Meine Tochter ist schwerbehindert, seit sie an einer Traube fast erstickt ist

Diese Geschichte erinnert daran, wie schwer das Schicksal unvermittelt zuschlagen kann. 

Unsere Echte Mama Tina* aus der Nähe von Bruchsal musste genau diese Erfahrung machen (*alle Namen von der Redaktion geändert). Sie war eine glückliche und unbesorgte Mutter zweier Mädchen. Bis ein einziger, kurzer Moment alles ändert. Hier erzählt die 34-Jährige, wie ihre jüngere Tochter Sarah mit neun Monaten einen tragischen Unfall hatte, an dem sie aus Sauerstoffmangel fast gestorben wäre. Die Ärzte gaben sie schon auf, doch die Kleine kämpfte sich ins Leben zurück. So hart ist dieser Kampf bis heute:

Meine jüngere Tochter Sarah (heute 16 Monate) war immer ein sehr fröhliches, gut gelauntes Mädchen. Mein kleiner Sonnenschein hatte viel Freude am Leben und war kerngesund.

Vor dem Unfall: Mama Tina mit Sarah Foto: privat

Den 25. August 2017 jedoch werde ich niemals vergessen. Kurz vor dem Schlafengehen, so gegen halb acht am Abend, wollten Sarah und ihre große Schwester Jennifer (3) unbedingt noch ein paar Weintrauben naschen. Normalerweise lutschte Sarah nur den süßen Saft aus der Traube und spuckte den Rest wieder aus. Doch diesmal war alles anders.

An diesem Abend aber rutschte ihr die Traube direkt in den Hals und blieb dort fest zwischen Luftröhre und Kehlkopf stecken. Mein Mann und ich versuchten alles, um sie schnell wieder herauszubekommen. Ohne Erfolg.

Der Notarzt kam schnell, nach sechs Minuten. Die uns wie eine Ewigkeit vorkamen. Ein paar Minuten, die für Sarahs Gesundheit schon zu lang waren. Denn in diesen sechs Minuten bekam ihr Körper keinen Sauerstoff. Die Sanitäter entfernten die Trauben aus Sarahs Kehle und fuhren sie nach Heidelberg ins Krankenhaus.

In Heidelberg kam sie direkt auf die Intensivstation und wurde in ein künstliches Koma versetzt. Die Ärzte sagten uns, dass sie nicht überleben wird und wir direkt die Apparate abstellen sollten.

Wir sollten unsere kleine Tochter gehen lassen. Und dabei bitte die Organspende nicht vergessen.

Wir waren damit überhaupt nicht einverstanden und lehnten es ab. Dann sagten sie uns, dass Sarah, wenn sie denn überleben wurde, schwerstbehindert und bettlägerig bleiben würde. Sie würde sich nicht mehr bewegen können, nicht sehen hören oder essen.

Trotz allem wollten wir unseren Schatz nicht aufgeben.

Nach zwei Wochen, die sie im künstlichen Koma lag, wurden wir immer mehr bedrängt, die Apparate abzuschalten. Das Koma wurde beendet und wir sollten extubieren, also das Beatmungsgerät ausschalten, um zu sehen, ob sie es schafft, alleine zu atmen. Sollte sie es nicht schaffen, wollten die Ärzte ihr eine Morphium-Spritze geben, damit sie schmerzfrei einschlafen konnte.

Auch damit waren wir nicht einverstanden, wir konnten sie nicht aufgeben.

Dann, irgendwann, hat Sarah uns alle überrascht. Sie schaffte es, zu atmen. Und seitdem atmet sie selbstständig, ohne weitere Unterstützung. Wir waren überglücklich und unglaublich froh, dass wir die ganze Zeit an sie geglaubt hatten.

Nach einer langen Zeit in Heidelberg auf der Intensivstation und der Neurologie durften wir am 7. November 2017 endlich nach Schömberg in eine neurologische Kinderklinik. Hier wurde uns gesagt, dass sie sehr starke epileptische Anfälle und eine große Unruhe hat.

Bis heute sind wir hier in der Klinik. Am Anfang war Sarah komplett unstabil. Das hat sich deutlich gebessert. Sie bewegt ihre Arme und Beine und hebt sogar ab und zu den Kopf. Mithilfe einer Logopädin schluckt sie bis zu sieben Löffelchen Brei, das ist wie ein Wunder für uns!

Sarah macht kleine, aber sehr gute Fortschritte. Wir müssen geduldig sein, sie macht zwei Schritte vor und einen Schritt zurück. Es geht langsam voran – aber das ist okay, denn es geht voran!

Sarah mit ihrer Schwester Jennifer im Krankenhaus Foto: privat

Manchmal hat sie sehr unruhige Tage und Nächte, an anderen Tagen geht es ihr sehr gut. Es gibt gute und schlechte Phasen – aber wir machen weiter und kämpfen, egal was kommt.

Nächste Woche haben wir wieder einen Termin in Heidelberg, dort bekommt sie eine Magensonde, die direkt im Magen befestigt wird. So wird sie endlich ihre Magensonde los und kann besser schlucken üben etc.

Es bleibt mir also nur zu sagen: Es geht vorwärts, es muss. Und wir sind so stolz auf Sarah, unsere kleine Kämpferin.“

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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