Doris, ihr Mann und ihre kleine Tochter waren voller Vorfreude auf ihr viertes Familien-Mitglied. Als Marlo dann aber per Kaiserschnitt auf die Welt kam, kam es sofort zu Komplikationen. Trotzdem ahnte zuerst niemand, welch schwere Zeit vor der Familie lag – und welche schwere Entscheidung. Hier erzählt uns Doris ihre Echte Geschichte:
„Unser kleiner Marlo hatte sich in meinem Bauch nicht gedreht, deswegen kam er per Kaiserschnitt auf die Welt. Er konnte nicht eigenständig atmen und wurde sofort an ein Beatmungsgerät angeschlossen.
Er kam direkt nach seiner Geburt auf die Intensivstation. Die Ärzte wussten zuerst nicht, was Marlo fehlt.

Marlo konnte nicht eigenständig atmen. Foto: privat
Irgendwann, beim Reduzieren der Medikamente, fiel auf, dass er seine Arme nicht bewegte. Es wurde ein MRT gemacht, bei dem eine Schwellung an der Halswirbelsäule festgestellt wurde. Mit dieser Diagnose wurde Marlo nach einer Woche in die Charité nach Berlin geflogen. Wir mussten mit dem Auto hinterherfahren. Da wir bereits eine 3,5-jährige Tochter haben, mussten wir natürlich auch schauen, wie wir sie versorgen.
In Berlin angekommen, klärte man uns über alles auf, was in der nächsten Zeit passieren würde. Marlo sollte direkt am nächsten Tag operiert werden. Er hatte eine Zyste an der Halswirbelsäule, leider genau an der Stelle am Rückenmark, welches für die Bewegung der Arme zuständig ist und das Zwerchfell steuert, was für die Atmung benötigt wird. Die Ärzte nannten es einen hohen lokalen inkompletten Querschnitt, da er noch leichte Bewegungen in den Beinen zeigte. Durch die Operation an der Zyste sollte der Druck vom Rückenmark genommen werden. Jedoch wurde in einem weiteren MRT die deutliche Schädigung im Rückenmark festgestellt und die Ärzte machten uns nicht viel Hoffnung.
Nach weiteren drei Wochen hatten wir endlich ein Arztgespräch – was uns endgültig den Boden unter den Füßen weg zog.
In all der Zeit nach der OP hatten die Ärzte keine Verbesserung in den Bewegungen der Arme und auch keinen Eigenantrieb der Atmung festgestellt. Ganz im Gegenteil: Es gab sogar eine Situation, in der ich dabei zusah, wie Marlo nur kurz ohne seine Beatmung war – die Alarmsignale an den Monitoren schlugen sofort aus.
Es gab ein Konsil, d.h. unsere Ärzte haben sich noch einmal mit weiteren Fach- und Chefärzten beraten. In unserem Fall waren das spezialisierte Kinderneurochirurgen und Neonatologen. Sie sahen keine Chance zur Genesung und rieten uns von einer Langzeitbeatmung ab. Marlo hätte rund um die Uhr intensivmedizinisch betreut werden müssen – und das nicht bei uns zu Hause. Zudem war seine Erkrankung lebenslimitierend, seine Lebenserwartung nicht sehr hoch.
Die Ärzte empfahlen das Abstellen des Beatmungsgerätes.
Nach vielen Gesprächen mit den Ärzten und intensiver Zeit an Marlos Bettchen haben wir eine Entscheidung getroffen. Wir wollten so ein Leben nicht für unser Kind. Wir konnten uns nicht vorstellen, ihn weiter leiden zu sehen.
In seine Augen zu schauen, ohne ihm helfen zu können. Ihn weinen zu sehen, ohne einen Ton zu hören. Das war das Allerschlimmste für mich.
Wir haben uns oft die Frage gestellt, ob wir über Lebensqualität entscheiden können.
Aber wir hätten ihm nie die Welt draußen zeigen können. Ihn nie richtig kuscheln können und alles das geben, was ein Baby normalerweise von seiner Mama braucht.
Der Tag an dem wir unseren Marlo gehen ließen, war der schlimmste in unserem Leben. Wir waren bis zum Schluss an seiner Seite. Als er dann extubiert werden konnte, habe ich Marlo sofort in meine Arme gerissen. Ich konnte mein Baby endlich halten. Das erste Mal ohne all die Kabel und Schläuche. Das schönste und allertraurigste Gefühl, das man haben kann. Sein kleines Herz hörte in meinen Armen dann endgültig auf zu schlagen.
Nach dem Versterben von Marlo konnten wir noch sehr viel Zeit mit ihm verbringen, was für unsere Verarbeitung sehr wichtig war.
Jetzt müssen wir mit dieser großen Lücke leben, was sehr schwer ist. Jedoch haben wir unsere Tochter, die uns Halt und die Kraft gibt weiterzumachen und trotz der Trauer um Marlo auch nach vorne zu schauen.“
Liebe Doris, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
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WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
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