Der Muttertag steht wieder einmal vor der Tür – und spaltet weiter die Gemüter. Die einen mögen ihn als Geste der Wertschätzung, die anderen empfinden ihn als Heuchelei. Für sie ist dieser Tag ein fades Trostpflaster dafür, dass Mütter für den Rest des Jahres zu oft vergeblich auf Anerkennung warten. Auch Familienforscher Wassilios Fthenakis sagt:
„Der Muttertag ist einfach nicht mehr zeitgemäß“
Den Muttertag gibt es in Deutschland bereits seit 100 Jahren, in den USA sogar schon seit 1914. Oft wird gespottet, die Blumenindustrie habe ihn erfunden, weil heute soviel Kommerz mit ihm betrieben wird. Eigentlich wurzelt er in der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert. So weit, so feministisch – bloß: Seither ist vielleicht nicht genug, aber doch einiges passiert.
Weil er für ein bestimmtes Mutterbild stehe, baue der Muttertag zum Beispiel Druck auf Frauen auf, die tagsüber keine Zeit haben, sich um die Kinder zu kümmern, sagte Fthenakis, der seit vielen Jahren erforscht, wie sich Familien wandeln, der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Muttertag sieht er die Frauen auf die Mutterrolle reduziert.
Ist ein Elterntag die Lösung?
Fthenakis würde den Muttertag lieber zum „Elterntag als Tag der Liebe, des Miteinanders, des Verständnisses und Respekts“ umwidmen. Dann bräuchte man natürlich auch keinen Vatertag mehr.
Klingt erstmal schlüssig und modern. Aber es gibt einen Haken. Das meint zumindest Elternforscherin Désirée Waterstradt: „Eine Zeit lang habe ich auch gedacht, das sei eine gute Idee. Aber die große Gefahr dabei ist heute, dass man sich sehr modern fühlen möchte und deshalb die evolutionären, historischen und aktuellen Unterschiede von Mutterschaft und Vaterschaft schlicht verdeckt.“ Für Waterstradt ist der Muttertag Ausdruck des schlechten Gewissens. „Das besänftigt man, indem man einmal im Jahr sagt: Blumen, Schokolade, und dann ist aber auch gut.“
Gleichheit? Von wegen!
Sie weist darauf hin, dass Männer immer noch relativ frei entscheiden können, ob sie sich kooperativ, fürsorglich und kindbezogen verhalten wollen. Tun sie das nicht, wird ihnen das aber meistens auch nicht übel genommen. „Für Mütter ist das völlig anders.“
Ich fürchte ja insgeheim, dass sie da Recht hat. Das Idealbild der stets fürsorglichen, geduldigen Familien-Managerin ist immer noch (zu) tief in den Köpfen verankert.
Erzählt doch mal: Wie steht ihr zum Muttertag? Seht ihr darin einen schönen Anlass zum Feiern, ein altbackenes Ärgernis, oder ist er euch schlicht egal? Was müsste passieren, damit ihr euch als Mütter wirklich gesehen und wertgeschätzt fühlt?