„Die Kinderärztin winkte ab – später gab mir die Diagnose recht.”

Larissa ist Mama von zwei Kindern – und weiß heute, dass sie auf Bauchgefühl hören sollte. Schon früh spürte sie, dass mit ihrer zweiten Tochter etwas nicht stimmt. Lange hieß es, sie übertreibe. Doch schließlich kam die Diagnose, die ihre Familie bis heute begleitet, wie sie in ihrer echten Geschichte erzählt.

„Schon in der Schwangerschaft mit unserer zweiten Tochter hatte ich oft ein ungutes Gefühl, auch wenn es immer hieß, alles sei in Ordnung. Erst gegen Ende bekamen wir die Diagnose ‚fetale Makrosomie‘, was bedeutet, dass sie etwas zu groß und schwer war.

Als sie schließlich ganz normal geboren wurde, war ich zunächst erleichtert.

Sie sah gesund aus und alles schien gut. Doch zu Hause zeigte sich schnell: Etwas stimmte nicht. Sie konnte schwer an meiner Brust trinken, obwohl genug Milch da war. Sie schrie sehr viel und nahm nur langsam zu. Mit zugefütterter Milch besserte sich das Gewicht, aber mein Gefühl, dass noch mehr dahintersteckt, ließ mich nicht los.

Ich dachte erst, ich spinne oder übertreibe, und wollte es nie so genau aussprechen – auch aus Scham. Die Reaktion der Kinderärztin war anfangs ähnlich: ‚Ja, ich finde, Sie übertreiben ein bisschen.‘

Auf den ersten Blick fiel natürlich nicht viel auf.

Bei der U4 stellte sie dann aber doch einen schwachen Muskeltonus fest und überwies uns zur Physiotherapie und zum Osteopathen. Dort wurde eine Blockade im Nacken gelöst – und es tat ihr sichtbar gut. Für einen Moment beruhigte mich das. Ich versuchte mir einzureden, dass es bestimmt daran gelegen habe und nun alles besser würde.

Doch schon bald merkten wir, dass sich ihre motorische Entwicklung und auch andere Dinge verzögerten. Mit etwa neun Monaten nahm sie wenig vom Raum wahr, spielte ewig und vertieft mit demselben Spielzeug, ohne sich für mich zu interessieren. Sie kreischte viel und sehr laut und mochte nicht viel körperliche Nähe – auch wenn sie es genoss, wenn man sich intensiv mit ihr beschäftigte.

Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits einige Monate entwicklungsverzögert.

Unsere Kinderärztin meinte zwar, sie sei einfach etwas langsamer, könne uns aber zur Sicherheit ans Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ)  überweisen. Es kam mir so vor, als hätte sie das nur gemacht, um uns zu beruhigen. In mir kämpften zwei Gefühle: Ich fühlte mich schlecht, weil ich meine Tochter ‚anders‘ gesehen habe, in ihr eine Krankheit oder Behinderung gesehen habe.

Gleichzeitig gab es Momente, in denen ich dachte: ‚Sie braucht vielleicht einfach nur Zeit.‘ Und dann gab es wieder Momente, in denen mein Gefühl sagte: Nein, da ist doch etwas anders.

Im SPZ fühlten wir uns endlich ernst genommen.

Es folgten ein MRT und genetische Untersuchungen. Wir warteten lange auf die Ergebnisse – dieses Warten hat uns verrückt gemacht. Schließlich die Diagnose: eine verzögerte Myelinisierung. Ihr Gehirn arbeitet langsamer als bei Kindern in ihrem Alter.

Es war ein Schock – auch wenn wir es insgeheim schon erwartet hatten. Einerseits waren wir erleichtert, endlich eine Antwort zu haben. Andererseits zog es uns den Boden unter den Füßen weg, schwarz auf weiß zu lesen, dass unsere Tochter eine Diagnose trägt, die es in unserer Familie noch nie gab.

In dem Moment der Diagnose war ich sogar kurz erleichtert.

Es hätte auch etwas Tödliches sein können, wie ein Tumor oder eine noch schlimmere Erkrankung. Aber zu Hause, nach einigen Stunden, bin ich mental wirklich zusammengebrochen. Ich war erleichtert, eine Antwort zu haben, aber gleichzeitig haben mich die Ängste vor der Zukunft überrollt.

Niemand kann uns genau sagen, was die Zukunft bringt. Sie wird wahrscheinlich später laufen und sprechen, und auch weitere Einschränkungen sind möglich. Das meist vertretene Gefühl ist tatsächlich Angst – die Angst vor dem Ungewissen. Wird sie ein selbstständiges Leben führen können? Wird sie glücklich sein?

Und natürlich ist auch Schuld dabei.

Man stellt sich immer die Frage, ob man in der Schwangerschaft etwas hätte besser machen können. Hoffnung und Freude kommen immer dann, wenn es bergauf geht und sie Fortschritte macht.

Aktuell geht es ihr gut. Sie macht kleine Fortschritte, aber sie hat natürlich viel nachzuholen. Was ihr sehr geholfen hat, ist Osteopathie, die sogenannte Atlastherapie. Sie konnte fast nichts – und seit wir das angefangen haben, kamen die ersten großen Entwicklungsschritte. Auch die Physiotherapie nach Bobath, die sie seit dem fünften Monat bekommt, hilft ihr sehr.

Bis jetzt haben wir noch keine weiteren Therapien angefangen, das steht im September an.

Geplant sind Ergotherapie, Logopädie und heilpädagogische Frühförderung. Ich selbst arbeite im pädagogischen und therapeutischen Bereich und habe dadurch einiges an Wissen, das ich auch zu Hause einbringen kann. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass sie vielleicht Reittherapie oder sogar Delfintherapie machen darf.

Meine Kleine ist jetzt fast 15 Monate alt. Noch versteht sie nicht, dass sie hinterherhinkt. Aber irgendwann wird sie es merken. Ich hoffe, wir können das gut auffangen.

Mein Wunsch ist, dass Mamas auf ihr Bauchgefühl hören und dranbleiben – auch wenn es schwer ist.

Denn Mütter haben meistens das richtige Gespür. Es ist hart, die Tatsachen zu akzeptieren, aber es ist wichtig, der Sache auf den Grund zu gehen. Je früher ein Kind gefördert wird, desto mehr kann es aufholen.

Wegschauen oder Abwarten hilft nicht – genau hinschauen und Unterstützung suchen schon.”


Liebe Larissa, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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