Der Hass nach Chrissy Teigens Fehlgeburts-Post – er trifft so viele Frauen

Wahrscheinlich habt ihr es mitbekommen, denn die wahnsinnig berührenden Bilder gingen durch alle Medien: Model Chrissy Teigen, die Ehefrau von Musiker John Legend, hat ihr drittes Kind verloren. Ihren Verlust teilte sie der Welt in den sozialen Medien mit.

Mitte August hatte die Mama ihre Schwangerschaft öffentlich gemacht und ihre Fans danach regelmäßig auf dem Laufenden gehalten.

So hatte sie vor einigen Wochen berichtet, dass sie wegen gesundheitlicher Probleme im Bett bleiben müsse. Und noch am Dienstag dieser Woche hatte sie aus dem Krankenhaus geschrieben: „Ich bekomme gleich meine zweite Bluttransfusion, es ist aber wirklich nicht so dramatisch, wie es klingt.“

Chrissy Teigen hat seit jeher nicht nur schöne Bilder und glückliche Szenen gepostet, sondern ihre Fans auch offen über ihre gesundheitlichen Einschränkungen informiert und andere Tabu-Themen angesprochen. So berichtete sie auch über ihre  Wochenbettdepressionen nach der Geburt ihres ersten Kindes und aber von den fehlgeschlagenen Versuchen bei einer künstlichen Befruchtung.

Und nun von dem schmerzlichen Verlust ihres Babys.

„Wir sind geschockt und empfinden Schmerz, wie man ihn sonst nur vom Hören kennt.“

Natürlich ging ein Aufschrei durch die Welt und innerhalb von Minuten erreichten Chrissy Tausende von Beileidsbekundungen und Nachrichten voller Trost.

Doch dazwischen: Auch auffallend viele Kommentare, die Chrissy persönlich angreifen.

„Es ist irgendwie krank, dass man sich darauf konzentriert, ein gut inszeniertes Foto zu machen, wenn man ein Kind verliert … verrückte Welt“, schreibt ein Follower. Der Sportjournalist Jason Whitlock versucht ebenfalls, die Mama zu beschuldigen: „Ich verstehe das oder die sozialen Medien nicht. Wer macht ein Bild von ihrem tiefsten Schmerz und teilt ihn dann mit Fremden?“ Und wieder andere gehen noch weiter: Sie fragen sich, ob Chrissy Teigen, die sich einer Brustimplantatentfernung im Juni unterziehen musste, für den Tod ihres Sohnes verantwortlich sein könnte. (Äh. Nein!?)

Okay, man kann über all das verschiedene Auffassungen haben.

Wie offen man mit seiner Schwangerschaft und all den Problemen, die damit zu tun haben, umgeht. Und ja, Chrissy Teigen ist ein weltweit bekannter Promi und kennt Hate-Kommentare und Kritik sicherlich leider schon sehr gut und hat eventuell auch damit gerechnet…

Aber: Hier hat doch gerade eine Frau ihr Baby verloren! Und hat es allen, die ihre Schwangerschaft gebannt mitverfolgt haben, auf ihre Art mitgeteilt. Ich glaube, sie hat alles andere verdient, als dafür noch am Tag ihres Posts so herbe Kritik zu bekommen.

Die Eltern fühlen sich wohl damit, diese intimen Fotos zu teilen. Keiner muss sie anschauen – aber zahllose Menschen wollen sie anschauen.

Der Rest scrollt weiter und gut ist. So könnte es doch zumindest sein, oder?

Was ich allerdings noch erschreckender finde: Wie today.de berichtet, trifft dieser Hass und diese Kritik längst nicht nur Chrissy Teigen oder andere Prominente, die offen über ihre Fehlgeburten und Sternenkinder berichten.

Auch „ganz normale“ Frauen, die offen über so einen Verlust sprechen, bekommen oftmals zweifelhafte Reaktionen und sogar Kritik zu hören.

„Warum bist du bloß so traurig – du hattest dieses Baby doch nie auf dem Arm!“ „Macht das doch lieber unter euch, in der Familie aus! So etwas gehört nicht ins Umfeld.“ Genau das, was eine Mama in dieser Situation hören sollte. Nicht.

Man mag sich doch einmal vorstellen, wie viel Kraft es bedarf, über den Verlust des Kindes zu sprechen, das man schon so bald als Mitglied der Familie erwartet hat! Das man vielleicht schon  in seinem Bauch gespürt hat und auf das vielleicht schon ein wunderschönes Kinderzimmer wartet!

Aber – wie kommen denn Menschen überhaupt darauf, mit Verachtung auf solche Nachrichten zu reagieren?

Gegenüber today.de hat Erica McAfee, die einen Podcast namens „ Sisters in Loss “ moderiert, erläutert, dass wir es gewohnt sind, schmerzhafte Erfahrungen vor anderen zu verbergen. Und „wenn jemand mutig genug ist, diese offen zu teilen, fühlen sich manche Menschen unwohl und das kann Gemeinheit bei ihnen hervorrufen.“

„Wer glaubt, dass diese Offenbarungen nur eine Art sind, um um Aufmerksamkeit zu heischen, hat nie den Schmerz gekannt, ein Baby zu verlieren.“

Dr. Jessica Zucker, eine Psychologin aus Los Angeles, begrüßt die Offenheit von Chrissy Teigen: „Zu lange wurden Frauen zum Schweigen gebracht und hatten Angst, ihre Gefühle zu teilen. Was Chrissy tut, ist genau das, was wir brauchen. Es ist wirklich Zeit, dass wir diese Art von Trauer in unsere alltäglichen Gespräche integrieren.“

Jede Mama, die ein Kind verliert, hat das Recht zu trauern. Auf welche Weise sie das tut, ist allein ihre Sache. Sie sollte sich dafür aber niemals schämen müssen, nur, weil andere Menschen sich davon unangenehm berührt fühlen.

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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