„Schade, dass meine Eltern nie ihre Enkel kennenlernen konnten.”

„Ich bin mit vielen Dingen in meinem Leben gesegnet: Ich habe einen tollen Mann, der gleichzeitig der beste Papa der Welt für unsere zwei Wunder ist. Meine Tochter ist zwei, mein Sohn wird fünf, beide sind gesund und mein größtes Glück. Wir sind finanziell abgesichert und leben in einem hübschen kleinen Ort in Süddeutschland in unserem eigenen Haus mit Garten. Vieles, was ich mir vom Leben erhofft habe, ist in Erfüllung gegangen.

Vieles, aber eben nicht alles.

Denn ich musste zwei geliebte Menschen viel zu früh gehen lassen: Meine Eltern. Mein Vater starb, als ich 21 Jahre alt war. Er hatte einen schlimmen Verkehrsunfall. Meine Mutter ist nie darüber hinweggekommen, wir haben beide sehr getrauert. Familienfeste wie Weihnachten und Geburtstage waren nie wieder so unbeschwert wie früher. Ich habe mir geschworen, dass irgendwann das Lachen zurückkehrt – spätestens wenn meine Kinder um den Weihnachtsbaum laufen und bei meiner Mama auf den Schoß krabbeln.

Lange steckte ich in unglücklichen Beziehungen fest, aber mit 27 Jahren habe ich ihn getroffen: Meine bessere Hälfte. Mein Mann und ich spürten beide sofort, dass wir füreinander bestimmt sind. Nach drei Jahren machte er mir einen romantischen Antrag im Sommerurlaub, bei einem nächtlichen Strandspaziergang.

Bei meiner Hochzeit trug ich den Ehering von meinem Papa um meinen Hals.

Es war für mich sehr schwer, dass er mich nicht zum Altar führen konnte. Mein Onkel hat das übernommen und es sind einige Tränen geflossen. Im Herzen war Papa dabei. Die Hochzeit war für mich trotzdem wunderschön. Es war eine glückliche Zeit, in der ich kurz die traurigen Jahre nach dem Tod meines Vaters vergessen konnte. Mein Mann und ich genoßen unser erstes Jahr als Ehepaar und machten eine große Reise in die USA.

Doch wenig später folgte der nächste Schicksalsschlag. Meine Mutter hatte schon vor der Hochzeit immer mal wieder über Kopfschmerzen und Benommenheit geklagt. Wenig später ist sie dann zum Arzt, ein Termin folgte dem nächsten. Als wir aus den USA zurückkamen, stand die Diagnose fest: Ein bösartiger Hirntumor. Für mich brach zum zweiten Mal die Welt zusammen. Ich weiß nicht, wie ich das alles ohne meinen Mann durchgestanden hätte.

Ein Jahr später verstarb meine Mama.

Zwei Wochen nach der Beerdigung bemerkte ich, dass ich schwanger war. Wir hatten uns ein Kind gewünscht, aber ich habe mich nicht gefreut. Ich habe nur gedacht: ‚Wieso erst jetzt? Wieso nicht zwei Wochen früher, dann hätte ich es meiner Mama noch sagen können.‘ Ich habe mir immer ausgemalt, wie meine Mutter als Oma sein würde, wie sie mir mit ihrem Rat zur Seite stehen würde. Ich fühlte mich furchtbar allein.

Ich weiß nicht, ob es vielleicht die Hormone waren, aber ungefähr in der 20. SSW stellte sich trotz der Trauer um meine Mama auch eine große Freude auf das Kind ein. Ich kann mittlerweile akzeptieren, dass keiner meiner Eltern meine Kinder kennenlernen konnte. Für meine Kinder sind Oma und Opa nur Fremde, die sie aus Geschichten und von Fotos kennen. Ich spreche viel von meinen Eltern, trotzdem werden sie nie eine Beziehung zu meinen Eltern haben. Das hat mir lange zu schaffen gemacht.

Inzwischen bin ich vor allem dankbar.

Es macht mich immer noch traurig, dass meine Eltern nie ihre Enkel kennenlernen konnten. Wenigstens war meine Mama auf der Hochzeit dabei, ich hoffe, sie erzählt Papa im Himmel davon. Aber mittlerweile sehe ich es so: Ich hatte großes Glück, dass ich mit zwei liebevollen Eltern aufgewachsen bin, die immer für mich da waren und sich und mich so sehr geliebt haben. Diese Liebe gebe ich nun in meiner eigenen Familie weiter.”


Liebe Marie, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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