Ich erinnere mich noch genau, wie ich in meiner ersten Schwangerschaft mit meinem Mann bei meiner Ärztin saß. Sie hatte gerade einen Ultraschall gemacht, ich hatte ein paar Freudentränen vergossen und hielt stolz den Ausdruck des Bildes in der Hand. Dann kam das Gespräch auf mein Alter, und meine Ärztin stellte fest, dass ich mit fast 36 ja schon zur Risikogruppe gehören würde. Sie empfahl uns ein Ersttrimesterscreening, sagte aber auch direkt dazu, dass wir uns vorher darüber klar sein sollten, was ein auffälliger Befund für uns bedeuten würde. Wir bekamen eine Überweisung, und mir gingen so viele Fragen durch den Kopf. Eine der wichtigsten dabei war: Ersttrimesterscreening – ja oder nein?
Was du über die Untersuchung, die Kosten und mögliche Alternativen wissen solltest:
„Machen Sie sich nicht verrückt“
Zuhause angekommen beschloss ich, mich erst einmal gründlich über die Untersuchung zu informieren. Klar, von Nackenfaltenmessung und Co. hatte ich natürlich schon gehört, schließlich war Google in der ersten Zeit der Schwangerschaft mein bester Freund. Aber wie genau so ein Ersttrimesterscreening abläuft, welche Untersuchungen anstehen, und was das Ergebnis letztendlich bedeutet, damit hatte ich mich noch nicht weiter beschäftigt.
Meine Ärztin empfahl uns, uns nicht verrückt zu machen (das sagt sich so leicht), wiederholte aber noch einmal ihren Rat, uns zu überlegen, wie wir mit einem eventuell auffälligen Befund umgehen. Bei den Worten „auffälliger Befund“ setzte sofort ein Alarm in meinem Kopf ein. Dementsprechend aufgeregt war ich in den Tagen und Stunden vor dem Termin. Deshalb verbrachte ich einiges an Zeit im Internet, um mich über das Ersttrimester-Screening zu informieren. Meine erste Frage dabei:
Was ist das Ersttrimesterscreening?
Das Ersttrimesterscreening wird auch Ersttrimester-Test genannt. Es ist eine Untersuchung am Ende des ersten Drittels der Schwangerschaft. Der Arzt schaut, ob dein Baby gesund ist, oder ob es eventuell an einer Chromosomenstörung leidet. Dabei liegt der Fokus auf den drei häufigsten Abweichungen Trisomie 21 (Down-Syndrom), Trisomie 18 und Trisomie 13.
Das Wichtigste am Anfang: Das Ersttrimesterscreening liefert keine gesicherte Diagnose, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit! Selbst wenn es bei der Untersuchung zu Auffälligkeiten kommen sollte, heißt das noch nicht automatisch, dass dein Baby wirklich krank ist. Das solltest du bedenken, wenn du dich für oder gegen die Untersuchung entscheidest.
Nicht-invasive Untersuchung – völlig ohne Risiko
Der Ersttrimestertest ist eine so genannte „nicht-invasive“ Untersuchung. Das bedeutet, dass nur von außen per Ultraschall auf dein Baby geschaut wird. Im Gegensatz zu invasiven Untersuchungen wie zum Beispiel der Fruchtwasseruntersuchung, ist das Ersttrimesterscreening vollkommen ohne Risiko für dich und dein Baby.
Die meisten kennen es als Nackenfaltenmessung
Bekannt ist das Ersttrimesterscreening häufig unter dem Namen „Nackenfaltenmessung“, weil der Arzt per Ultraschall die Nackenfaltentransparenz deines Babys bestimmt. Liegt eine Chromosomenstörung vor, ist die Nackenfalte meistens deutlich dicker als bei gesunden Babys. Außerdem wird dir Blut abgenommen. Aus den Werten, den Ergebnissen des Ultraschalls und deinem Alter wird das Risiko einer Chromosomenstörung berechnet. Da die gesamte Untersuchung während der Schwangerschaft und somit vor der Geburt stattfindet, spricht man auch von Pränataldiagnostik.
Wann findet das Ersttrimesterscreening statt?
Um ein aussagefähiges Ergebnis zu bekommen, sollte der Ersttrimestertest zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche stattfinden. Oder anders gesagt: zwischen 11+0 und 13+6. Dabei sollte das Baby eine Scheitel-Steiß-Länge von 47 bis 84 mm haben. Der richtige Zeitpunkt für die Untersuchung ist wichtig, weil sie sonst kein zuverlässiges Ergebnis liefert.
Was wird beim Ersttrimesterscreening untersucht?
Die bekannteste Untersuchung des Ersttrimestertests ist die Nackenfaltenmessung. Dabei kontrolliert der Arzt mit Hilfe eines Ultraschalls die Nackenfaltentransparenz deines Babys. In diesem Bereich sammelt sich bei allen Kindern etwas Wasser an. Bei drei Vierteln aller Babys, die unter einer Chromosomenstörung leiden, kommt es allerdings zu einer deutlich größeren Wasseransammlung. Eine vergrößerte Nackenfalte kann also ein Hinweis für eine Chromosomenstörung sein. Muss aber nicht.
Arzt kann auch andere Hinweise kontrollieren
Deshalb kann der Arzt beim Ultraschall gleichzeitig auch alle anderen Hinweise für eine mögliche Abweichung kontrollieren. So ist bei Babys mit Trisomie 21 häufig das Nasenbein verkürzt oder gar nicht angelegt. Viele leiden außerdem unter einem Herzfehler, den man bereits in diesem frühen Stadium im Ultraschall sehen kann.
Wichtig zu wissen: In einer normalen Frauenarztpraxis wird häufig nur die Nackenfalte kontrolliert. Für eine Kontrolle von Nasenbein und Herz ist meistens ein Besuch in einem zertifizierten Pränatalzentrum notwendig.
Dein Blut wird untersucht
Aber nicht nur dein Baby wird beim Ersttrimesterscreening untersucht. Um ein zuverlässiges Ergebnis zu bekommen, nimmt der Arzt dir etwas Blut ab. Das kannst du meistens auch schon ein paar Tage vor der Untersuchung machen lassen, wenn du das Ergebnis direkt nach dem Ultraschall haben möchtest. Im Labor wird untersucht, wie hoch die Konzentration des Schwangerschaftshormons hCG in deinem Blut ist. Zu hohe Werte können ein Anzeichen für eine Chromosomenstörung sein. Genau andersherum ist es beim sogenannten PAPP-A. Das Eiweiß wird von der Plazenta gebildet, und hier kann ein zu niedriger Wert auf eine Anomalie hinweisen.
Je älter die Mama, desto größer das Risiko
Außerdem spielt dein Alter für die Untersuchung eine Rolle. Denn die Wahrscheinlichkeit für eine Fehlbildung steigt mit dem Alter der Mama. Ein Beispiel: Wirst du mit 20 Jahren schwanger, liegt das Risiko deines Baby für Trisomie 21 unter 1:1000. Das bedeutet, von 1.000 Babys kommt weniger als eins mit Trisomie 21 zur Welt. Bei einer 35-Jährigen erhöht sich das Risiko auf 1:270, und 40-jährige Mamas haben ein Risiko von 1:100. Das Alter allein ist aber nur ein kleiner Risikofaktor, der erst in Kombination mit den anderen Faktoren eine Rolle spielt.
Aus den Ergebnissen wird das Risiko errechnet
Aus den Ergebnissen von Ultraschall, Blutuntersuchung und deinem Alter rechnet der Arzt dein persönliches Risiko für eine Chromosomenstörung deines Babys aus. Liegt der Wert bei 1:1.000, bedeutet das, dass eins von 1.000 Babys mit einer Chromosomenstörung zur Welt kommt. Es bedeutet aber auch, dass 999 Babys vollkommen gesund geboren werden. Liegt dein persönliches Risiko höher als 1:300, wird dich dein Arzt vermutlich über weitere Untersuchungen informieren.
Wie zuverlässig ist das Ersttrimesterscreening?
Bis zu 96 % aller Schwangerschaften, bei denen das Baby unter Trisomie 21 leidet, können mit dem Ersttrimesterscreening erkannt werden. Dabei liegt der Wert in einer niedergelassenen Frauenarztpraxis bei 80 bis 90 %, in einem Pränatalzentrum bei 96 %.
Aber – ein auffälliges Ergebnis heißt nicht automatisch, dass dein Kind krank ist. 95 bis 97 % der Babys, bei denen eine erhöhte Nackentransparenz festgestellt wurde, haben trotzdem einen vollkommen normalen Chromosomensatz, das heißt, sie sind völlig gesund. Wenn also bei 100 Frauen auffällige Werte festgestellt wurden, bekommen 95 bis 97 davon trotzdem ein vollkommen gesundes Kind.
Welche Krankheiten werden durch das Ersttrimesterscreening erkannt?
Hauptsächlich geht es beim Ersttrimester-Screening darum, mögliche Chromosomenstörungen deines Babys frühzeitig zu erkennen. Die häufigste Abweichung ist Trisomie 21, die du vielleicht unter dem Namen Down Syndrom kennst. Aber auch das Risiko für Trisomie 18 und Trisomie 13 kann durch die Untersuchung ermittelt werden.
Das Ersttrimesterscreening war auffällig – und jetzt?
Wenn das Ersttrimesterscreening dir eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Chromosomenstörung deines Babys angezeigt hat – versuche erst einmal, Ruhe zu bewahren. Ich weiß, das sagt sich so leicht. Aber erhöhte Werte sagen noch gar nichts aus. Du hast trotzdem eine gute Chance, ein gesundes Baby zu bekommen. Frag am besten deine Frauenärztin alles, was du wissen möchtest. Sie kann dich auch über mögliche Untersuchungen wie zum Beispiel eine Fruchtwasseruntersuchung bzw. Fruchtwasserpunktion oder eine Plazentapunktion (Chorionzottenbiopsie) informieren und über die Risiken aufklären.
Wer macht das Ersttrimesterscreening?
Nicht jede Frauenarztpraxis ist für den Ersttrimestertest ausgestattet, nicht jeder Frauenarzt dafür ausgebildet. Am besten fragst du bei deinem behandelnden Frauenarzt bzw. deiner Frauenärztin möglichst frühzeitig nach, wenn du die Untersuchung machen lassen möchtest. Wenn die Praxis die Leistung nicht anbietet, kann sie dir sicher jemanden empfehlen.
Was kostet das Ersttrimesterscreening?
Absurderweise zahlt die Krankenkasse für Frauen ab 35 eine Fruchtwasserbiopsie, den Ersttrimestertest aber nicht – obwohl die Biopsie das Risiko einer Fehlgeburt mit sich bringt. Das Ersttrimesterscreening ist eine individuelle Gesundheitsleistung (iGeL), das heißt, es wird im Normalfall nicht von der Krankenkasse gezahlt. Je nach Arzt und Leistung (manchmal gibt es z.B. eine CD mit den Ultraschallfotos dazu) kostet es 150 bis 250 €.
Gibt es Alternativen zum Ersttrimesterscreening?
Ja, die gibt es. Alternativ zum Ersttrimestertest gibt es auch die Möglichkeit, das Blut der Mutter zu untersuchen. Dafür werden dir 20 ml Blut abgenommen und in ein Labor geschickt. Da dein Baby über die Nabelschnur mit dir verbunden ist, enthält dein Blut auch die DNA deines Babys. Das Labor untersucht die DNA auf Chromosomenstörungen und Erbkrankheiten. Die Sicherheit des Tests liegt für Trisomie 21 bei 99 %, auch andere Trisomien können damit nachgewiesen werden.
Krankenkassen zahlen die Untersuchung aktuell noch nicht
Der Bluttest kann schon ab der 11. Schwangerschaftswoche gemacht werden. Als nicht-invasiver Pränataltest bringt er genau wie das Ersttrimesterscreening keinerlei Risiko für dich und dein Baby mit. Und wenn du möchtest, kannst du bei diesem Test das Geschlecht deines Babys direkt mitbestimmen lassen. Im September 2019 hat der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) von Ärzten, Kliniken und Kassen entschieden, die Kosten für den Bluttest bei Schwangeren mit „besonderen Risiken oder zur Abklärung von Auffälligkeiten“ zu übernehmen. Bis es soweit ist, wird es allerdings noch eine ganze Weile dauern. Bis dahin zahlt jede werdende Mama, die den Test durchführen lassen möchte, je nach Art des Tests zwischen 300 und 450 €. Allerdings gilt auch für den Bluttest: Sollte ein positives Ergebnis dabei herauskommen, werden dir weitere Untersuchungen empfohlen.
Ersttrimesterscreening – ja oder nein?
Die Frage, ob du das Ersttrimesterscreening durchführen lassen möchtest, kannst nur du ganz allein entscheiden. Da bei älteren Frauen das Risiko einer Chromosomenstörung des Babys steigt, ist die Untersuchung ab 35 vermutlich sinnvoller als bei jüngeren Frauen. Wichtig: Wenn du dich für das Ersttrimesterscreening entscheidest, solltest du Dir auf jeden Fall vorher überlegen, was ein auffälliges Ergebnis für dich bedeutet. Natürlich sollte jede Mama erst einmal davon ausgehen, dass alles gut ist. Aber es kann eben auch passieren, dass der Arzt eine Auffälligkeit feststellt. Was bedeutet das für deinen Partner und dich? Könnt ihr euch vorstellen, ein Kind zu bekommen, das vielleicht nicht gesund ist?
Auch wichtig ist, daran zu denken, dass das Ersttrimesterscreening keine Diagnose liefert, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit. Solltest du ein auffälliges Ergebnis bekommen, ist die Chance trotzdem groß, dass dein Kind gesund zur Welt kommt.
Ob mit Ersttrimesterscreening oder ohne – wir wünschen dir auf jeden Fall eine schöne Kugelzeit!
Unsere Expertin: Dr. Manthana Haritaworn ist Frauenärztin in Hamburg St. Georg. Sie hat mehrere Jahre als Assistenz- und Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe gearbeitet. Außerdem war sie mit der Mobilen Hilfe der Caritas in Hamburg unterwegs und hat Ärzte für die Dritte Welt in Indien und Ghana unterstützt.
Das Ersttrimester-Screening gehört zu den Leistungen, die Dr. Haritworn in ihrer Praxis in der Langen Reihe in Hamburg anbietet.