Bauzinsen steigen 2022 sprunghaft an – wer kaufen will, sollte sich beeilen

Das Eigenheim – Traum vieler Familien. Doch seit Jahren steigen die Immobilienpreise immer weiter an. Vor allem in den Innenstädten sind die eigenen vier Wänden in letzter Zeit immer unbezahlbarer geworden. Immerhin waren die Bauzinsen bis 2022 schön niedrig und die Finanzierungen damit günstig. Doch das ist nun auch vorbei: Experten erwarten noch in 2022 einen starken Anstieg der Zinsen für 10-jährige Immobilienkredite. Was das für eure Finanzierung bedeutet und wie ihr trotzdem einen kühlen Kopf bewahrt, zeigen wir hier.

Experten erwarten Anstieg der Bauzinsen 2022 auf 2-3 Prozent pro Jahr

Eigenheimkäufer sind zurzeit wirklich nicht zu beneiden: Die Immobilienpreise steigen immer weiter, die Märkte in den Großstädten wirken wie leergefegt, Preise für Rohstoffe explodieren, Lieferkettenprobleme sowie steigende Rohstoffpreise torpedieren das Bauvorhaben und Handwerker verlangen immer höhere Stundenlöhne (falls sie denn überhaupt in den kommenden Monaten verfügbar sind).

Nun kommt schon die nächste Hiobsbotschaft um die Ecke: Der Zinssatz für Baufinanzierungen mit zehnjähriger Zinsbindung ist Anfang April zum ersten Mal seit Langem wieder über die 2-Prozent-Marke geklettert. Heißt also, die Finanzierungen für Häuser und Wohnungen werden teurer – sehr viel teurer! Experten sehen darin den Beginn einer Trendwende:

»Am 1. April hat der Basiszins nach unseren Daten die Schwelle von zwei Prozent überschritten«, sagt Max Herbst von der Frankfurter Finanzberatung FMH zu spiegel.de und stellt im selben Atemzug fest: »Wir stecken mittendrin in der Zinswende.«

Und wie hoch steigen die Bauzinsen 2022 nun genau?

In diesem Punkt sind sich die Experten nicht ganz einig.

Miriam Mohr, Vorständin beim Baufinanzierer Interhyp AG, hält 2,5 bis 3 Prozent für zehnjährige Darlehen bis Ende 2022 bei spiegel.de für “realistisch”.

Andreas Glogger von der Glogger & Partner Vermögensberatung setzt seine Prognose bei rponline.de ein wenig vorsichtiger an und spricht von “2 bis 2,5 Prozent bis ins kommende Jahr”.

Woran liegt es, dass die Bauzinsen jetzt so sehr steigen?

Viele denken, die aktuelle, politische Lage (Ukrainekonflikt, Anstieg der Rohstoffpreise) sei der Hauptauslöser für die steigenden Bauzinsen. Das ist aber nicht richtig. Ein Anstieg der 10-jährigen Zinsen ist gemäß zinsentwicklung.de schon seit Mitte 2021 zu beobachten. Experten sahen diese Trendwende schon länger kommen und identifzieren die anhaltend steigende Inflation in Deutschland als Hauptgrund. Der nun allerdings ziemlich rapide Anstieg der Bauzinsen hat dennoch viele überrascht.

Hintergrund: Um die Inflation zu bremsen, muss die Europäische Zentralbank (EZB) dem Markt Geld entziehen, indem sie den Leitzins erhöht. Das hat sie zwar noch nicht getan. Allerdings erwartet der Markt den steigenden Zinssatz bereits und preist diese Entwicklung schon im Voraus ein. Der Leitzins bestimmt unter anderem, zu welchen Bedingungen Banken sich Geld für ihre Geschäfte leihen können – steigt er, zahlt auch die Bank selbst höhere Zinsen.

Die Banken gehen also aktuell davon aus, dass sie Baufinanzierungen künftig teurer refinanzieren müssen.

Das hat leider Auswirkungen auf eure Immobilienfinanzierung – denn die Banken leiten die steigenden Kosten natürlich an ihre Kunden weiter. Letztlich bezahlt ihr also die höheren Zinsen und müsst damit auch eine höhere, monatliche Belastung stemmen.

Wie viel teurer eure Baufinanzierung jetzt wird

Wir zeigen hier einmal an einem Beispiel, welchen Unterschied ein um wenige Prozentpunkte angestiegener Zinssatz für eine Baufinanzierung ausmachen kann.

Angenommen, ihr habt eine Immobilie für 500.000 Euro Kaufpreis im Blick. Wir gehen mal davon aus, ihr müsst die komplette Summe finanzieren, weil ihr über keinerlei Eigenkapital verfügt. Den Zinssatz für den Immobilienkredit wollt ihr über 10 Jahre festschreiben, und die Tilgung setzt ihr auf 2 Prozent pro Jahr an. Wir rechnen jetzt mal aus, welchen Unterschied es macht, ob ihr 1,5 oder 2,0 Prozent Zinsen pro Jahr zahlt:

  • Gibt die Bank euch einen Zinssatz von 1,5 Prozent pro Jahr, landet ihr bei einer monatlichen Belastung von etwa 1.458 Euro. Nach zehn Jahren habt ihr 67.183 Euro an Zinsen an die Bank gezahlt und 107.816 Euro eurer Schulden getilgt.
  • Gibt die Bank euch einen höheren Zinssatz von 2 Prozent pro Jahr, liegt eure monatliche Belastung schon bei 1.666 Euro. Nach zehn Jahren habt ihr satte 89.400 Euro an Zinsen an die Bank gezahlt und 110.599 Euro eurer Schulden getilgt.

Bei einem nur um 0,5 Prozentpunkte höheren Zinssatz steigt eure monatliche Belastung also bereits um mehr als 200 Euro. Der Unterschied bei den Zinszahlungen ist noch heftiger: Innerhalb von zehn Jahren zahlt ihr allein durch den gestiegenen Zinssatz für dasselbe Darlehen 22.217 Euro mehr Zinsen. Ihr müsst also im Laufe der Zeit mit einer sehr deutlichen Mehrbelastung rechnen.

Und was raten Experten – schnell kaufen, oder doch lieber noch abwarten?

Allen schwierigen Umständen zum Trotz: Überstürztes Handeln ist beim Kauf einer Immobilie immer eine schlechte Idee. Mit Sicherheit handelt es sich dabei um die größte Anschaffung eures Lebens. Dabei wollt ihr keinen Fehler machen, der euch über viele Jahre hinweg teuer zu stehen kommt.

Wir raten, einen kühlen Kopf zu bewahren – und im Zweifel lieber nicht zu kaufen, als sich finanziell zu übernehmen. Stellt euch vor allem diese beiden Fragen (und beantwortet sie euch selbst gegenüber ehrlich!):

  • Wie stabil ist unsere Finanzierung wirklich? Könnt ihr noch genügend Eigenkapital einbringen, oder wird das Darlehen aufgrund der steigenden Zinsen zu knapp auf Kante genäht? Vor allem die Monatsrate solltet ihr noch entspannt stemmen können. Denkt dran, ihr wollt vielleicht auch noch in den Urlaub fahren oder mal neue Möbel kaufen können!
  • Passt die Immobilie wirklich zu uns? Habt ihr eine Immobilie gefunden, die euch völlig überzeugt, bei der Kaufpreis und tatsächlicher Wert der Immobilie noch in einem annehmbaren Verhältnis stehen? Oder handelt es sich doch eher um einen übereilten Kauf, aus Angst, sonst kein Eigenheim mehr abzubekommen?

Wenn ihr in beiden Punkten davon überzeugt seid, richtig zu handeln, dann heißt es nun wirklich: Schnell sein!

Denn auf eine Entspannung des Marktes und sinkende Immobilienpreise solltet ihr lieber nicht spekulieren. Michael Neumann, Vorstand beim Baufinanzierer Dr. Klein Privatkunden AG, sagt im Podcast Hausgemacht ganz deutlich, dass kein Ende der Preissteigerungen in Sicht ist, weil die Nachfrage hoch bleibt:

“Die Dynamik der Preissteigerungen wird zwar abnehmen. Das mag auch mal für ein, zwei Jahre dazu führen, dass das Preisniveau eher seitwärts läuft. Aber aus meiner Sicht spricht extrem viel dafür, dass die Preise auch weiter steigen, aber mit etwas geringerer Dynamik.”

Habt ihr bereits mit den gestiegenen Zinsen zu kämpfen, oder macht euch das gestiegene Niveau wenig aus?

Wir freuen uns, wenn ihr eure Erfahrungen mit uns teilt!
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Wie läuft es bei euch aktuell mit der Baufinanzierung?x

Ilona Utzig
Ich bin Rheinländerin, lebe aber seit vielen Jahren im Hamburger Exil. Mit meiner Tochter wage ich gerade spannende Expeditionen ins Teenager-Reich, immer mit ausreichend Humor im Gepäck. Wenn mein Geduldsfaden doch mal reißt, halte ich mich am liebsten in Küstennähe auf, je weiter nördlich, desto besser. Bei Echte Mamas bin ich Senior SEO-Redakteurin. Meine journalistische Ausbildung abolvierte ich bei Hamburger Jahreszeitenverlag, um anschließend Skandinavistik, Politikwissenschaft und Germanistik zu studieren. Nach langen Jahren als Finanz-Redakteurin liegen mir heute noch die Themen Vorsorge, Vereinbarkeit und Care-Arbeit am Herzen.

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2 Comments
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Marianne
Marianne
2 Jahre zuvor

Was bitte soll ein „Vorständin“ sein?
Ein Vorstand ist ein Vorstand und kann sowohl weiblich, als auch männlich besetzt sein.

Daniel
Daniel
2 Jahre zuvor
Wir freuen uns, wenn ihr eure Erfahrungen mit uns teilt!" Weiterlesen »

Wenn man sich eine Immobilie leisten möchte und ein Eigenkapital von maximal 10% aufbringen kann, sollte man immer auf eine langfristige Zinsbindung setzten. Mindestens 15, im Besten Fall 20 Jahre. Oftmals ist die Restschuld nach 10 Jahren schlichtweg viel zu hoch um weitere Zinssteigerungen bedienen zu können. 10 Jahres Darlehen sind hoch spekulativ und sollten nur nur von Menschen gewählt werden, die über weitreichende Finanzielle Mittel verfügen. Insbesondere gilt dies für hochpreisige Immobilien. Niemand sollte seine Immobilie verkaufen MÜSSEN, weil steigende Zinsen nicht eingeplant wurden. Ich fürchte aber, das wir diesen Effekt in der Zukunft sehr häufig erleben werden..