„Verstehe es doch: Ich möchte nicht deine Mama-Freundin sein!“

Du bist mir schon bei der Einschulung aufgefallen. Du bist hübsch, ein auffälliger Typ Frau, strahlst in die Welt hinaus und deine Stimme tönt selbstsicher über den Schulhof, wenn du dich mit anderen Eltern unterhältst.

Man kann dich nicht übersehen. Und eigentlich ,muss‘ man dich mögen.

Und so ist es auch kein Wunder, dass es keine zwei Wochen gedauert hat, bis du eine ganze Entourage von Müttern um dich herum versammelt hattest. Jeden verdammten Morgen passiert es: Sie hängen an deinen Lippen, ihr kichert, trinkt noch gemütlich einen Kaffee-to-go zusammen, wenn die Kleinen schon oben in der Klasse sitzen und ihre ersten Schreibübungen machen.

Ich kann nicht weghören, wenn ich mein Rad abschließe: Es sind immer dieselben Themen, die ihr bekakelt. Lass es vier, fünf Punkte sein, die rotierend durchgekaut werden. Am liebsten regt ihr euch über die Klassenlehrerin auf. Dann werden Spitzen über eure Männer verteilt. Top 3 der morgendlichen Themen: Die unglaublichen Leistungen eurer Kinder… Ab und zu bekommen dann noch die (natürlich abwesenden) Eltern der ,Problemkinder´ ihr Fett weg.

Nachmittags auf dem Spielplatz geht es weiter so. Anderer Schauplatz, die gleichen Gespräche. Und: Ganz klar, dass eure Kinder sich alle blendend verstehen und ihr auch am Wochenende ganz viel miteinander macht.

Ich war fein damit, solange ich stille Zuhörerin war. Es war mir einfach egal.

Aber eines Morgens riefst du mich zu eurer Gruppe. Das fand ich eigentlich nett, hatte aber gleichzeitig gar keine Lust, mich zu euch zu gesellen. Und so lächelte ich höflich, kicherte zwei Mal mit und verabschiedete mich dann. (Ich meine: Ich muss auch irgendwann mal im Büro ankommen! Wie macht ihr das denn alle?)

Das war dir anscheinend nicht genug. Ich habe fast das Gefühl, dass du gemerkt hast, dass ich nicht so begeistert bin – und das deinen Jagdinstinkt geweckt hat:

Eine Mutter, die sich nicht geehrt fühlt, morgens mit dir abhängen zu dürfen? Das kann doch wohl nicht sein!

Und seitdem bis du hartnäckig. Du nötigst mir schon morgens deine Geschichten auf. Du schreibst mir regelmäßig WhatsApp-Nachichten mit Vorschlägen für Spiele-Dates. Du hast meine Band-Shirts gesehen und verlinkst mich auf Instagram regelmäßig bei passenden Beiträgen.

Ich möchte das alles nicht. Was soll das denn? Und – wie sage ich dir das?

Wie sage ich dir, dass sich unsere Kinder einfach nicht verstehen?

Sie spielen nicht miteinander in den Pausen, warum sollten sie es denn am Nachmittag tun? Nur, weil ,wir‘ es uns wünschen? So ein Quatsch! Ich wette übrigens, dass sich die Hälfte der Kinder eurer Mütter-Clique schon bald nicht mehr gegenseitig riechen kann – was macht ihr denn dann? Das ignorieren?

Wie sage ich dir, dass uns nichts verbindet?

Ja, wir sind beide Mütter. Und ja, unsere Kinder gehen beide in dieselbe Klasse. Na und!? Das hat doch einfach nichts damit zu tun, dass wir uns ähnlich wären oder so. Das sind wir nicht, kein bisschen.

Wie sage ich dir, dass ich Smalltalk hasse?

Und ja, wenn wir gezwungen am Schultor miteinander reden, ist das nichts anderes als Smalltalk. Du kennst mich doch gar nicht – als ob es dich also wirklich interessiert, dass mein Kind Fußball hasst!

Wie sage ich dir, dass ich keine neuen Freundschaften brauche?

Ich habe Freundinnen. Nicht wahnsinnig viele, aber genug. Ich kenne sie schon ewig, ich vertraue ihnen blind, ich liebe sie. Unter ihnen sind auch Mamas. Mit tollen Kindern. Mit einigen davon versteht sich mein Kind und wir unternehmen viel zusammen. Damit sind meine Kapazitäten erschöpft. Denn es gibt ja auch noch meinen Mann, mit dem wir Ausflüge etc. machen – und Nachmittage, an denen mein Kind und ich es uns einfach zu Hause gemütlich machen.

Wie sage ich dir, dass mein Kind keine neuen Freundschaften braucht?

Wie gesagt: Mein Kind hat Freunde. In der Schule. Und im ,Privaten´. Diese Freunde hat es sich selbst ausgesucht. Und ist glücklich damit. Es braucht keine neuen, die ich ihm ,andrehe` und es braucht auch keine neuen Nachmittags-Aktivitäten, bei denen sich ,aber doch die ganze Klasse trifft‘! Jeden Tag eine andere Verpflichtung wie Sportverein, Chor, Schach-AG? Come on! Klingt für mich nach purem Stress.

Ich weiß es nicht, wie ich dir das schonend begreiflich machen soll. Denn andersherum hätte ich die Zeichen längst gedeutet und würde sicher nicht länger um mich buhlen. Du hast doch so viele Kontakte, du brauchst mich nicht!

Ich will nicht mit euch lästern. Ich will nicht mit dir über mein Kind reden. Ich werde niemals in deine elitäre Clique einsteigen. Aber sei darüber nicht traurig: Du würdest mich nach kurzer Zeit sowieso hassen.“

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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