„Noch im Bauch erlitt mein Baby Hirnblutungen und einen Schlaganfall.“

„Nun bringe ich auch mal den Mut auf, unsere Geschichte zu erzählen. Nicht um irgendwelche Tipps zu bekommen, sondern lediglich, um das alles einfach mal nieder zu schreiben und vielleicht ist ja die eine oder andere Mama dabei, die sich mit etwas Ähnlichem auseinandersetzen muss.

Also, es begann alles mit einem positiven Schwangerschaftstest. Unser Sohn ist ein absolutes Wunschkind und wir waren soooo überglücklich. Ich hatte die ersten sechs Monate eine absolut unkomplizierte Schwangerschaft. Keinerlei Beschwerden, keine Übelkeit – einfach nichts. Ab der zwanzigsten Woche fing dann alles an.

Meine Frauenärztin stellte bei einer Routineuntersuchung fest, dass ich zu viel Fruchtwasser hatte.

Der kleine Zuckertest wurde veranlasst. Er war etwas auffällig, also wurde ich zum Diabetologen für den großen Zuckertest überwiesen. Dieser war allerdings komplett unauffällig. Das war natürlich erstmal etwas  Gutes, allerdings war die Ursache für das viele Fruchtwasser nicht gefunden. Danach bekam ich eine Überweisung zur Pränataldiagnostik. Dort wurde neben dem vielen Fruchtwasser festgestellt, dass unser kleiner Prinz eine vergrößerte Leber hatte.

Somit kam der Verdacht eines Hyperinsulinismus auf. Das bedeutet, dass das Kind zu viel Insulin produziert. Allerdings sprach der Zuckertest dagegen, weil der ja unauffällig war. Nun stand ich vor der Entscheidung, ob ich eine Entlastungspunktion des Fruchtwassers mache, um meine Gebärmutter und den Gebärmutterhals zu entlasten und somit das Risiko einer Frühgeburt zu verringern. Ich entschied mich trotz aller Risiken für diese Punktion. Mir wurden im Krankenhaus 2,2 Liter Fruchtwasser punktiert. Die Hoffnung, dass es sich damit erledigt hätte, war groß.

Leider wurden wir enttäuscht.

Aber keine drei Wochen später hatte ich sogar noch mehr Fruchtwasser als vor der Punktion. Also entschied ich mich für eine zweite Entlastungspunktion. Dieses mal wurden mir 1,8 Liter punktiert. Auch hier wieder Hoffnung, die leider wieder enttäuscht wurde. Das Fruchtwasser wollte einfach nicht weniger werden. In der Zwischenzeit wurde ich auf Insulin eingestellt, als Versuch, dagegen anzugehen. Knapp eine Woche nach der zweiten Punktion hatte ich eine weitere Kontrolle in der Pränatalen.

Und dann wurde es auf einmal ernst. Ich war 33+2 und hatte somit noch knapp 7 Wochen zum Entbindungstermin, da wurde beim Ultraschall sichtbar, dass sich Wasser um die Lunge meines Sohnes gebildet hatte. Der Chefarzt der Kinderintensivstation kam dazu und die Ärzte entschieden, dass ich am nächsten Tag einen Kaiserschnitt bekomme. Vorher bekam ich noch ein CTG und dabei fiel dann plötzlich auf, dass die Herzfrequenz von unserem kleinen Prinzen viel zu niedrig war.

Sofort ging es in den Kreißsaal, um das zu überwachen.

Ich war aber kaum drin, da hieß es schon, dass ich einen Notfall-Kaiserschnitt benötige, um meinem Jungen das Leben zu retten. Also ging es super schnell in den OP. Noch ‚kurz‘ die Narkose gesetzt bekommen und keine 20 Minuten später war ich auf einmal Mutter. Ich habe meinen Kleinen nicht schreien hören und habe ihn nur ein paar Sekunden gesehen. Er musste sofort von den Kinderärzten behandelt werden, weil er nicht alleine atmete. Deswegen wurde er nasal intubiert und kam direkt auf die Intensivstation. Ich wurde zurück auf mein Zimmer geschoben, um mich vom Kaiserschnitt ausruhen zu können.

Nachmittags hat mich mein Partner nach oben zu unserem Jungen gebracht. Da sah ich ihn dann zum ersten Mal richtig. Er war wunderschön und ich weinte vor Freude. Ich war aber auch hin und her gerissen, weil er an so vielen Schläuchen und Kabeln hing. Die weiteren Tage verliefen leider nicht so gut. Bei einem Ultraschall stellten die Ärzte fest, dass er schon in meinem Bauch eine Hirnblutung hatte und diese immer noch bluten würde. Es folgten Thrombozythen-Transfusionen, weil seine eigenen viel zu schnell verbraucht wurden.

Was jetzt noch alles kam, war einfach der Horror für uns.

Die Ärzte sagten uns, dass er Schäden durch die Hirnblutung davon tragen wird. In welchem Ausmaß, kann uns immer noch keiner sagen. Das wird seine Entwicklung zeigen. Außerdem hatte der Kleine vor der Geburt wohl einen Schlaganfall. Es folgten im Laufe seiner ersten fünf Lebenswochen Probleme mit seiner Verdauung und mit einer Flüssigkeitsansammlung an der Lunge, weshalb er eine Thoraxdrainage bekam.

Außerdem wurde ihm ein Reservoir in den Kopf gesetzt, worüber er bei Bedarf immer wieder punktiert werden kann, um überflüssiges Hirnwasser rauszuziehen. Auf Dauer wird er wohl einen Shunt brauchen, der den Abtransport übernimmt. Hinzu kommt, dass er durch einen viel zu großen Kehldeckel nicht richtig alleine atmen kann, was eine weitere Operation an der Luftröhre nach sich gezogen hat. Er bekam einen Luftröhrenschnitt und wird aktuell über eine Kanüle im Hals beatmet.

Damit wird er wohl auch nach Hause kommen.

Und als wäre das alles nicht schon genug, hat sich durch eine genetische Analyse herausgestellt, dass er am sogenannten ‚Noonan-Syndrom‘ sowie am ‚Faktor-V-Leiden‘ leidet. Das Noonan-Syndrom ist eine komplexe Erbkrankheit. Beim Faktor-V-Leiden handelt es sich um eine Gerinnungsstörung, wodurch er ein immens großes Risiko hat, Thrombosen zu entwickeln. Ob und wie er sich im späteren Leben macht, weiß niemand. Zu dem Syndrom kommt ja auch noch die anfängliche Hirnblutung hinzu. Man wird nie differenzieren können, was woher kommt.

Es ist alles möglich. Von kleinsten Entwicklungsstörungen bis hin zur schwersten Behinderung.

Seit ein paar Tagen macht er endlich kleine Schritte in die richtige Richtung. Er ist nun sechs Wochen alt und er hat schon so viel über sich ergehen lassen müssen.

Das war unsere Geschichte. Ich danke für jede Person die es geschafft hat, bis hier hin zu lesen. Wir stehen noch komplett am Anfang und haben es bis jetzt noch nicht hundertprozentig realisiert, was in den letzten sechs Wochen alles passiert ist.“


Vielen Dank, liebe Anke, dass du uns deine Geschichte erzählt hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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