Unser Sechser im Lotto: ein Platz im Schwimmkurs!

Ich kann es nicht glauben: Am Freitag gehen mein Sohn und ich zu einem Sichtungsschwimmen. Vielleicht bekommt er dann sogar einen Platz in einem Schwimmkurs! Und darauf mussten wir gerade einmal… anderthalb Jahre warten!

Daran ist nicht nur Corona Schuld

Für mich  war immer klar, dass unser Sohn früh schwimmen lernt. Den ersten Versuch haben wir 2020 unternommen, als er fünf Jahre alt war. Dann kam Corona. Als die Schwimmbäder öffneten, versuchte ich mein Glück erneut.

Zuerst dachte ich, der Mensch am anderen Ende hätte sich versprochen, als er meinem Sohn Anfang 2021 einen Termin für Ende August 2022 anbot. Dabei meinte er es genau so, ich habe trotzdem ungläubig gekichert. Zumindest bei uns in Hamburg scheint man mit Wartelisten eine Marathonstrecke pflastern zu können. Rund 7500 Kinder hoffen hier darauf, um einen Kurs zu finden, um endlich ihr Seepferdchen zu machen.

Ist mal wieder Corona Schuld? Auch, aber nicht nur. Die Pandemie hat eine ohnehin schon schwierige Situation bloß verschärft, die Wartelisten waren schon vorher lang. Wegen des Personalmangels in Schwimmbädern und weil das Geld fehlt, um marode Halle zu sanieren.

„Dann bringt es ihm doch selbst bei!“

Okay, okay, haben wir ja versucht. Allerdings lässt bei unserem Sohn die Motivation schnell nach, wenn Mama oder Papa ihm etwas beibringen wollen, und ich habe selbst keine so dolle Schwimmtechnik. Einem ausgebildeten Trainer gelingt das viel besser.

Außerdem sind mein Mann und ich berufstätig – da finden wir nicht immer die Zeit, so regelmäßig Schwimmen zu gehen, dass unser Sohn es am Ende sicher beherrscht. Immerhin ist uns das Seepferdchen so gelungen. Unser Sohn war tierisch stolz, genau wie wir. Auch wenn dieses Abzeichen oft nicht mehr bedeutet, als dass man sich gerade so über Wasser halten kann.

Selbst Viertklässler  können immer seltener wirklich schwimmen, in Hamburg ist es gerade einmal noch die Hälfte. Wo waren die Eltern?, heißt es, wenn tatsächlich mal wieder ein Kind ertrinkt. Oft hagelt es dann mehr Vorwürfe als Mitgefühl. Und es stimmt ja auch. Wir Eltern sind verantwortlich für unsere Kinder. Aber ein Viertklässler zum Beispiel ist zehn Jahre alt. Der will nicht mehr dauernd an der Hand gehalten und überwacht werden.

Wie wäre es mit kostenlosen Schwimmkursen für alle?

Ein paar Eltern konnten für ihre Kinder doch etwas schneller als wir einen Platz sichern – zum Beispiel in einem Kurs, der 500 Euro kostet oder einem, der für etwas weniger Geld gleich fünfmal die Woche stattfindet – immer nach 17 Uhr. Jeden Abend in der Schwimmhalle zu verbringen, hätte unser Sohn in der ersten Klasse nicht gepackt. Wir auch nicht.

Deshalb finde ich die Idee ziemlich gut – schon in KiTas (kostenlose) Schwimmkurse anzubieten, denn für manche Eltern sind Kurse, wenn es denn welche gibt, unerschwinglich. Manche Bundesländer testen solche Angebote bereits. Fehlen nur noch das Personal und intakte Schwimmhallen, um die Idee auch außerhalb von solchen Pilotprojekten umzusetzen.

Jana Stieler
Ich lebe mit Mann und Sohn im Süden Hamburgs – am Rande der Harburger "Berge" (Süddeutsche mal kurz weghören: Der höchste Punkt misst immerhin sagenhafte 155 Meter ü. M.). Wenn ich nicht gerade einen Text verfasse, liebe ich Outdoor-Abenteuer mit meiner Familie, lange Buch-Badewannen-Sessions mit mir allein und abendliches Serien-Binge-Watching.

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