Erste Zeit mit Baby: „Kümmert euch bloß um den Haushalt, wenn ihr wollt!“

„,Schlafe, wenn dein Baby schläft.‘ ,Genieße die erste Zeit mit Kind, sie kommt nie wieder. Lass dich nicht von häuslichen Pflichten ablenken!‘ ,Dein Kind wird sich sicher nicht an eure saubere Küche erinnern, wohl aber an die Momente, die ihr zusammen hattet!‘

All diese Sprüche prasseln auf Neu-Mamas ein und sollen ihnen ein gutes Gefühl geben.

Das finde ich prima. Weil, ein gutes Gefühl ohne schlechtes Gewissen ist ja immer eine gute Sache. Und ja, ein kleines Baby im Haus ist sicher der perfekte Grund, dass es dort mal nicht picobello aussieht.

Und genau so hab ich das auch bei all meinen Freundinnen empfunden, dir vor mir ein Kind bekommen haben. Wenn ich sie zu Hause besucht habe, habe ich mich auf sie und ihre Babys gefreut, mir doch wurscht, wie ihre Wohnungen aussahen.

Dann war ich schwanger. Schnell verfiel ich in den berühmt-berüchtigten ,Nestbautrieb‘ und brachte unsere Wohnung regelmäßig auf Hochglanz: ,Dann kann ich mich total ausruhen, wenn das Baby da ist!‘, erklärte ich meinem Mann, der mich ab und zu aufzog.

Dann wurde unser Schatz geboren, es ging alles gut und problemlos, so waren wir auch schnell nach der Geburt wieder zu Hause. Und kuschelten, was das Zeug hielt. Lernten uns kennen. Dösten zusammen. Mein Mann musste leider wieder schnell arbeiten und war die Woche über nicht zu Hause.

Und ich war faul, für meine Verhältnisse.

Das Geschirr stapelte sich schon mal zwei Tage lang in der Spüle, ab und zu wehte eine Staubmaus übers Parkett und wenn ich mir morgens die Zähne putzte, sah ich all die Flecken auf dem Spiegelschrank im Bad. Ich ignorierte das alles.

Besuchten mich meine Freundinnen, kicherten sie liebevoll: Endlich sähe es bei mir mal so aus wie bei ihnen! Scrollte ich mich durch meinen Facebook- oder Pinterest-Feed, kam es mir vor, als würden sich alle Memes nur darum drehen, dass eine gute / normale / glückselige Mutter ihr Baby 24/7 verliebt anschaut, während die beiden gemütlich im Chaos lagen.

Die Wahrheit war: Ich hasste es. Mich störte das alles so ungemein.

Es kribbelte mir ständig in den Fingern, den Abwasch zu erledigen oder durchzusaugen. Das hatte ich sonst einmal morgens und einmal abends gemacht. Ich liebte unsere saubere Wohnung. Ich hasste sie, wie sie jetzt war. Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich vom Chaos umgeben bin.

Aber ganz ehrlich, ich fühlte mich unter Druck gesetzt. Wollte ich diese Mutter sein, die ihren Haushalt über das Wohl des Kindes setzte? Was stimmte denn nicht mit mir, das ich anscheinende die Einzige war, die das ,Faulsein` nicht genoss!?

Als ich das einer Freundin erzählt, lächelte sie über mich. ,Lerne doch endlich mal, loszulassen!‘ Ich sagte nichts mehr.

Aber ich fing an, loszulassen. Auf meine Art.

Nein, ich fühlte mich nicht wohl, wenn ich wusste, dass die Auflaufreste gerade in der Form antrockneten. Und ich hatte keine Ruhe zum Babyfüße-Massieren, wenn ich dabei auf Wäscheberge blicken musste. Ich wollte es wirklich, aber ich konnte nicht entspannen, wenn es SO bei mir aussah.

Und so fing ich an, wieder eine Grundordnung in meine Wohnung und somit in mein Leben zu bringen. Ich wusch ab, während mein Schatz einen (sauberen!) Löffel zum Untersuchen bekam. Ich schrubbte die Küche, während mein Baby die ersten Robb- und Krabbelversuche unternahm. Und ja, manchmal räumte ich auch kurz den Kühlschrank auf, während mein Sohn unzufrieden in seiner Wippe herumgnaddelte. Er hielt auch das aus. Er wurde auch größer und blieb glücklich, obwohl ich ihn nicht jede wache Sekunde anhimmelte.

Und ich wurde wieder glücklich, weil ich mich wohl fühlte in meiner Wohnung.

Und – konnte die Momente mit meinem Kind wieder total genießen, weil Staub und Zahnpastareste nicht mehr in meinem Kopf umhergeisterten.

Deswegen möchte ich allen, die bald ein Baby bekommen, mit auf den Weg geben: Lasst euch nicht reinreden! Euch stört Unordnung nicht? Dann lasst es bloß bleiben mit dem regelmäßigen Aufräumen. Ihr mögt es aber lieber sauber? Dann legt los – keiner redet hier ja davon, den ganzen Tag nur die Wohnung zu wienern. Ihr fühlt euch geschminkt wohler? Let´s go, immer rauf mit Mascara und Co. Eure Babypfunde stören euch? Dann rollt eure Yogamatte aus und tut was dagegen.

Es ist völlig okay, sich mit Baby in jeder Hinsicht zu entspannen.

Aber auch, wer nicht „Jede einzelne Sekunde mit seinem Baby genießt“ und darüber hinaus noch etwas für sein eigenes Wohlbefinden tun will, ist eine glückliche, gute Mutter.

Mir hat es gut getan so. Und in meinem Augen auch meinem Sohn: Er hat von klein auf an mitbekommen, wie das so läuft im Leben. Man isst etwas, dann muss man das Geschirr abwaschen. Man spielt draußen im Matsch, dann muss man die Kleidung säubern.

Macht euch frei von der ,Schuld‘, die eigentlich gut gemeinte Spruchbilder und Ratgeber vielleicht bei euch auslösen – findet die Balance, die zu EUCH passt.“


Danke, liebe Mama (Name der Redaktion bekannt), für deine Erfahrung und Meinung. Wir wünschen deiner Familie alles Liebe!

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Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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