„Nachdem mein Partner starb, bemerkte ich, dass ich unser Baby erwartete.”

„Wie soll ich anfangen? Wenn ich meine Geschichte erzähle, denkt man sofort an die Handlung von einem typischen, traurig-schnulzigen Frauenfilm. So etwas würde nie im wahren Leben passieren, oder? Und doch: das Leben schreibt die unglaublichsten Geschichten.

Vor etwas mehr als sechs Jahren lernte ich Micha kennen.

Er war 43, leider schon durch mehrere Rücken-OPs schwer krank und ein chronischer Schmerzpatient. Unser gemeinsames Leben war deshalb nicht immer leicht. Aber aus einer anfänglichen Freundschaft wurde trotzdem eine tiefe Liebe, ohne zu überlegen, ob es vernünftig ist.

Micha zog zu mir nach Saarbrücken, aber da er als Kölner seine Heimat oft vermisste, fuhr er ab und zu für ein paar Wochen nach Köln zu seiner Mutter, um ihr im Alltag zu helfen und sie zu besuchen.

Als er wieder einmal in Köln war, beschloss ich, die beiden für ein paar Tage zu besuchen.

Ich hatte noch etwas Urlaub übrig und wollte einfach nachkommen. Wir planten, uns ein paar schöne Tage in Köln machen. Damals waren wir dreieinhalb Jahre zusammen.

Seine letzten Worte an mich waren, dass er ein kleines Geschenk für mich hätte. Er fragte noch, ob er es schon verraten soll, oder ob ich mich überraschen lassen möchte. Ich wollte mich überraschen lassen.

Dann kam der Anruf.

Seine Mutter sagte mir am Telefon, dass  Micha gestorben ist. Stille. Schockzustand. So schnell wie möglich, machte ich mich auf den Weg nach Köln. Als ich ankam, ging ich als erstes ins Schlafzimmer und da sah ich die Überraschung für mich: Ein graviertes Liebesschloss für die Liebesbrücke.

Aufgrund seiner Vorerkrankungen und der vielen Medikamente, die er nehmen musste, wurde keine Obduktion durchgeführt. Obwohl wir nicht verheiratet waren, durfte ich mich bei der Gerichtsmedizin verabschieden, was mir sehr viel bedeutet hat.

In den nächsten Wochen pendelte ich zwischen Saarbrücken und Köln hin und her, um die Beerdigung zu organisieren.

Sie war mit viel Liebe von mir gefüllt. Beim Reisen merkte ich, dass ich oft kurzatmig war. Mir wurde immer wieder schlecht und ich konnte plötzlich den goldenen Engel, den ich von einem tollen Seelsorger bekommen hatte, nachts nicht mehr riechen.

Ein Tag nach der Beerdigung war mir auf einmal alles klar: Meine Brust tat weh und deswegen dachte ich nach. Ich zählte eins und eins zusammen und machte einen Schwangerschaftstest. Der war schneller positiv, als ich schauen konnte. Ich war schwanger – und das schon in der 8. SSW.

Meine Tochter ist für mich das größte Wunder zwischen Himmel und Erde.

Micha hat mir mit ihr die größte Liebe, die es gibt, hinterlassen. Es war nicht einfach, seine Vaterschaft anerkennen zu lassen. Aber da ich eine Kämpferin bin, hab ich alles in Bewegung gesetzt, damit er in der Geburtsurkunde als Papa steht. Nach dem ersten Geburtstag meiner Tochter wurde er endlich offiziell als ihr Vater anerkannt!

Micha wäre ein toller, liebevoller Vater gewesen. Bestimmt zu fürsorglich. Leider hat er es hier auf Erden nicht erfahren, aber ich bin mir ganz sicher, dass er der beste Schutzengel für uns ist.

Unser Liebesschloss werde ich mit meiner Tochter zusammen an die Brücke hängen, wenn sie mehr versteht.

Das Liebesschloss von Micha möchte Tanja gemeinsam mit ihrer Tochter aufhängen.

Das Liebesschloss von Micha möchte Tanja gemeinsam mit ihrer Tochter aufhängen. Foto: Privat

Sie ist jetzt 3 Jahre alt und eine Frohnatur. Wir fahren regelmäßig nach Köln. Sie soll diese Stadt genau so lieben lernen wie ihr Papa. Wenn wir in Köln sind, besuchen wir auch Michas Grab, dann sind wir kurz als Familie vereint.

An alle Alleinerziehenden mit verschiedenen Schicksalsschlägen: Gebt nicht auf! Manchmal ist der Weg steinig, aber wir haben ungeahnte Kräfte.”


Vielen Dank, liebe Tanja, dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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