Wie es nach 12 Wochen Horror endlich mit dem Stillen geklappt hat

Foto: Timea Sternkopf

Unsere Autorin Timea Sternkopf ist Mutter einer dreijährigen Tochter und wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von München. Hier berichtet sie regelmäßig von ihren Erfahrungen als Mama, heute übers Stillen:

Wenn ich stillende Mütter sehe, bin ich froh, dass meine Tochter aus dem Still-Alter raus ist. Nun müssen wir uns „nur“ noch Gedanken machen, dass sie sich gesund genug ernährt.

Es gibt sicher viele Mamas, die mir in diesem Punkt widersprechen werden und sich nach der unbeschwerten Stillzeit zurücksehnen: Kind schreit, Brust raus, Kind satt, Kind ruhig. Ich freue mich für alle Mütter, bei denen das Stillen so unproblematisch funktioniert hat.

Es muss ein Segen sein, wenn diese enge Mutter-Kind-Beziehung von Anfang an reibungslos abläuft. Ich war immer schon erstaunt über Berichte von Mamas, die auf die Frage, wie oft ihr Baby in der Nacht Hunger hat, antworten: „Das weiß ich gar nicht so genau, denn ich wache dabei kaum auf, der Kleine dockt einfach an und wir schlafen weiter“.

So war es bei uns leider nicht. Meine Tochter kam in der 36. Woche als Frühchen zur Welt und das Stillen wollte einfach nicht klappen. Der wenig einfühlsame „Still-Terror“ des Personals in den ersten drei Tagen im Krankenhaus half nicht sonderlich, dass mein kleines Mini-Baby besser an meinen nicht allzu ausgeprägten Brustwarzen saugen konnte. Ich war am Boden zerstört, dass dieser natürliche Vorgang bei uns einfach nicht funktionieren wollte.

Doch aufgeben wollte ich auf gar keinen Fall. Und so begann meine zwölf Wochen lange Tour-de-Force aus Abpumpen mit Doppel- und Einzelpumpe, gescheiterten Stillversuchen, Brustentzündungen und Stillhütchen in allen Formen und Größen. Zusätzlich zu der Brustverweigerung meines kleinen Engels kam erschwerend die mangelnde Milchmenge hinzu. Das Zufüttern ließ sich nicht vermeiden.

Ein Fläschchen ist noch lange nicht das Ende der Welt, ich selber bin auch ohne einen Tropfen Muttermilch groß geworden. Doch ich wollte nun mal stillen, und es belastete mich psychisch enorm, dass ich nicht in der Lage war, mein Kind zu stillen. Ich versuchte wirklich alles und sog sämtliche Tipps meiner Hebamme, meiner Freundinnen und aus dem Internet begierig auf. Hin und wieder klappte es mit Stillhütchen, aber so richtig gefunkt hat es zwischen meiner Tochter und diesen Silikonaufsätzen auch nicht.

Mein Mann war eine Riesen-Hilfe und ich weiß gar nicht, wie ich das ohne ihn geschafft hätte. Ursprünglich wollte er einen Monat Elternzeit gleich nach der Geburt nehmen und einen Monat ein Jahr später. Nachdem er sah, was ich für Schwierigkeiten hatte, nahm er den zweiten Monat Elternzeit gleich im Anschluss an den ersten.

Mein Mann war mir eine wunderbare Hilfe. (Symbolbild) Foto: Bigstock

Alle drei Stunden weckte uns unser lautes, liebes Baby. Während einer von uns das Baby beruhigte, bereitete der andere das Fläschchen vor. Danach ging es ab auf die Couch: Ich holte die Milchpumpe und mein Mann gab unserer Tochter das Fläschchen. Die Menge, die ich abpumpte, reichte für rund jede zweite Mahlzeit. Egal, wie oft ich abpumpte, es reichte nicht für mehr.

Milchpumpen gibt es übrigens auf Rezept vom Frauen- oder Kinderarzt, man muss keine teure Pumpe selber kaufen. Lediglich eine Zuzahlung für ein Doppelpumpset fällt an, was sich allerdings sehr lohnte, da ich den Abpumpvorgang doppelt so schnell hinter mich brachte und dadurch doppelt so viel Zeit mit meinem Baby im Arm hatte.

Der Nachteil beim Doppelpumpset: Du hast keine Hand frei, um die Nase zu kratzen, wenn sie juckt. Dafür empfiehlt sich die helfende Hand deines Partners. Scherz beiseite – wer das tägliche Abpumpen kennt, weiß, wie mühsam das ist. Ich fühlte mich immer wie eine Kuh, wie ich da auf dem Sofa saß mit dem rhythmischen Geräusch im Hintergrund: Dumpa-dumpa-dumpa-dumpa…

Zwölf Wochen „Stillkampf“ ohne nennenswerte Verbesserung vergingen, und ich konnte nicht mehr. Plötzlich beschloss mein kleines Mädchen, dass Mamis Brust doch nicht so schlecht war, und siehe da, es klappte schließlich. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich unter Tränen einen letzten Versuch startete und meine Tochter anlegte.

Aus heiterem Himmel fing sie an zu saugen, und von da an klappte es. Ich stillte sie knapp ein Jahr lang. Sie voll zu stillen ging zwar nicht, aber das war okay so. Dadurch, dass sie auch das Fläschchen bekam, konnte ihr Papa sich ebenso um sie kümmern und eine enge Bindung zu ihr aufbauen.

Leider dockte mein kleiner sensibler Schreihals in der Nacht nicht einfach im Liegen an, ich musste mich immer aufrecht hinsetzen zum Stillen. Das Stillkissen war mein bester Freund für knapp ein Jahr lang.

Wenn ich an meine Stillgeschichte denke, dann überkommt mich ein gewisser Stolz, dass ich solange durchgehalten habe. Zwölf Wochen Stress – dabei ging es doch nur um ein „bisschen“ Milch. Dieses bisschen Milch, das auf die ein oder andere Weise das erste Babyjahr so dominiert.

Mein Rat an alle Mütter, die Probleme mit dem Stillen haben: Sucht euch eine Stillberaterin oder einen Stilltreff. Ich machte den Fehler aus Unwissenheit, dass ich die Stillberatung mit einer Art „Sekte“ verglich. Stillcafé und Stilltreffs? Wie skurril, dachte ich damals… Hätte ich es mal lieber ausprobiert, statt es zu verurteilen. Mittlerweile weiß ich von einer Freundin, dass eine Stillberaterin und der offene Austausch mit anderen Müttern sehr hilfreich sein kann.

Und glaubt mir: Irgendwann kommt wieder die Zeit, wo Milch einfach nur eine Flüssigkeit ist, die du deinem Kaffee beifügst. Nicht mehr und nicht weniger.

Timea Sternkopf
Ich lebe mit meiner knapp dreijährigen Tochter und meinem Mann in München und arbeite als freie Autorin und Dolmetscherin. Ich bin nicht nur eine echte Mama, sondern auch ein echter Film- und Serienjunkie. Neben „Game of Thrones“ hege ich eine ebenso große Liebe zu thailändischem Essen und zum Reisen.

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