Extrem-Frühchen: „Ich war einfach nur erleichtert, dass er lebt.”

Als Annika in der 25. Schwangerschaftswoche per Notkaiserschnitt entbinden musste, änderte sich ihr Leben schlagartig. Ihr Sohn kam als extremes Frühchen zur Welt – und die folgenden Monate waren geprägt von Hoffen, Bangen und unzähligen Stunden auf der Intensivstation. Zwischen Angst, Dankbarkeit und der Kraft ihrer Familie lernte Annika, wie wertvoll jeder einzelne Moment sein kann.

„Ich bin Annika, Mama von drei Jungs. Mein jüngster Sohn ist als extremes Frühchen in der 25. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen.

Die Geburt kam sehr plötzlich.

Morgens war das CTG noch gut, zwei Stunden später auffällig – und dann haben sie ihn direkt geholt. Alles war wie in einem Film. So richtig verstanden habe ich es erst, als ich schon auf dem Weg in den OP war und der Notkaiserschnitt bevorstand.

Gesehen habe ich ihn das erste Mal am Nachmittag, als sie mich im Bett auf die Intensivstation schoben. Ich war einfach nur erleichtert, dass er da war – und lebte.

Die Zeit danach auf der Intensivstation war eine emotionale Berg- und Talfahrt.

Foto: Privat

Foto: Privat

Wir wurden medizinisch jederzeit sehr gut betreut. Wir haben immer an unseren Sohn geglaubt – und nie daran gezweifelt, dass er es schaffen kann. Es war ein ständiger Wechsel aus Hoffen und Bangen. Einer der schwersten Momente war, als uns ein Arzt sagte, wir müssten auch damit rechnen, dass nachts das Telefon klingelt – mit der Nachricht, dass er es nicht geschafft hat. Diese Angst trugen wir jeden Tag mit uns.

Wir waren über 3,5 Monate in der Klinik. Ein klassisches Wochenbett hatte ich nicht – ich musste einfach funktionieren. Vormittags war ich an seinem Bett, nachmittags wartete der ganz normale Familienalltag auf uns. Besonders schwer war es, ihn immer wieder dort zurückzulassen. Aber unsere beiden großen Jungs waren eine riesige Kraftquelle. Sie waren und sind so unglaublich stolz auf ihren kleinen Bruder.

Und sie haben uns gezeigt, dass sie uns genauso brauchen.

Das hat uns sehr geerdet – und wir wussten gleichzeitig, dass unser Kleiner in der Klinik bestens versorgt war.

Als wir ihn nach Hause holen durften, war das ein eigenartiger Moment. Wir hatten uns inzwischen wieder als Familie zu viert eingelebt – und plötzlich war da wieder ein Baby im Haus.

Aber es war das Schönste, ihn endlich bei uns zu haben.

Endlich zuhause!

Endlich zuhause! Foto: Privat

Was mich in der ersten Zeit nach der Geburt sehr beschäftigt hat, waren die Reaktionen von außen. Viele haben mit Trauer reagiert – anstatt mit Glückwünschen. Man selbst glaubt an das gute Ende, und da war diese spürbare Negativität von anderen schwer auszuhalten. Zum Glück hatten wir auch Menschen an unserer Seite, die uns getragen haben: Familie und Freund:innen waren für uns da und haben uns in allem unterstützt.

Heute, viele Monate später, merkt man unserem Kleinen fast nichts mehr an. Nur die kleinen Narben an seinem Bauch erinnern an die Zeit im Krankenhaus. Er ist ein aufgewecktes, fröhliches Kerlchen, weiß genau, was er will – und zum Glück, denn ohne diesen Willen wäre er vielleicht nicht so ein Kämpfer gewesen.

Er ist unser Sonnenschein.

Ein ganz normales Baby, das uns jeden Tag mit seiner Kraft beeindruckt.

Beim großen Bruder auf dem Schoß.

Beim großen Bruder auf dem Schoß. Foto: Privat

Diese Erfahrung hat meinen Blick auf das Leben stark verändert. Ich rege mich nicht mehr über jede Kleinigkeit auf. Ich genieße mehr. Ich weiß jetzt, dass es keineswegs selbstverständlich ist, ein gesundes Kind zu haben. Wir haben auf der Station viele Schicksale miterlebt, und das berührt einen tief.

Man denkt immer, so etwas passiert einem nicht – bis es doch passiert. Und dann merkt man plötzlich, dass Gesundheit das Wertvollste ist.

Ich habe auch gelernt, nicht mehr vorschnell zu urteilen.

Denn über Dinge, die man nicht selbst erlebt hat, kann man nicht urteilen. Ich weiß jetzt, wie schnell sich alles ändern kann – und dass man anderen Menschen oft viel mehr Verständnis entgegenbringen sollte.

Ich teile unsere Geschichte, um anderen Eltern Mut zu machen. Mir selbst haben damals solche Erfolgsgeschichten geholfen, positiv zu bleiben – und genau das möchte ich jetzt zurückgeben.

Ich lasse heute meinen Gefühlen freien Lauf.

Manchmal weine ich wie ein Schlosshund – und gleichzeitig bin ich so dankbar. Besonders dem Klinikpersonal gegenüber, mit dem wir immer noch in engem Kontakt stehen. Dafür bin ich einfach nur froh.

Was ich anderen Frühchen-Eltern gerne mitgeben möchte:

Haltet durch. Glaubt an eure Zwerge. Bewahrt euch die Hoffnung – und vergesst euch selbst dabei nicht.“


Liebe Annika, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

Schaut gerne bei @_wohnverknallt vorbei, wenn ihr mehr über Annika und ihr Familienleben erfahren wollt.

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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