machen würden. Aaaaber: Ich würde diesen kurzen Moment der Peinlichkeit aushalten und dann entscheiden, ob ich die Kritik für gerechtfertig halte und diesen Punkt mit meinen Kind besprechen möchte. Das wäre mir lieber, als wenn jemand in meinem Beisein mein Kind maßregelt, am schlimmsten noch in einer Sache, die ich nicht einsehe. Und so sollten wir es auch aus der Sicht des anderen sehen. Sprechen wir lieber die Eltern an, wenn diese in der Nähe sind. Und zwar in einem sehr freundlichen Ton und am besten so, dass es kein Dritter mitbekommt.

5. Das Kind soll etwas lernen und sich nicht angegangen fühlen.
Der Grund für eine Ermahnung sollte immer sein, das Kind in dieser Situation zu schützen und ihm den Weg eines freundlichen, zivilisierten Miteinanders zu zeigen. Und ganz sicher nicht, um es bloßzustellen oder ihm ein möglichst schlechtes Gefühl zu geben. Behandeln wir das Kind respektvoll. Meistens ist der freundliche Weg doch sowieso der erfolgreichere.

6. Wir sollten das Kind nicht unnötig berühren.
Manchmal müssen wir fremde Kinder natürlich anfassen: Wir halten ihren Arm fest, damit sie nicht in das nahende Fahrrad laufen oder trennen zwei kleine Raufbolde. Ansonsten sollte es absolut tabu sein, ein fremdes Kind zu berühren – gerade in einer Situation, in dem man vielleicht schon durch eine Ermahnung eine Grenze übertritt. Wir finden es doch auch oft komisch, wenn Fremde unser Kind anfassen. Diese Regel schützt alle Beteiligten: Das Kind behält seine Würde und uns kann im Nachhinein keiner vorwerfen, das Kind zu fest angepackt zu haben.

7. Wir sollten uns immer darauf gefasst machen, uns den Eltern zu erklären.
Ganz klar – es kann zu Diskussionen kommen. Viele Eltern werden ungehalten reagieren, wenn ihr Kind von Fremden kritisiert ist. Das ist ja auch verständlich. Hier sollten wir eine ganz ruhige, freundliche Erklärung parat haben, warum es die Situation unserer Meinung nach erfordert hat.

Uff, ein gar nicht so einfaches Thema. Halten wir uns aber an die oben genannten Punkte, liegen wir ziemlich richtig.

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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