Zuckerfrei im ersten Jahr: „Was, darf sie nicht mal EINEN Bonbon!?“

Ihr kennt das sicher: Ich hatte ganz feste Vorstellungen davon, was meine Tochter alles dürfen wird und was nicht. Wie ich sie erziehen werde. Bevor sie geboren wurde, natürlich. Wir alle wissen aber: Das echte Leben ist anders. Ganz anders. Mann, ist das alles anders, als ich dachte!

Natürlich hat sie schon viel früher Fernsehen geschaut als ich dachte und inzwischen, mit fünf, schaut sie manchmal auch länger – auch als ich es am Morgen noch dachte 😉 Ich schaffe es nicht immer, total verständnisvoll auf sie einzugehen und manchmal werde ich auch laut. Sie hat irgendwann Saftschorle statt nur Wasser getrunken…. Und damit sind wir auch schon beim Thema.

Z.U.C.K.E.R.

Denn das ist tatsächlich ein Punkt, bei dem wir relativ lange recht streng waren. Zucker im ersten Lebensjahr haben wir größtenteils vermieden. Also solchen, der nicht „von Natur aus“ in den Lebensmitteln steckt, klar. Sondern Süßigkeiten, Kuchen oder zuckrige Getränke.

Das ging total gut und kam keinen von uns Dreien als ein echter Verzicht vor. Für meine damals so kleine Tochter kann ich das natürlich nur behaupten, aber sie kannte das alles ja nicht. Hatte also auch keinen „Jieper“.

Alles gut, also.

Wirklich?

Naja, die meiste Zeit. Manchmal wurde es doch ein wenig anstrengend. Denn was ich nie erwartet hätte: Wie man sein Kind ernährt, beschäftigt das Umfeld ja fast mehr als einen selbst!

Und so torpedierte eine ganze Reihe von Verwandten, Bekannten und Freunden unser Vorhaben (wenn man es denn überhaupt so nennen will), unser (genau – „unser“, nicht ihr) Kind eine ganze Weile von süßen Versuchungen fernzuhalten.

Dabei gab es ganz unterschiedliche Typen:

Es gab die Mitleidigen: „Wooaaasss? Du darfst keinen Kuchen? Du arme Maus.“

Es gab die Weisen: „Psst, du Laura. Wenn sie nie etwas naschen darf, wird sie später heimlich so dermaßen zuschlagen!“

Es gab die Dreisten: „Ich weiß, du sollst das eigentlich nicht. Aber ich hab diesen rosa Pudding mit Einhorn-Bröseln gesehen und MUSSTE ihn dir einfach mitbringen!“

Es gab die Raffinierten: „Du magst es nicht, wenn sich jemand einmischt? Verstehe ich total. Ich finde es ja auch total merkwürdig, dass du ihr keine Kekse gibst – aber ich würde es dir doch nie sagen!!!“ (Ähh…)

Es gab die gespielt Naiven: „Oh, ups, ach – ich hab ihr jetzt kurz EIN Gummibärchen gegeben, das war doch okay, oder?“

Und es gab die… ich weiß gar kein Wort dafür: „Mensch, Süße, ich würde dir supergerne ein Stück von meinem Kuchen geben – aber dann werden Mama und Papa ganz böse!“

Puhhh.

Wir mussten uns so oft auf die Lippen beißen und so oft „die Bösen“ spielen, bis wir uns wie die letzten Spießer vorkamen.

Dabei kam uns das selbst alles so natürlich vor. Ich denke ganz sicher nicht, dass jede Mama bei ihrem Kind auf Zucker verzichten muss – jeder hat seinen eigenen Weg. Und ich bin dafür, dass einem dieser auch zugestanden wird. Ohne Kommentare anderer.

Basta.

Ewig lange mochte meine Tochter eh nur ihr Fläschchen, dann am liebsten Obst und Gemüse. Sie verlangte gar nicht nach Süßem, dass sie eben noch gar nicht kannte.  „Das kommt doch alles früh genug.“ sagte meine kluge Mama, eine der wenigen, die das alles gut fand.

Eben. Es kam.

Quasi nebenbei und ohne Drama. Hier ein kleiner Schuss Saft ins Wasser, da ein Eis im Park, hier ein Keks, ein Kakao bei Oma… Und inzwischen gehören Süßigkeiten zum Leben meiner Tochter. Natürlich! Aber nicht im Übermaß, so wie es uns prophezeit wurde. Sondern so, wie ich es für normal halte. Normal für uns. Mal mehr, mal weniger.

Aber glaubt mir, auch dieses Maß wird in unserem Umfeld weiterhin eifrig diskutiert und kommentiert. Kennt ihr das auch?

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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Kitty
Kitty
2 Jahre zuvor

Oh ja, das leidige Thema Ernährung. Angefangen in der Schwangerschaft: „Was, du bist Vegitarierin? Da bekommt das Kind doch Mangelerscheinungen!“. Weiter gings nach der Geburt „Du fütterst aber schon Fläschchenmilch zu, nur mit der Brust bekommt er soch zu wenig!“ oder „Wie kannst du scharf/ Zitrusfrüchte/ whatever essen, wenn du stillst“ (indem ich weiß, was mein Baby verträgt) und nach etwas über 3 Monaten „Was du stillst immer noch?“. Als ich meinem Sohn mit 6 Monaten keine zur Unkenntlichkeit pürrierten Fleischgläschen geben wollte sondern lieber selbst kochte und mit dem Fleisch warten wollte, bis er physiologisch in der Lage war, bei der Oma am Tisch mitzuessen hieß es „Wie kannst du dem Kind deine Ideologien aufzwingen, der wird da krank davon!“. Dass ich mein Baby nicht mit Weißbrot und Keksen füttern wollte wurde natürlich auch argwöhnisch beäugt, schließlich gehört zum Baby doch ein schleimiges Weißbrötchen oder ein angelutschter Keks und zwar zu jeder Tages – und Nachtzeit. Dass mein Sohn durch sein Asperger Syndrom (leichter Autismus) nicht sehr viele verschiedene Gerichte bzw. immer die selbe Zubereitungsart mochte, wurde mit „Wenn du ihn hungern lässt, dann hört er mit dem Blödsinn auf“ kommentiert. Dass er sich Sachen, die er wissentlich nicht mochte nicht auf den Teller nahm mit „Er muss sich von allem was nehmen und probieren“. Allgemein schien die die Ernährung meines Sohnes eine öffentliche Angelegenheit zu sein, die es im Plenum zu diskutieren galt.

Susann
Susann
2 Jahre zuvor

Ja, kann man alles bestätigen. Ich hab bis 1,5 K1 gestillt. Da hab ich bis zum ersten Geburtstag die geschenkten Süßigkeiten an mich genommen und zum Kind gesagt, dass er das „gefiltert“ bekommt, also ich es esse und er dann gestillt wird.
Aber auch jetzt wird um die Weihnachtszeit natürlich auch kommentiert, wenn wir Plätzchen backen, naschen und zum Vesper essen.

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3 Jahre zuvor

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