Europawahl: Warum uns der Zuspruch für die AfD erschreckt

Die Europawahl ist vorbei, die Wahlbeteiligung in Deutschland mit 64,8 % so hoch wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr (und trotzdem nicht hoch genug!) – und die AfD liegt auf Platz 2 hinter der CDU. Dass die Blauen an Stimmen zulegen, war ja leider zu befürchten. Trotzdem sind die Zahlen für viele ein Schock – für uns auch. Genau wie die Reaktionen auf unsere Spruchbilder, die wir vor der Wahl gepostet haben. Da stellt sich die Frage, ob wirklich allen klar ist, was es besonders für Frauen und Familien bedeutet, wenn die AfD immer mehr Einfluss bekommt? Schaut mal hier:

Erschreckend viele blaue Herzen

„Geht wählen und setzt ein Zeichen für die Zukunft eurer Kinder!“  – mit diesem Spruchbild wollten wir von Echte Mamas daran erinnern, wie unglaublich wichtig es ist, wählen zu gehen. Denn wir haben das Glück, dass wir in einer Demokratie leben, und aktiv mitbestimmen können, was in unserem Land passiert – und wie die Zukunft unserer Kinder aussieht.

Mit den Reaktionen zu dem Bild hätten wir allerdings nicht gerechnet: Denn ein Großteil bestand aus blauen Herzen und Kommentaren wie „Seid schlau, wählt blau“ oder „Um meine Kinder zu schützen, wähle ich blau.“ Anders gesagt: Der große Zuspruch für die AfD hat uns wirklich schockiert. Schließlich setzen wir von Echte Mamas uns für Gleichberechtigung, Toleranz, Weltoffenheit und Diversität ein. Also das genaue Gegenteil von dem, für das die AfD steht.

Rechts wählen gegen den Frust? Bitte nicht!

Dass der Frust bei vielen Familien aktuell groß ist, bekommen wir natürlich auch in unserer Community mit. Alles ist teurer geworden, ob Wohnen, Essen oder Urlaub. Kita-Plätze sind nach wie vor knapp, dazu ständig Horrormeldungen in den Medien. Für viele steht offenbar fest, dass die Regierung Schuld an dem ganzen Schlamassel ist, weil sie nichts oder zu wenig tut, um die Situation zu verbessern. Die scheinbar für (zu) viele logische Folge: Protestwählen – und zwar die AfD. Ganz ehrlich, da wird mir angst und bange!

Frust hin oder her: Deshalb eine Partei zu wählen, die sich gegen Gleichberechtigung, Frauenrechte, Unterstützung von Alleinerziehenden, Abtreibung, und Diversität einsetzt – das kann (und darf!) doch bitte nicht die Lösung sein!

Ihr wollt die AfD? Dann bekommt ihr (unter anderem) das hier:

Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob den vielen Mamas, die unsere Posts mit blauen Herzchen kommentiert haben, wirklich klar ist, was es bedeutet, wenn die AfD entscheidet. Nicht umsonst haben sich sogar Rechtsparteien anderer Länder öffentlich von der Partei distanziert. Deshalb nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, was die AfD versuchen wird, durchzusetzen – und das sind „nur“ einige der Punkte, die besonders uns Familien betreffen:

  • Gleichberechtigung? Nein, Danke! Die AfD sieht alle Maßnahmen dazu als unnötig an und denkt, dass sie Kinder nur verunsichern.
  • Ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen? Gibt es (trotz wissenschaftlich belegter Studien) nicht, wenn es nach der AfD geht – also auch kein Grund, etwas dagegen zu unternehmen.
  • Familien sollen gefördert werden – aber nur „traditionelle“. Heißt also, Vater, Mutter (am besten verheiratet) und möglichst viele Kinder, für die übrigens – na klar – die Frau verantwortlich ist.
  • Kinder bis 3 Jahre gehören nicht in die Kita, sondern nach Hause, und das heißt – wenig überraschend – zu Mama (natürlich nicht zu Papa).
  • Ehe für alle? Nicht mit der AfD! Von diesem neumodischen Schnickschnack hält die Partei nämlich gar nichts.
  • Dementsprechend erkennt sie auch nur Mann und Frau als Geschlechter an („Familienwerte statt Gender“) – Platz für Diversität bleibt da nicht.
  • Folglich soll auch die Genderforschung abgeschafft werden – genau wie das Gendern, das die Sprache „verunstaltet“.
  • Die „Frühsexualisierung unserer Kinder“ lehnt die Partei strikt ab – und setzt sich dafür ein, dass Programme und Initiativen dazu in Kitas und Vorschulen verboten werden. Die so wichtige frühkindliche Aufklärung, die die Kleinen im übrigen auch vor sexuellen Übergriffen schützen kann – würde es dann nicht mehr geben.
  • Schwangerschaftsabbrüche sollen strafbar bleiben – und wären nur „in absoluten Ausnahmefällen“ erlaubt. Die verpflichtende Konfliktberatung vor einer Abtreibung „muss tatsächlich dem Schutz des Lebens dienen“. Heißt also, uns Frauen wird das Selbstbestimmungsrecht komplett abgesprochen.
  • Unterstützung für Alleinerziehende? Ja – allerdings nur für diejenigen, die „den anderen Elternteil nicht aus der Teilhabe an der Erziehungsverantwortung und praktischen Erziehungsleistung hinausdrängen“. Heißt übersetzt: Alleinerziehende mit alleinigem Sorgerecht bekommen vermutlich in den meisten Fällen nichts. Denn die Partei schreibt sich auf die Fahnen, die Rechte der Väter zu stärken. Die Frage, wie sich zum Beispiel häusliche Gewalt auf diese Regelung auswirkt, bleibt dabei unbeantwortet.
  • Ähnlich sieht es bei einer Scheidung aus: Da soll nämlich „schwerwiegendes Fehlverhalten gegen die eheliche Solidarität bei den Scheidungsfolgen wieder verbindlich berücksichtigt werden“. Oder anders gesagt: Wenn die Frau sich nicht „solidarisch“ mit ihren Ehemann zeigt, muss sie mit (finanziellen) Konsequenzen rechnen.
  • Kindesentzug durch das Jugendamt soll es nur noch „in äußersten Ausnahmefällen“ geben – heißt also, dass viel mehr Kinder in den Familien bleiben (müssen), auch wenn es ihnen dort offensichtlich nicht gut geht.
  • Auch Kinderrechte sind bei der AfD nicht sonderlich gefragt – zumindest setzt die Partei sich gegen deren Einführung ein.
  • Und zu guter Letzt geht es auch ans Bürgergeld: Das soll es nämlich nur noch 15 Monate lang geben, danach ist ein Job mit mindestens 15 Stunden pro Woche Pflicht. Außerdem ist eine Sachleistungskarte anstelle von Bargeld angedacht. Und Bürgergeldempfänger dürfen grundsätzlich nicht ohne Weiteres ins Ausland reisen, sondern müssen jederzeit für Jobs zur Verfügung stehen.

Ganz ehrlich, kann es wirklich das sein, was so viele Mamas und Frauen wollen? Das kann und mag ich einfach nicht glauben.

Nach den schwachen Ergebnissen von SPD, Grünen und FDP werden jetzt die ersten Forderungen nach Neuwahlen laut. Sollte es wirklich dazu kommen, denkt doch bitte noch mal darüber nach, ob es wirklich das ist, was ihr wollt. Denn die Folgen wären nicht nur für uns Familien dramatisch – und ein riesengroßer Rückschritt!

Wiebke Tegtmeyer
Nordisch bei nature: Als echte Hamburger Deern ist und bleibt diese Stadt für mich die schönste der Welt. Hier lebe ich zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern. Nach meinem Bachelor in Medienkultur, einem Volontariat und einigen Jahren Erfahrung als (SEO-)Texterin bin ich passenderweise nach meiner zweiten Elternzeit bei Echte Mamas gelandet. Hier kann ich als SEO-Redakteurin meine Leidenschaft für Texte ausleben, und auch mein Herzensthema Social Media kommt nicht zu kurz. Dabei habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung von der Schwangerschaft über die Stillzeit bis hin zum Babybrei beschäftigt. Und wenn ihr auf der Suche nach einem Vornamen für euer Baby seid, kann ich euch garantiert passende Vorschläge liefern. Außerdem nutze ich die Bastel-Erfahrungen mit meinen beiden Kindern für einfache DIY-Anleitungen. Wenn der ganz normale Alltags-Wahnsinn als 2-fach Mama mich gerade mal nicht im Griff hat, fotografiere ich gern, gehe meiner Leidenschaft für Konzerte nach oder bin im Volksparkstadion zu finden.

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Anonym
Anonym
1 Monat zuvor

Ich habe das Wahlprogramm der AfD mehrfach und vollständig gelesen und verstanden. Und ja, ich habe am Sonntag blau gewählt. Nicht, wie im Text behauptet, „aus Protest“, sondern aus der Überzeugung heraus, dass die AfD die einzige Partei ist, die die Demokratie in Deutschland noch retten kann! Die einzige Partei, die die Fehler der 4 Merkel- Kabinette und der Ampelregierung vielleicht noch ausbügeln und unser Land wieder sicher und lebenswert machen kann. Und nein, damit meine ich nicht, dass alle Asylsuchenden und Menschen mit Migrationshintergrund abgeschoben werden sollen, denn das sagt selbst die AfD an keiner Stelle so.
Wir brauchen Zuwanderung – keine Frage. Der Fachkräftemangel ist real und die Geburtenraten in Deutschland nach wie vor niedrig. Gegen die Migranten, die sich hier ein neues Leben aufbauen und arbeiten wollen, sich integrieren und hier in Frieden leben, gegen die hat keiner etwas. Aber so etwas wie in #Mannheim darf sich nicht wiederholen! Islamistische Gefährder, die Juden hassen und unsere demokratische Grundordnung ablehnen, haben in diesem Land nichts verloren!

Nun nochmal zu den familienbezogenen Themen, die in diesem Artikel erwähnt werden.
Man kann in das Wahlprogramm viel hineininterpretieren und es ist natürlich alles Auslegungssache.
Ich persönlich (und ich kann hier natürlich nur für mich selbst sprechen) könnte es zum Beispiel nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, mein Kind, das in mir heranwächst, abzutreiben. Wie das im Falle einer Vergewaltigung aussähe kann ich nicht beurteilen, aber selbst dann kann das Kind nichts dafür, wer sein Erzeuger ist. Ich bin der Meinung, dass jedes Kind ein Recht auf Leben hat.
Ja, auch ich bin der Meinung, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt, nämlich männlich und weiblich. Und ein Mann, der sich „zur Frau umwandeln“ lässt, wird nie eine vollwertige Frau sein, denn er wird keine Kinder austragen können (es sei denn es wird wirklich ALLES umoperiert).
Gegen Homosexuelle hat ebenfalls keiner etwas. Die Parteichefin der AfD, Dr. Alice Weidel, ist übrigens selbst lesbisch und mit einer ausländischen Frau verheiratet.
Zum Thema Gendern: lehne ich ab.
Bürgergeld: Sollte genauso gehandhabt werden wie der Vorläufer Arbeitslosengeld II, nämlich als Übergangsleistung im Falle von Arbeitslosigkeit, bis die betreffende Person einen neuen Job gefunden hat. Die „Karriere-Hartzer“, die schlichtweg keinen Bock auf Arbeit haben und sich nur vom Staat durchfüttern lassen wollen, sollten nicht noch begünstigt werden. Anders sehe ich das wiederum bei Menschen, die erwerbsunfähig geworden sind, aber dafür gibt es auch noch die Erwerbsunfähigkeitsrente.
Beim Thema Sorgerecht und Scheidung kann man ebenfalls viel hineininterpretieren. Fakt ist jedoch, dass „schwerwiegendes Fehlverhalten gegen die Solidarität in der Ehe“ auch seitens des Mannes auftreten kann. Und meines Erachtens gehören auch Straftatbestände wie Vergewaltigung in der Ehe und häusliche Gewalt dazu, genauso wie Narzissmus, unter dem der Partner und die Kinder zu leiden haben oder häufige Seitensprünge. Dahingehend soll, laut meiner Lesart des Wahlprogramms, der jeweils andere Partner vor Gericht mehr finanzielle Ansprüche geltend machen können.
Abschließend zum Thema Gleichberechtigung von Männern und Frauen: Ich persönlich finde nichts Falsches daran, länger für mein Kind da zu sein (bzw. dies zu DÜRFEN/ die finanziellen Mittel dazu zu haben, länger der Arbeit fern zu bleiben). Ungleiche Löhne bei gleicher Arbeit sind ein Thema, das angegangen werden muss, aber zuerst müssen die Löhne insgesamt steigen bzw. der tatsächlichen Arbeitsleistung angemessen sein und arbeitende Bürgerinnen und Bürger müssen mehr verdienen als diejenigen, die NICHT arbeiten. Das gilt übrigens auch für Migranten.

So, damit sollte alles nochmal gesagt sein. Aber ich bin wahrscheinlich immer noch „böse“ und „rechtsradikal“, nur weil ich in einem demokratischen Staat die Partei wähle, die meine Interessen am ehesten vertritt. Das ist mein gutes Recht und eigentlich müsste ich mich dazu auch gar nicht rechtfertigen. Aber anscheinend ist es ja „demokratisch“, unliebsame Parteien zu denunzieren, öffentlich durch den Dreck zu ziehen und die Opposition auszuschalten. Das hatten wir in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren schon einmal… Die Partei hieß NSDAP und ihre Schlägertruppe SA. Dazu empfehle ich gern die Dokumentationsreihe „Hitler und die Nazis“, die derzeit auf Netflix zu sehen ist.
Als gebürtige Ostdeutsche macht mir die aktuelle Situation im Land Angst, denn vieles erinnert mich schon jetzt an die DDR. Und das ist meiner Meinung nach auch der Hauptgrund, warum die AfD vor allem im Osten so stark ist.

Marleen
Marleen
1 Monat zuvor

Ich finde es sehr toll, dass ihr immer wieder eine klare Kante gegen Rechts zeigt. #noafd