Mein Kind ist krank und der Kinderarzt überfüllt – was kann ich tun?

„Mama, ich hab Halsschmerzen!“ Da ist er wieder, der Satz, vor dem mir in den letzten Wochen ganz besonders graut. Und damit bin ich vermutlich nicht allein, denn wie immer in Herbst und Winter haben Erkältungs- und andere Viren Hochsaison. Husten, Schnupfen, Fieber, Halsschmerzen – besonders Kita- und Schulkinder sind gefühlt oft durchgängig krank. Gleichzeitig sind die meisten Kinderarztpraxen am Limit, Termine kaum zu bekommen. Aber was mache ich, wenn partout kein Arzt Zeit hat? Und wann muss ich mit meinem Kind überhaupt zum Kinderarzt – und wann kann ich mir den Besuch (er)sparen? Wir haben Dr. med. Manuel Rett gefragt, einen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.

1. Mein Kind ist krank, die Praxis überfüllt – was kann ich tun?

Zuerst gilt: Ruhe bewahren. „Nicht jede Erkältung erfordert sofort einen Arztbesuch“, erklärt Dr. Rett. „Bei leichten Symptomen wie Husten, Schnupfen oder Halskratzen können Eltern das Kind zunächst zuhause versorgen – mit viel Ruhe, Flüssigkeit und altersgerechten Hausmitteln.“ Außerdem gut zu wissen: Viele Praxen bieten inzwischen auch Alternativen zur Sprechstunde vor Ort an, in Form von telefonischen Rückruf- oder sogar Videosprechstunden. Die kannst du auch nutzen, wenn du unsicher bist, ob ein Arztbesuch für dein Kind zwingend notwendig ist. „Gerade wenn das Kind geschwächt ist oder Geschwister mitgebracht werden müssten, ist das eine entlastende Möglichkeit“, meint der Experte.

2. Welche Beschwerden lassen sich digital oder telefonisch gut abklären?

Die gute Nachricht: Nicht bei allen Symptomen deines Kindes ist eine körperliche Untersuchung notwendig. „Viele typische Infekte lassen sich gut per Anamnese, also durch das Gespräch, einschätzen“, sagt der Kinderarzt.
Dazu zählen:

  • Erkältungen mit mildem Verlauf
  • leichtes Fieber (unter 39 °C)
  • Halsschmerzen, Husten, Schnupfen
  • Bindehautentzündung
  • Hautausschläge, wenn sie gut gezeigt oder beschrieben werden können

Bei einer solchen Beratung kann der Kinderarzt bzw. die Kinderärztin einschätzen, ob du mit deinem Kind zwingend in die Praxis kommen musst – oder ob es ausreicht, wenn es sich zuhause auskuriert. „Das Ziel solcher Beratungen ist nicht, den Arztbesuch zu ersetzen, sondern ihn gezielter zu machen – damit Kinder, die wirklich körperlich untersucht werden müssen, schneller drankommen“, erklärt Dr. Rett.

Kürzere Wartezeiten und mehr freie Termine – klingt doch super, oder?

3. Wann ist ein persönlicher Arztbesuch zwingend nötig?

So verlockend es auch klingt, sich den Besuch beim Kinderarzt (und das volle Wartezimmer) zu sparen – natürlich gibt es auch Infekte, bei denen du auf jeden Fall mit deinem Kind zum Arzt gehen solltest. „Wenn das Kind sehr krank wirkt, gehört es immer in ärztliche Hände“, betont Dr. Rett.

Typische Anzeichen, bei denen du in jedem Fall zum Kinderarzt gehen solltest:

  • Hohes Fieber über 39 °C länger als drei Tage
  • Atemnot, pfeifende Atmung, bläuliche Lippen
  • Anhaltendes Erbrechen oder Durchfall über mehr als zwei Tage
  • Starke Ohrenschmerzen
  • Hautausschläge mit Blasen oder Blutungen
  • Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle oder Apathie

Wichtig: Bei Säuglingen unter sechs Monaten sollten schon leichte Symptome unbedingt ärztlich abgeklärt werden.

Und natürlich solltest du auch auf dein Bauchgefühl hören. Wenn du unsicher bist, dann lieber einmal mehr zum Arzt gehen!

4. Wann ist kein Arztbesuch nötig – was kann ich zuhause selbst behandeln?

Wenn dein Kind nur eine leichte Erkältung hat, kannst du ruhigen Gewissens auf den Besuch beim Kinderarzt bzw. der Kinderärztin verzichten. „Wenn das Kind trotz Husten noch spielt, isst und trinkt, dürfen Eltern beruhigt abwarten,“ so Dr. Rett.  „In solchen Fällen bringt ein Praxisbesuch mehr Stress als Nutzen.“ Dann sind vor allem Zeit und Geduld gefragt.

Damit dein Kind sich gut erholt und schnell wieder auf die Beine kommt, solltest du auf diese Dinge achten:

  • Ausreichend Schlaf und Flüssigkeit
  • Frische Luft und moderat beheizte Räume
  • Bei Bedarf fiebersenkende Maßnahmen (nach Absprache mit Arzt/Ärztin oder Apotheke)
  • Gegebenenfalls Inhalationen mit Kochsalzlösung, warme Tees, Wadenwickel
  • Wenn dein Kind Fieber hat, und du unsicher bist, kannst du dich in den Fieberleitlinien informieren
  • Zusätzliche Kuscheleinheiten können auch hilfreich sein

5. Wie bekomme ich eine Krankschreibung, wenn ich mein Kind zuhause betreuen muss?

Die Aussicht, nicht mit krankem Kind in einer überfüllten Praxis zu sitzen, ist schon eine große Erleichterung, oder? Ein Problem allerdings bleibt: Denn zumindest berufstätige Eltern brauchen für jeden Kinderkrankentag eine Krankschreibung für den Arbeitgeber, um Kinderkrankengeld zu bekommen, Die kann entweder der Kinderarzt bzw. die Kinderärztin oder der Hausarzt bzw. die Hausärztin ausstellen, Also doch wieder der Gang in die Praxis?

Nicht unbedingt! Denn für bis zu 5 Tage dürfen Kinderärzt*innen die Bescheinigungen auch telefonisch ausstellen – oder ebenfalls per Videosprechstunde. Besonders hilfreich, wenn beide Eltern berufstätig sind oder die Betreuung kurzfristig organisiert werden muss.

Darüber hinaus gibt es auch Plattformen, die unabhängig von einer bestimmten Praxis Videosprechstunden anbieten. Dort können Eltern sich ebenfalls ärztlich beraten lassen und gegebenenfalls eine Krankschreibung bekommen. Dabei solltest du zwei Punkte unbedingt beachte, wie unser Experte erklärt: „Wichtig ist, dass solche Angebote von approbierten (staatlich zugelassenen) Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden und die Krankschreibung den gesetzlichen Vorgaben entspricht“, so Dr. Rett, der selbst über den Anbieter TeleClinic auch Videosprechstunden für Familien anbietet.

Wichtig: Die Krankschreibung gilt in der Regel für die Zeit, in der das Kind tatsächlich gepflegt werden muss. Die Bescheinigung kann dann an Arbeitgeber oder Krankenkasse weitergeleitet werden – digital oder klassisch auf Papier.

6. Was Eltern jetzt vorbereiten können

Damit es im Ernstfall leichter geht, rät Dr. Rett zu etwas Planung: „Am besten speichert man wichtige Nummern wie den Kinderarzt, die 116117 und eine Apotheke des Vertrauens im Handy ab. Eine gut ausgestattete Hausapotheke mit Fieberthermometer, Nasentropfen- oder spray sowie kindgerechten Schmerz- und Fiebermitteln ist ebenfalls hilfreich.“

Auch sollte man wissen, welche digitalen oder telefonischen Angebote die eigene Praxis bereithält. „Je besser man vorbereitet ist, desto gelassener bleibt man, wenn das Fieber plötzlich kommt.“

Vielen Dank an Dr. med. Manuel Rett für die hilfreichen Tipps!

Wie ist es bei dir: Bist du auch schon an der überfüllten Kinderarztpraxis verzweifelt? Oder ist bisher alles entspannt?

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Wiebke Tegtmeyer

Nordisch bei nature: Als echte Hamburger Deern ist und bleibt diese Stadt für mich die schönste der Welt. Hier lebe ich zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern. Nach meinem Bachelor in Medienkultur, einem Volontariat und einigen Jahren Erfahrung als (SEO-)Texterin bin ich passenderweise nach meiner zweiten Elternzeit bei Echte Mamas gelandet. Hier kann ich als SEO-Redakteurin meine Leidenschaft für Texte ausleben, und auch mein Herzensthema Social Media kommt nicht zu kurz. Dabei habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung von der Schwangerschaft über die Stillzeit bis hin zum Babybrei beschäftigt. Und wenn ihr auf der Suche nach einem Vornamen für euer Baby seid, kann ich euch garantiert passende Vorschläge liefern. Außerdem nutze ich die Bastel-Erfahrungen mit meinen beiden Kindern für einfache DIY-Anleitungen. Wenn der ganz normale Alltags-Wahnsinn als 2-fach Mama mich gerade mal nicht im Griff hat, fotografiere ich gern, gehe meiner Leidenschaft für Konzerte nach oder bin im Volksparkstadion zu finden.

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