Der Kinderwunsch kann eine Reise voller Geduld, Hoffnung und auch Unsicherheit sein. Viele Paare erleben, dass medizinische Tests und Gespräche nicht alle Fragen beantworten. Emi erzählt ihre persönliche Geschichte – von den ersten Jahren des Wartens bis zu dem Moment, in dem sie endlich Mutter wurde – und wie ihr die Psychotherapie dabei geholfen hat.
„Schon während unseres Studiums habe ich meinen Mann kennengelernt, und wir hätten nie gedacht, dass uns einmal ein Thema so sehr beschäftigen würde. Im letzten Mastersemester beschlossen wir, dass wir uns ein Kind wünschen. Es klappte nicht sofort.
Aber wir blieben entspannt und dachten: Das braucht einfach Zeit.
Doch als die Monate vergingen und der Herzenswunsch unerfüllt blieb, wurde ich immer unruhiger. Ich begann allein zahlreiche Ärzt:innen und Heilpraktiker aufzusuchen, immer mit dem Gefühl, ‚das Thema muss auf meinem Radar bleiben‘. Meine Mutter hatte ähnliche Probleme und ich war überzeugt, dass ich ihren Weg wiederholen würde.
Erst vor unserer Hochzeit sprach ich zum ersten Mal offen mit meinem Mann über meine mögliche Unfruchtbarkeit. Er reagierte gelassen: ‚Kein Problem.‘ Wir heirateten und etwas später gingen zusammen zu den Reproduktionsmedizinern.
Die Zeit bei den Kinderwunschärzten war eine Achterbahn der Gefühle.
Bei der ersten Praxis fühlte ich mich fast verloren und unpersönlich behandelt; Alles wurde so dargestellt, als hätten wir kaum Chancen ohne künstliche Befruchtung. Ich wollte nur noch weinen und suchte in der Mittagspause einen Moment für mich, um meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.
In der zweiten Praxis war der Umgang einfühlsamer, die Untersuchungen gründlicher. Der Kinderwunscharzt erklärte uns, dass es ein paar kleine Dinge wie meinen unregelmäßigen Zyklus gäbe, die aber grundsätzlich nicht dagegen sprachen, dass ich schwanger werden könnte. Trotzdem wollte die Schwangerschaft nicht eintreten.
Die Empfehlung war: abwarten oder künstliche Befruchtung.
Da mein Mann die zweite Option vorerst ausschloss, blieb uns nichts anderes übrig, als geduldig zu sein und abzuwarten.
Wir blieben beruflich aktiv, reisten viel und versuchten, den Alltag normal zu gestalten. Doch die offene Kommunikation zum Thema Kinderwunsch blieb schwierig, und oft wich mein Mann langen Gesprächen aus. Ich fühlte mich dadurch hilflos.
So vergingen sieben Jahre mit unerfülltem Kinderwunsch.
Dann sprach ich mit meiner Cousine, die Psychologie studierte. Sie fragte, ob wir schon einmal daran gedacht hätten, einen Psychologen einzubeziehen. Ich hatte nicht daran gedacht, aber warum eigentlich nicht? So begann ich eine Einzeltherapie in Form einer Psychoanalyse, die von meiner gesetzlichen Krankenkasse übernommen wurde.
Anfangs nahm ich die Sitzungen eher aus Neugier wahr, fast spielerisch. Erst als ich während einer Sitzung in Tränen ausbrach, begann ich, die Therapie wirklich ernst zu nehmen. Mein Mann probierte es ebenfalls, doch die Chemie mit seinem Psychotherapeuten stimmte von Anfang an nicht und er brach seine Therapie schon nach paar Sitzungen ab.
In der Therapie sprach ich viel über meine Kindheit und die Beziehung zu meinen Eltern.
Nach und nach merkte ich, dass es nicht nur um meinen Körper ging, sondern auch um tief verwurzelte Muster, die mich blockierten. Plötzlich erkannte ich, dass ich nicht in die Fußstapfen meiner Mutter treten musste, die selbst jahrelang mit Unfruchtbarkeit gekämpft hatte. Ich darf meinen eigenen Weg gehen – und vor allem: Ich bin vollkommen normal.
Außerdem erkannte ich, dass ich meinen Mann häufig in Schutz nahm und sein Verhalten vor anderen rechtfertigte – bei Freunden, in meiner Familie und sogar vor meiner Therapeutin. Ich projizierte eine Art mütterlichen Beschützerinstinkt auf ihn, doch ich lernte, meine Rolle als Ehefrau klar von der einer Mutter abzugrenzen.
Gleichzeitig begann ich, meine Angst vor Konflikten zu überwinden.
Deshalb konnte ich erstmals schmerzhafte Themen wie unseren Kinderwunsch offen ansprechen, ohne Schuldgefühle oder Unbehagen. Besonders ein Satz meiner Therapeutin ist mir im Gedächtnis geblieben: ‚Kommunikation in der Familie ist wie ein Tango – mal machst du einen Schritt nach vorne, mal er. Bis ihr den Tanz beherrscht, tretet ihr euch gegenseitig auf die Füße. Das gehört dazu.‘
Sechs Monate nach Beginn der Therapie wurde ich auf natürlichem Wege schwanger. Ich erfuhr davon eher zufällig, als eine Freundin mir vor einer geplanten Corona-Impfung riet, sicherheitshalber einen Schwangerschaftstest zu machen.
Er war positiv.
Heute sind mein Mann und ich glückliche Eltern eines wunderbaren, fröhlichen Sohnes. Ich bin zutiefst dankbar. Diese Dankbarkeit gibt mir Kraft, auch mit den herausfordernden Seiten der Mutterschaft – Erschöpfung, Schlafmangel, Gereiztheit – umzugehen.
All das erscheint mir nichts im Vergleich zu der seelischen Qual, die man in den Jahren eines unerfüllten Kinderwunsches durchlebt.
Ich merke bis heute, wie sehr mir die Psychotherapie geholfen hat.
Nicht nur dabei mit dem Kinderwunsch umzugehen, sondern auch meine Beziehung, meine Selbstwahrnehmung und meine Konfliktfähigkeit zu stärken.
Früher sah ich jeden körperlichen Hinweis wie ein graues Haar oder den Alterungsprozess als Bedrohung für meinen Kinderwunsch, heute betrachte ich meinen Körper mit Liebe und Dankbarkeit.
An alle Paare mit unerfülltem Kinderwunsch möchte ich sagen: Nicht alles lässt sich medizinisch messen. Manchmal gibt es unbewusste Blockaden, die wir selbst nicht sehen. Eine Psychotherapie kann helfen, innere Muster zu erkennen und neue Wege zu öffnen.
Vielleicht ist sie nicht für jeden der Schlüssel – aber manchmal ist sie genau die Tür, die den Weg zu einem erfüllten Kinderwunsch öffnet.”
Liebe Emi, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
Echte Geschichten protokollieren die geschilderten persönlichen Erfahrungen von Eltern aus unserer Community.
WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]