Pleite & gebrochen: „Ich fiel auf einen Liebesschwindler herein!“

„Es gab eine Zeit, in der ich mich sehr einsam fühlte. Trotz meiner zwei Kinder, die ich sehr liebe.

Ihr Vater, mein Partner seit meinen frühen Zwanzigern, verließ mich. Ich hatte ihn so geliebt, 16 Jahre lang gab es keinen anderen Mann für mich. Und auch kaum jemand anderen, denn ,wir waren uns genug!`, dass redete er mir zumindest über Jahre hinweg ein. Und so vernachlässigte ich nach und nach meine Familie und meine Freundinnen, bis sich kaum noch jemand bei mir meldete. Mir war das egal. Ich war zufrieden damit, Zeit mit meinem Partner und unseren zwei Kindern zu verbringen.

Bis er ging. Für mich kam das Ende total überraschend, für ihn anscheinend weniger. Er hatte eine Affäre, ,jaaaa, schon länger!`, mit der er nun offiziell zusammen sein wollte. Das Leben hier in unserem Haus, mit unserer Familie, war ihm zu eng geworden. Er würde krank bei dem Gedanken werden, dass das nun alles gewesen sein sollte.

Ich brach zusammen. Und trotzdem funktionierte ich weiter.

Für unsere Kinder, die zu diesem Zeitpunkt zwar nicht mehr winzig klein waren, aber trotzdem unter der Trennung ihrer Eltern litten. Ich versuchte, ihren Alltag so normal wie nur möglich zu gestalten, arbeite in meinem Job, hielt das Haus in Schuss.

Abends aber, da lag ich wie betäubt auf dem Sofa und weinte. Es war so still, wenn die Kinder im Bett waren. Ich konnte niemanden anrufen, ich hatte alle vor den Kopf gestoßen. Und es war mir zu peinlich, zuzugeben, dass es ein Fehler war, mich nur auf meine Familie zu konzentrieren.

Ich war ganz allein. Ich hatte keinen Erwachsenen, mit dem ich mich mal  aussprechen konnte.

Nach einigen Wochen spürte ich, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich beschloss, mein Glück selbst in die Hand zu nehmen, endlich einmal. Eines abends lud ich mir daher eine Dating-App auf mein Smartphone und klickte mich, in mein sicheres Bett gekuschelt, durch das ,Männer-Angebot`.

In der kommenden Zeit lernte ich es wieder, zu flirten. Und genoss es.

Ich chattete unverbindlich mit mehreren Männern, das machte mir Spaß und gab meinem Selbstbewusstsein einen echten Kick. Mehr passierte nicht, aber vorerst reichte mir das auch.

Bis ich auf das Profil von Leon stieß. Er sah super aus und nett, und irgendwie berührte mich sein Bild mehr als die der anderen.

Ich schreib ihn an und er antwortete wirklich sofort!

Wir schrieben noch die halbe Nacht hin und her, ich war dabei kicherig wie ein Teenager. Er traf mich mitten ins Herz: Er hatte ebenfalls ein Kind, war Witwer, er war international tätig als selbstständiger Immobilienberater, er war witzig, überhäufte mich mit Komplimenten und hatte aufregende Storys aus seinem Leben zu erzählen. Bodenständig, aber ein wenig wild – Leon schien zu schön, um wahr zu sein. Dass dieser Gedanke gar nicht so abwegig war, dass schwante mir damals nicht.

Wir wechselten schnell zu WhatsApp schrieben uns die Finger wund.

Wir telefonierten und ich verliebte mich immer mehr. Durch Corona und seine internationalen Tätigkeiten verschob sich ein persönliches Treffen aber immer wieder nach hinten.

Und irgendwann ging es los – er fragte mich nach Geld.

Er war zu der Zeit angeblich in Portugal, und seine Kreditkarte würde nicht funktionieren. Er würde sein Hotelzimmer nicht bezahlen können etc. pp. Mir war unwohl, zu viel hatte ich über sogenannte ,Lovescammer` gelesen. Wir sprachen darüber, er zeigte sich verständnisvoll. Es sei ihn unheimlich peinlich, mich um Geld zu bitten… Schließlich ließ ich ihm mehrere hundert Euro zukommen.

Im Laufe der kommenden Wochen wurden daraus mehrere tausend Euro. Mein komplettes Erspartes landete bei Leon.

Ich weiß, es ist schwer zu glauben und beim Lesen werdet ihr mich naiv finden. Aber er hatte immer wieder so überzeugende Argumente, dass er in Nöten sei – angeblich so eine große Pechsträhne, in der ich ihn nicht alleine lassen wollte.

Und ich schien recht zu behalten, dass er es ernst mit mir meinte: Endlich wollte er mich besuchen, zurück aus Portugal. Ich putze die Wohnung, brachte die Kinder zu ihrem Vater, machte mich richtig schick, kochte groß – nur, damit Leon eine halbe Stunde vor unserem Date absagte. Seine Tochter würde ihn brauchen. Da fehlten mir die Argumente, und richtig sauer konnte ich auch nicht sein. Schließlich war ich auch Mama.

Kurze Zeit später flog der Schwindel dann endlich auf, ich konnte nicht länger die Augen verschließen.

Denn eine der vielen Transaktionen (manchmal überwies er mir kleinste Beträge zurück, um mich in Sicherheit zu wiegen) ging schief. Als ich nachforschte, stellte sich schnell heraus, dass alles ein Fake war. Dieses Konto, all die Geschichten, auch der Name Leon – sehr wahrscheinlich zumindest.

Als ich ,Leon´ nämlich mit meinen Erkenntnissen konfrontierte, brach er den Kontakt ab. Unter keiner seiner Nummern oder Adressen habe ich ihn jemals wieder erreicht. Wahnsinn, wie gut ein Mensch sich eine falsche Identität aufbauen kann – und diese dann auch wieder verschwinden lässt.

Natürlich ging ich zur Polizei und wurde zum Glück auch sehr ernst genommen.

Aber bis heute sind sie Leon nicht auf die Schliche gekommen. Zu gut hat er seine Spuren verwischt.

Heute bin ich selbst schlauer und überzeugt davon, dass ich nie wieder in diese Situation geraten werden. Ich weiß aber auch, wie schnell das passiert – auch, wenn man immer denkt, dass die Betroffenen reichlich naiv oder sogar dumm sein müssen. Das stimmt nicht. Die Täter sind so ausgebufft und abgebrüht, dass man ihnen schnell verfällt.“

Auch du bist einem Lovescammer auf den Leim gegangen? Im Internet findest du viele Infos. Der Verein „Romance Scambaiter“ beispielsweise bietet Betroffenen Raum zum Austausch und Hilfe.


Danke, liebe Juliane, dass du uns an deiner Geschichte hast teilhaben lassen!

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Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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