Die Kitas bleiben geschlossen – und ich fühle mich gerade so leer

Seit Tagen haben wir alle auf diese Pressekonferenz gewartet: Angela Merkel hat sich mit den Landeschefs über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise beratschlagt und ihre Entscheidungen verkündet.

Eine der Ansagen: Die Kitas bleiben zu. Und zwar auf unbestimmte Zeit! Zumindest für die meisten Kinder – denn die bestehende Notversorgung für Eltern mit systemrelevanten Berufen (Medizin, Polizei etc.) wird ausgeweitet. Auch Kinder von Verkäuferinnen, IT-Technikern, Landwirten, Lkw-Fahrern sollen jetzt einen Anspruch auf Notfall-Kita-Plätze bekommen.

Das alles trifft auf mich nicht zu. Meine kleine Tochter bleibt zu Hause.

Zuallererst möchte ich sagen: Ich verstehe diese Entscheidung!!!

Denn gegen die Begründung kann man nichts sagen: Kleinkinder können Abstandsgebote nicht einhalten, man kann ihnen das stundenlange Tragen einer Maske nicht zumuten und zutrauen – und im Falle des Falles würden sie sich gegenseitig und dann (mindestens) ihre Eltern und Geschwister anstecken. Von den Erziehern mal ganz abgesehen. Und – zack – hätte man eine wirklich beachtliche Infektionsmenge.

Und dass das unter allen Umständen zu vermeiden ist, das steht natürlich gar nicht zur Debatte.

Und mir ist auch klar, dass das Corona-Virus noch so unberechenbar ist, dass die Entscheider nicht allzu weit in die Zukunft planen können.

Aber: Gerade siegt mein Gefühl über meinen Verstand.

Denn ganz ehrlich gesagt hatte ich trotz allem die Hoffnung, dass die Kitas zwar nicht jetzt sofort wieder ihre Bewegungsräume und Puppenecken für alle Kinder öffnen – aber zumindest in absehbarer Zeit. An einem Datum, dass wir heute erfahren würden. Etwas, mit dem man planen und an dem man sich mental festhalten könnte. Nichts davon ist eingetreten.

Ich fühle mich leer und ratlos.

Da es gerade die Zeit der großen Missverständnisse ist, möchte ich eines ganz deutlich sagen: Ich liebe meine Tochter mehr als mein Leben. Ich verbringe gerne Zeit mit ihr, auch sehr gerne viel mehr, als es unser üblicher „Vor-Corona-Alltag“ möglich gemacht hat. Ich weiß eine Menge mit ihr anzufangen. Das ist NICHT der Punkt!

Es geht viel mehr darum: Gerade die Kleinsten leiden doch am meisten unter der aktuellen Situation.

Meine Kleine geht so gerne zur Kita, diese ist ein großer Teil ihres Lebens – der gerade komplett wegbricht. Mama und Papa sind die Besten, der sichere Hafen und das schützende Nest eines Kindes. Und doch machen Kita-Freunde, Erzieherinnen und die so ganz anderen Impulse eines geregelten Kita-Alltags das Leben meiner Tochter komplett.

Kinder brauchen andere Kinder. Denn ganz ehrlich, als Erwachsene schafft man es doch nur bedingt, sich komplett in die Fantasie eines Kindes fallen zu lassen. Oder sagen wir es anders: Zwei Stunden am Stück als Anna genau die Dialoge zu führen, die eine etwas herrische Elsa einem vorgibt. Oder?

Und so ist meine Tochter tatsächlich manchmal richtig traurig. Wenn sie abends im Bett zur Ruhe kommt und wir noch über den Tag sprechen (viel Neues können wir uns dabei nun aktuell gegenseitig nicht berichten…), erzählt sie mir, dass sie ihre Freundinnen vermisst. Dass sie sie so gerne wieder knuddeln möchte. Erzählt viel von ihren Erzieherinnen und deren tollen Ideen.

Sie möchte wieder in die Kita.

Wir haben versucht, ihr das Corona-Virus kindgerecht zu erklären und warum gerade alles so anders ist. Sie erzählt oft davon – aber kann sie das mit noch nicht mal fünf wirklich richtig verstehen!? Ich denke nicht.

Ich denke, sie hat Angst vor etwas Ungewissem. Naja, wie wir alle eigentlich, oder?

Ich würde ihr so gerne sagen, wie lange sie noch durchhalten muss, die tapfere kleine Maus. Kann ich aber nicht. Das kann niemand. Sie macht das alles so toll, wir haben viel Spaß zusammen – aber ich merke deutlich, wie still sie manchmal wird oder wie schnell sie wütend wird und richtig aufdreht.

Bleibt die Kita noch lange geschlossen, befürchte ich, dass die erste Zeit nach der Öffnung wie eine neue kleine Eingewöhnung für die Kinder wird. Denn so sehr sie sich auch danach sehnen – es wird sich auch wieder neu anfühlen, nach all den Wochen zu Hause.

Meine größte Angst ist allerdings, dass die Kitas bis zum Ende der Sommerferien geschlossen bleiben.

Denn dann kommt meine kleine Große in die Vorschule – ohne einen Abschied in der Kita bekommen zu haben, nach Monaten zu Hause und ohne Fremdbetreuung.

Natürlich gibt es aber noch andere Gründe, die mir Bauchschmerzen bereiten.

Ich bin im Homeoffice, mein Freund kann seine Arbeitszeit zwischen Büro und zu Hause aufteilen. Wir haben es im Gegensatz zu anderen Familien noch wahnsinnig gut, wir können es uns irgendwie abwechselnd so hinwurschteln, dass immer einer arbeiten und einer kuscheln/spielen/basteln kann. Und trotzdem – all das schlaucht. Denn die Konzentration im Homeoffice mit Kind ist eben meist nur so… mittelgut…. Und so sitzen wir abends doch immer noch vorm Computer und arbeiten.

Das schlechte Gewissen ist irgendwie zum ungeliebten Familienmitglied geworden – abwechselnd dem Arbeitgeber oder unserer Tochter gegenüber.

Denn einer von beiden wartet immer. Auf die Abgabe eines Textes, einer Kalkulation, auf das Vorlesen eines Buches oder dass wir endlich eine neue Partie Lotti Karotti beginnen können.

Dazwischen erledigen wir dann den Haushalt, die Einkäufe, das Kochen. Und irgendwann schlafen wir, ja, aber das kommt am Ende meist zu kurz.

Ja, das alles ist Mimimi – wenn man sich die wahren Dramen der Krise anschaut.

Das weiß ich! Und das weiß auch jeder andere, der sich über die Maßnahmen der Regierung beschwert.

Aber es ist eben auch und trotzdem Fakt, dass wir geschlaucht sind und meine Tochter traurig und aus ihrem vertrauten Alltag gerissen ist. Das viele, viele andere Kinder ebenfalls leiden, immer stiller werden, schlechter schlafen können, sich wieder einnässen. Kinderseelen sind zart und sie mögen keine großen Veränderungen.

Und genau deshalb fühle ich mich heute so leer. Ich habe Angst. Vor Corona und einer Überlastung unseres Gesundheitssystems. Aber auch davor, was das alles mit uns dreien macht, wenn es noch Wochen und Monate so weitergeht.

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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Lockdown „Light“: Kitas sollen offen bleiben – ABER: | Echte Mamas
3 Jahre zuvor

[…] vorerst. Eine große Veränderung im Vergleich zum ersten Lockdown, bei dem unsere Kinder sogar noch zu Hause bleiben mussten, als Shopping Center und Co. schon wieder geöffnet […]

Denise
Denise
4 Jahre zuvor

„Wahnsinn setzt bitte keine Kinder in die Welt wenn ihr euch nicht darum kümmern könnt/wollt…“

Genau dieses dumme Gebashe können wir jetzt alle brauchen. Herzlichen Dank dafür! Wahrscheinlich landet dieser Kommentar von „Anonymous“ auf jeder nur annähernd passenden Seite. Ob sich „Anonymous“ diesen Artikel überhaupt in Ruhe durchgelesen hat? Ich wage es zu bezweifeln …

Inna
Inna
4 Jahre zuvor

Ich kann dich sehr gut verstehen. Danke für deine Worte. Meine Tochter ist schon in der Grundschule. Ich bin aber oft selber kurz vorm heulen, wenn sie mal wieder weint weil sie ihre Freunde vermisst.

Monika Kuhn
Monika Kuhn
4 Jahre zuvor

Das ist genau das was wir denken und fühlen. Mein Sohn ist Sehr traurig das er warscheinlich garnicht mehr in den Kindergarten gehen wird da er nach dem Sommer in die Schule kommen soll. Das ist kein schöner Abschluss/Abschied und den Kindern fehlt einfach Mental die Vorbereitung mit den anderen Kindern auf die Schule.

Anonym
Anonym
4 Jahre zuvor

Wahnsinn setzt bitte keine Kinder in die Welt wenn ihr euch nicht darum kümmern könnt/wollt…

Nadi
Nadi
4 Jahre zuvor

Der Beitrag trifft es zu 100%, im Homeoffice kommt immer einer zu kurz. Unsere kleinen Mäuse trifft es am schlimmsten und in der Politik fühlt sich niemand verantwortlich. Wenn doch wenigstens die Spielplätze wieder offen wären.

Tatjana
Tatjana
4 Jahre zuvor

Danke dafür, es spricht mir aus der Seele!

Moni
Moni
4 Jahre zuvor

Vielen lieben Dank für deine Worte. Ich fühle mich genauso. Unsere 2 Jährige Tochter sollte ab September von der Krippe in den normalen Kindergarten wechseln und wir haben uns so durchgehangelt die letzten Wochen und auch hingefiebert auf den 19.04. in der Hoffnung dass danach ein bißchen Normalität für die Kleine zurückkehren kann. Ihr diesen Virus zu erklären ist nahezu unmöglich aber sie hat hat verstanden dass unsere gewählte Regierung bestimmt was gemacht wird und so schimpft sie im Moment auf Frau Merkel, die aber als Erwachsener betrachtet die richtige Entscheidung getroffen hat zusammen mit den Landesvertretung aber als Mutter, die diese Traurigkeit trotz aller Bemühungen und täglicher Aktivitäten der Tochter sieht, ist es einfach nur grauenhaft. Sie erzählt unheimlich viel von den anderen Kindern und Erzieherinnen und ich bin sehr dankbar für jede kleine Botschaft der Kita die nicht nur Informationen für Eltern beinhaltet sondern vor allem die Kinder auch selbst anspricht in Form von Videos, Bildern, Geschichten oder auch mal Ideen und Aufgaben. Leider erhält man von seinem Umfeld telefonisch oder ähnlich keinerlei Verständnis wenn diese nicht ebenfalls Kinder in dem Alter haben.

Linda
Linda
4 Jahre zuvor

Das kann ich so absolut unterschreiben – meine Kleine vermisst ihre Tagesmutter und die anderen Kinder dort soooo sehr. Und wenn es alles bis zu den Sommerferien so weiter geht, muss sie in die Kita wechseln ohne sich richtig von „ihrer Vera“ verabschiedet haben zu können – das macht mich unglaublich traurig!

Alina
Alina
4 Jahre zuvor

Ganz genauso habe ich es empfunden als die neuen Ankündigungen kamen oder in diesem Fall eher ausblieben. Meine Tochter ist 4, ihr Bruder 6 Monate und obwohl wir es gegenüber anderen zb. Alleinerziehenden einfacher haben, ist die Unklarheit schrecklich. Der Kleinen fehlen Kita aber auch Oma und Opa.

Doro
Doro
4 Jahre zuvor

Danke! Das fasst exakt meine aktuelle Gemütslage zusammen!

Vanessa
Vanessa
4 Jahre zuvor

Ich verstehe Dich so sehr als Mama eines Kindergartenjungen und drücke Dich zumindest auf diesem Weg ganz fest!!!!