Warum Sport sich negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken kann

Was machen Frauen, die schwanger werden wollen und gleichzeitig ihre Sportroutine nicht aufgeben möchten? Die Frage ist, ob die körperliche Anstrengung die Fruchtbarkeit mindern kann? Wenn man es übertreibt mit dem Sport, dann kann sich das tatsächlich negativ auf die eigene Gesundheit auswirken. Aber wann ist zu viel zu viel? Ist fünf Mal die Woche Yoga und ein Mal Joggen schon zu viel, um schwanger zu werden? Hier sind ein paar Infos zum Thema Sport vor der Schwangerschaft.

Dieser Artikel erklärt Dir, wie Du sicher Sport treiben kannst, und hilft Dir selbst einzuschätzen, ob Deine Sportroutine Deinen Zyklus negativ beeinflusst.

Moment mal, ich dachte Sport ist gesund!?

Lass uns erstmal etwas klarstellen: Regelmäßige Bewegung ist gut für Gesundheit und das Wohlbefinden. Mit Sport kannst du ein gesundes Gewicht halten, deinen Kreislauf in Schwung bringen und dich einfach gut fühlen. Es gibt nichts grundsätzlich Schlechtes an Sport, was deine Fruchtbarkeit reduzieren kann. Probleme treten bei manchen Frauen dann auf, wenn ein Energiemangel vorliegt, sie also mehr Energie verbrauchen als sie zu sich nehmen. Einen Energiemangel zu entwickeln ist einfacher, als viele Frauen denken.

Sport und Energiemangel

Deine Fruchtbarkeit reagiert sehr empfindlich auf Energiemangel, und das ist auch gut so. In Zeiten von Hungersnöten mussten unsere Vorfahren täglich vielleicht kilometerweit laufen, nur um etwas Essbares zu finden. Dadurch wurden Kinder erst dann gezeugt, wenn es genügend zu Essen gab, um sie auch zu ernähren. Wenn du diesen Artikel liest, dann musst du dir wahrscheinlich keine Sorgen darüber machen, wo du deine nächste Mahlzeit hernimmst. Warum solltest du also über Energiemangel nachdenken?

Das moderne westliche Schönheitsideal ist der Grund. In unserer Gesellschaft wachsen Mädchen leider oft mit dem Bild auf, dass ihre Kleidergröße etwas über ihre Persönlichkeit aussagt. Hast du jemals versucht, Gewicht zu verlieren, bestimmte Nahrungsmittel wegzulassen, dein Hungergefühl ignoriert oder mehr Sport getrieben ohne gleichzeitig deine Energiezufuhr zu erhöhen? Wenn du eine dieser Fragen mit ja beantwortet hast, dann stehen die Chancen gut, dass du Energiemangel bereits erlebt hast.

Energiemangel kann auch dann auftreten, wenn du keinen super niedrigen Körperfettanteil hast. Dein Körper braucht eine regelmässige Energiezufuhr, um seine Grundfunktionen ausführen zu können. Bei einem BMI von 25 oder niedriger solltest du genau darauf achten, dass du genügend und ausgewogen isst. Grundsätzlich geht es deinem Körper gut, wenn du einen gesunden Menstruationszyklus hast.

Wie groß ist das Problem?

Menstruelle Unregelmäßigkeiten aufgrund von Sport treten häufiger auf als man denkt. Einige Studien schätzen sogar, dass bis zu 60% aller Frauen, die regelmäßig Sport treiben, davon betroffen sind. Eine Studie hat die Zyklen von sporttreibenden und nicht-sporttreibenden Frauen verglichen. Das Ergebnis: Bei denen, die sich regelmäßig bewegen, waren 25% der Zyklen ohne Eisprung und weitere 25% der Zyklen wiesen eine kurze zweite Zyklushälfte – auch Lutealphase genannt – auf. Nur 48% dieser Frauen hatten einen normalen Zyklus. Zum Vergleich: 95% der Frauen ohne regelmäßige Sportroutine hatten einen normalen Zyklus.

Eine andere Studie fand ebenfalls heraus, dass Frauen die keinen Sport treiben, regelmäßiger ihren Eisprung haben. 95% dieser Probandinnen hatten einen regelmäßigen Eisprung, verglichen mit 32% der sportlichen Frauen. Wenn dich diese Zahlen erschrecken, dann bist du nicht allein. Weil der Einfluss von Energiemangel auf die Fruchtbarkeit nicht immer offensichtlich ist, wird dieses Problem oft nicht wahrgenommen.

Die extremste Form von sportbedingter Menstruationsstörung ist die hypothalamische Amenorrhoe. Dabei stoppt der Zyklus komplett. Wenn dir das passiert, dann fällt es Dir sicherlich auf (außer du benutzt ein hormonelles Verhütungsmittel, welches die Symptome verdeckt). Es gibt aber auch andere, subtilere Menstruationsstörungen, die trotz einer regelmäßigen Periode auftreten können. Sie sind nicht einfach zu diagnostizieren, aber sie können zur Unfruchtbarkeit beitragen (und auch zu anderen ernsten Gesundheitsproblemen).

Die meisten Frauen wissen, abgesehen von ihrer Periode nicht, was während ihres Zyklus vor sich geht. Es ist auch für Ärzte schwer, diese Probleme festzustellen. Sie müssen dafür nämlich während verschiedener Phasen des Zyklus die Hormonwerte ihrer Patientin testen. Das Beste, was du tun kannst, um die Gesundheit deines Zyklus festzustellen, ist ihn zu tracken.

Erste Zyklusphase Dysfunktion

Eine normale Lutealphase – die Zeit direkt nach dem Eisprung – dauert 12 bis 14 Tage.

Aufgrund von Energiemangel könntest du einen regelmäßigen Zyklus mit Eisprung haben, aber eine kurze Lutealphase von zehn oder weniger Tagen. Mit der kurzen Lutealphase geht auch oft eine verlängerte zweite Zyklushälfte – die Follikelphase – einher. Du könntest einen augenscheinlich perfekten 28-tägigen Zyklus haben, bei dem die Follikelphase aber 21 Tage dauert und die Lutealphase nur sieben. Dadurch wird deine Chance auf eine Schwangerschaft stark gemindert.

Ausbleiben des Eisprungs (Anovulation)

Bei einem anovulatorischen Zyklus steigt der Östrogenwert nicht stark genug an, um jene Kettenreaktion auszulösen, die letztendlich zum Eisprung führt. Es ist möglich, dass du deine Periode regelmäßig bekommst, ohne dass ein Eisprung stattfindet. Du kannst feststellen, ob du einen Eisprung hast, indem du regelmäßig deine Temperatur misst.

Unregelmäßiger Zyklus

Energiemangel kann zu langen, unregelmäßigen Zyklen führen, bei denen ein Eisprung stattfindet oder eben nicht. Dieses Leiden ist bisher nicht ausführlich erforscht worden und tritt mit sehr verschiedenen Hormonwerten auf. Einer der häufigsten Gründe für unregelmäßige Zyklen ist das PCO-Syndrom, kurz für polyzystisches Ovarialsyndrom (eine Hormonstörung), aber Energiemangel kann auch ein Grund sein. Es ist schwer festzustellen, was die Ursache ist. Eine gründliche Untersuchung beim Arzt ist deshalb ratsam. Dem Problem auf den Grund zu gehen ist sehr wichtig, denn das PCO-Syndrom und Energiemangel erfordern sehr unterschiedliche Behandlungen.

Hypothalamische Amenorrhoe

Die schwerwiegendste Menstruationsstörung ist das komplette Wegfallen des Zyklus. Es ist unmöglich, schwanger zu werden, wenn du keinen Zyklus hast. Das Problem geht auch
einher mit anderen Konsequenzen für deine Gesundheit, die nichts mit Fruchtbarkeit zu tun haben.

Die gute Nachricht

Falls dieser Artikel dich deprimiert hat, dann lies jetzt unbedingt weiter, denn es gibt auch viele gute Nachrichten:

Sport ist nicht das Problem!

Studien haben erforscht, ob Sport selbst das Problem sein könnte und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass dem nicht so ist. Es geht wirklich nur um Energiemangel. Wenn man aber bedenkt, wie häufig Menstruationsstörungen bei Frauen auftreten, dann scheint ein Energiemangel sich schnell entwickeln zu können. Glücklicherweise kannst du einen gesunden Zyklus aufrechterhalten, indem du genügend Kalorien zu Dir nimmst.

Sport scheint Deiner Fruchtbarkeit nicht permanent zu schaden.

Wenn du den Energiemangel behebst, dann sollte sich deine Fruchtbarkeit wieder erholen. Das könnte zwar eine Weile dauern und bedeuten, dass du das oben genannte Spektrum rückwärts durchläufst (von der hypothalmischen Amenorrhoe zum unregelmäßigen Zyklus, über die kurze Lutealphase bis hin zum gesunden Zyklus). Deshalb solltest du sichergehen, dass dein Energiebedarf wieder komplett gedeckt ist. Ansonsten könntest du in einer der subklinischen Stufen hängen bleiben. Deine Energiebilanz wiederherzustellen kann einige Zeit dauern. Wenn du versuchst, schwanger zu werden, dann bist du wahrscheinlich etwas ungeduldig. Medikamente können dir dabei helfen, den Prozess zu beschleunigen. Sie sind aber nur dann sinnvoll, wenn du bereits Fortschritte gemacht hast und deinen Energiemangel durch weniger Sport und eine höhere Kalorienzufuhr reduziert hast.

Falls du zunehmen musst, sind es vielleicht nur ein paar Kilo.

Es ist normalerweise nicht viel Gewicht, das du zunehmen musst, um einen gesunden Zyklus wiederherzustellen. Es könnten nur zwei bis fünf Kilo sein, die zwischen dir und optimaler Gesundheit und Fruchtbarkeit stehen. Ist es wert, diese Dinge aufzugeben, nur um in eine Jeans der Größe 34 zu passen?

Keine Zeit, den ganzen Artikel zu lesen? Hier ist eine Zusammenfassung:

Energiemangel kann sich negativ auf deinen Zyklus auswirken.

Es ist einfacher einen Energiemangel zu entwickeln, als viele Frauen denken –besonders, wenn du Sport treibst

Deine Idee davon, wie ein „gesunder“ Körper aussieht (flacher Bauch, muskulöser Hintern, schmale Hüften – ist möglicherweise nicht gesund für dich. Für viele Frauen ist die Menge an Kalorien, die sie brauchen, um einen Energiemangel zu vermeiden, nicht vereinbar mit einem solchen Körper. Der Körper, mit dem du einen normalen Zyklus haben kannst, ist einer, der gesund ist.

*In diesem Bericht werden keine Frauen mit einem BMI über 25 berücksichtigt. Frauen, die ihr Sportpensum plötzlich rapide erhöhen und weniger Kalorien zu sich nehmen, können an Menstruationsstörungen leiden. Es gibt aber auch Fälle, in denen Gewichtsabnahme bei übergewichtigen Frauen die Fruchtbarkeit erhöht. Das sind komplizierte und individuelle Fälle, die wir in unseren nächsten Posts näher behandeln werden.

Tamara Müller
Als süddeutsche Frohnatur liebe ich die Wärme, die Berge und Hamburg! Letzteres brachte mich vor sieben Jahren dazu, die Sonne im Herzen zu speichern und den Weg in Richtung kühleren Norden einzuschlagen. Ich liebe die kleinen Dinge im Leben und das Reisen. Und auch wenn ich selbst noch keine Kinder habe, verbringe ich liebend gerne Zeit mit ihnen.

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