Was Eltern niemals zugeben: Laut Studien haben fast alle Lieblingskinder

„Du warst doch schon immer Mamas Liebling!” Ein Satz, der viel Verbitterung enthält. Vielleicht hast du als Kind selbst manchmal geglaubt, dass deine Geschwister mehr Liebe bekommen als du. Nun bist du selbst Mutter und bemerkst möglicherweise, dass du eines deiner Kinder bevorzugst. Vielleicht merkst du es auch nicht, aber dass du es tust, das ist laut Studien sehr wahrscheinlich.

Selbst wenn sie es insgeheim so empfinden: Die meisten Eltern würden niemals zugeben, dass sie ein Lieblingskind haben.

Das Thema ist ein Tabu, schließlich haben alle Kinder das gleiche Recht auf Liebe. Trotzdem sind wir Menschen und unsere Gefühle können wir nicht einfach steuern. Wenn dann doch mal eine Mutter offen zugibt, dass sie ein Lieblingskind hat, lässt der Shitstorm meistens nicht lange auf sich warten.

So geschehen in der britischen Fernseh-Show „This Morning“, in der eine vierfach Mama verkündet, dass ihre jüngste Tochter definitiv ihr Liebling sei. Begründung: „Sie ist einfach so unkompliziert.” Auch vor ihren Kindern mache sie keinen Hehl daraus, dass sie zwar alle lieben würde, aber eines von ihnen mehr als die anderen. Es ist wohl nicht schwer, sich vorzustellen, was das mit kleinen Kinderseelen macht.

Es ist ein ungeschriebenes Familiengesetz, dass Eltern ihre Kinder alle gleich lieben müssen.

Deswegen wird das Folgende bei den meisten Menschen nicht gut ankommen: Eine Studie der University of California hat längst gezeigt, dass das nicht der Realität entspricht. 70 Prozent der Väter und 65 Prozent der Mütter gaben an, dass sie ein Kind bevorzugen. Autsch.

Mütter und Väter haben meistens unterschiedliche Lieblingskinder. Typischerweise bevorzugen Mütter den ältesten Jungen und Väter das jüngste Mädchen. Die Wissenschaftler*innen sind sich außerdem einig: Die Dunkelziffer der Eltern mit Lieblingskindern dürfte noch ein ganzes Stück höher sein, womit es fast alle Eltern betreffen würde.

Welches Kind das Lieblingskind wird, lässt sich allerdings nicht wirklich vorhersagen.

Für manche Eltern ist es der Erfolg, für andere Schönheit, für wieder andere das Geschlecht, das entscheidet. Oft sind es die Kinder, die ihren Eltern am ähnlichsten sind. Dieses Favorisieren sei in unserer Spezies fest verankert und daher „ganz normal”, so schlimm wie das auch klingen mag.

Doch die Ergebnisse der Studie gehen noch weiter: Es kam ebenfalls ans Tageslicht, dass das Lieblingskind mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung von seinen Eltern erhält. Auch dann, wenn die Eltern sich gar nicht der Tatsache bewusst sind, dass sie eines ihrer Kinder favorisieren. Zum Glück passiert das in den meisten Familien sehr subtil, denn wenn das Bevorzugen zu offensichtlich ist, leiden die Kinder und auch das Verhältnis der Geschwister untereinander.

Offensichtliche Favoriten-Kinder gefährden den Familienfrieden

Vielleicht ist der dreijährige Sohn gerade in einer schwierigen Autonomiephase, sagt zu allem „Nein!“ und bekommt regelmäßig Wutanfälle? Dann ist die Versuchung groß, mehr Zeit mit der pflegeleichten und anschmiegsamen Tochter zu verbringen. Das ist zwar menschlich, aber ungerecht. Das „schwierigere” Kind benötigt wahrscheinlich gerade ganz besonders viel Zuneigung.

Der Münchner Familienforscher Hartmut Kasten erklärt dazu in der Süddeutschen Zeitung: Dauerhaft vernachlässigte Kinder sind selten „glücksfähig”. Denn wo Eltern, bewusst oder unbewusst, ein Kind den anderen vorziehen, entstehe Rivalität. So würden die innerfamiliären Konflikte an den Kindern ausgelebt und das könne zu Traumata führen.

Übrigens ist auch für die „Goldkinder” keine glückliche Zukunft garantiert.

Die Soziologin Jill Suitor von der Purdue University in West Lafayette hat das unlängst aufgedeckt. Ihre Forschungsergebnisse lassen sich im „Journal of Gerontology: Social Sciences” nachlesen. Demnach haben Lieblingskinder eine Tendenz dazu, im Laufe ihres Lebens an Depressionen zu erkranken. Grund seien vermutlich die großen Schuldgefühle, die die Favoriten der Eltern ihren Geschwistern gegenüber empfinden.

Offenbar ist es weder für die Favoriten, noch für deren Geschwister förderlich, wenn die Bevorzugung der Eltern zu deutlich wird. Für Mütter und Väter ist es also aus mehreren Gründen wichtig, dass sie sich bewusst vornehmen, alle Kinder gleich zu behandeln. Immerhin hilft es, wenn Eltern sich darüber im Klaren sind und sich bemühen, das Ungleichgewicht auszugleichen.

Deine Meinung zum Thema Lieblingskind

Spürst du auch, dass du ein Lieblingskind hast oder hältst du das für Blödsinn? Oder empfindest du es wie die Mutter aus unserer Community, die sagt: „Ja, ich habe ein Lieblingskind – mal das eine, mal das andere!Verrate uns deine Meinung dazu gerne in den Kommentaren!

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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