Einzelkind-Mama: „Warum muss ich mich so oft rechtfertigen?”

„Erst neulich wieder habe ich mich geärgert: Ich war mit unserem Sohn unterwegs zur Kita, als wir am Gartentor unsere Nachbarin getroffen haben. ‚Na, du bist aber groß geworden! Da muss aber langsam ein Geschwisterchen her‘, kommentierte sie und zwinkerte mir verschwörerisch zu. Mir war gar nicht zum Zwinkern, denn diese Kommentare machen mich einfach nur noch traurig und wütend.

Früher habe ich mir immer zwei Kinder gewünscht, aber das Leben hat seine eigenen Pläne.

Als mein Mann und ich uns kennenlernten, waren wir beide schon Mitte 30, unseren Sohn bekam ich mit 39 Jahren und hatte damit eine sogenannte Risikoschwangerschaft. Damals war uns schon klar, dass unser Wunder wahrscheinlich ein Einzelkind bleiben wird, denn der Weg zu diesem einzigen Kind war bereits sehr steinig.

Wir haben es ein Jahr lang erfolglos versucht und wandten uns schließlich an eine Kinderwunschklinik. Ich musste mir täglich Medikamente spritzen und hatte üble Nebenwirkungen. Enorme Stimmungsschwankungen, Haarausfall und eine Gewichtszunahme sorgten dafür, dass ich mich selbst kaum wiedererkannte. Als es dann endlich klappte, war das wirklich das größte Wunder für mich. Doch ich konnte mir nicht vorstellen, diesen schmerzhaften und langwierigen Prozess irgendwann ein zweites Mal zu durchleben.

Meine Schwangerschaft verlief zum Glück relativ unkompliziert, doch die Geburt war furchtbar.

Ich war geschockt von den heftigen Schmerzen und fühlte mich, als würde ich innerlich zerreißen. Als mein Sohn dann endlich geboren war, verlor ich massiv Blut und kam sofort in den OP, ohne mein Kind gesehen oder gehalten zu haben. Mein Mann blieb geschockt und überfordert zurück.

Als ich danach wieder zu mir kam und endlich mein Baby kennenlernen durfte, war es anders als ich gedacht hatte. Ich war so unendlich müde und erschöpft und die erwarteten Glücksgefühle blieben aus. Noch Wochen nach der Geburt war mein Körper massiv geschwächt und ich konnte kaum aufstehen, um mich um mein Kind zu kümmern. Ich hatte geglaubt, dass dies die schönste Zeit meines Lebens sein sollte, doch stattdessen fühlte ich mich so schrecklich wie noch nie zuvor im Leben.

Es brauchte Wochen, bis ich eine richtige Bindung zu unserem Sohn aufbauen konnte.

Heute haben wir uns als Eltern eingespielt, mein kleiner Sohn ist die größte Liebe meines Lebens. Trotzdem erinnere ich mich noch gut an alle die Herausforderungen und Schwierigkeiten, denen ich auf dem Weg zu ihm begegnet sind und ich habe einfach keine Kraft dafür, diesen Weg erneut zu gehen. Mein Zweijähriger braucht so viel Liebe und Aufmerksamkeit, ich glaube nicht, dass ich zwei Kindern gerecht werden könnte – und ich möchte diesen inneren Spagat auch gar nicht eingehen müssen.

Doch alle um uns herum sind der festen Überzeugung, dass unser Sohn ein Anrecht auf ein Geschwisterchen hat.

Da sind die Schwieger-Großeltern, die anmerken, dass „ein Enkelkind, kein Enkelkind” sei, besagte Nachbarin oder auch befreundete Eltern, die mindestens zwei Kinder haben. Immer wieder werde ich auf das Thema angesprochen und bin in der Position unsere Familienplanung zu verteidigen. Richtig schlimm finde ich es, wenn andere Menschen mir das Gefühl geben, egoistisch zu sein und nicht das Beste für unser Kind im Sinn zu haben.

‚Waaaas, aber dann hat er ja niemanden zum Spielen, das ist doch viel zu einsam‘ oder ‚Das ist aber schade, nicht, dass ihr es später bereut‘, sind die Klassiker. Mal davon abgesehen, dass sich nicht alle Geschwister gut verstehen, muss es doch auch darum gehen, was wir uns als Eltern überhaupt zutrauen. Auch das Argument, dass ich die Geburt und die erste Zeit danach total schrecklich fand, scheint für viele nicht zu zählen. Ist halt so, jetzt hast du doch dein Baby, also ist doch alles gut.

Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen sensibel mit dem Thema Familienplanung umgehen würden.

Du findest es doof, ein Einzelkind zu sein oder nur ein Kind zu haben? Dann bekomm doch selbst mehrere Kinder. Ich möchte auf jeden Fall fest daran glauben, dass mein Sohn auch als Einzelkind ein glücklicher Mensch wird, der immerhin die volle und ungeteilte Portion Liebe von seinen Eltern bekommt.”


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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt.

Auch wenn ich selbst noch keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz.

Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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