Mein Sohn will als Prinzessin und Hexe zum Karneval. Na und?!

Mein Sohn Leo war fast drei, als er letztes Jahr zum Kindergartenfasching als Drache ging. Und er kam wieder mit nur einem Wunsch: Er wollte unbedingt Elsa sein.

Ich weiß nicht, wie viele Mädchen in seinem Kindergarten an Karneval als eine der beiden Disney-Eisprinzessinnen gingen. Aber es waren so viele, dass mein Kleiner total fasziniert war. Er schwärmte von den schönen Kleidern, dem Glitzer und den Krönchen.

Mich hat das erstmal nicht sehr gewundert. Sein großer Bruder hatte diese Leidenschaft auch ein paar Jahre. Jetzt, mit sechs Jahren, sagte er allerdings, dass er Mädchen-Sachen nicht mehr anziehen will. Aber auch ihn habe ich damals machen gelassen. Und er ist bis jetzt ein wunderbar toleranter Kerl. Ihm hatte es also auch schon nicht geschadet.

Und nun eben Leo. Wir hatten tatsächlich schon ein Elsa-Prinzessinnen-Kleid in der Verkleidungskiste. Es war selbstgenäht, und meine Jungs hatten es nach Karneval von einem Nachbarsmädchen geerbt. Leo stieg in das Kleid und war sofort hin und weg.

Foto: privat

Lustig war, dass er eigentlich überhaupt nicht wusste, wer Anna oder Elsa waren. Er guckte kein Fernsehen und für die Merchandising-Produkte in den Läden war er dann doch wohl zu sehr Junge, als dass sie ihm aufgefallen wären.

Wir wohnen in einer Universitätsstadt, unser ganzes Umfeld ist ziemlich offen und tolerant. Ich kann auch nicht verstehen, warum kleine Jungs sofort in irgendein Schema gepresst werden sollen. Leo ist einfach nur glücklich mit seinem Kostüm. Das ist es nämlich für ihn. Ein Kostüm. Ein Spiel. Mehr nicht.

Er trug sein Kleid das ganze Jahr über immer mal wieder, auch im Kindergarten. Es gab zum Glück nie doofe Kommentare. Die Einrichtung ist ziemlich klein und wir Eltern kennen uns alle gut. Leo wäre es wohl auch egal gewesen, wenn jemand etwas Negatives zu ihm gesagt hätte. Er ist selbstbewusst.

Auch auf der Straße gab es bisher keine Sprüche. Ich glaube allerdings, dass es liegt daran, dass die Leute meinen hellblonden Sohn mit dem Pagenkopf für ein Mädchen halten, wenn er sein Kleid trägt. Auch ok. Wenn es Kränkungen gegeben hätte, wäre das am ehesten unterwegs passiert. Da wäre ich dabei gewesen und hätte ihn geschützt – er ist schließlich erst drei Jahre alt.

Dieses Jahr hat er sich dann zu Karneval ein Hexenkleid gewünscht. Mit der Betonung auf Kleid. Wie er darauf gekommen ist – keine Ahnung. Aber hey, Hexe ist doch ein Faschings-Klassiker. Warum also nicht?

Und im Kostüm-Laden (Fastnacht ist hier eine große Sache, es gibt extra Läden) stieß ich dann doch mal auf Unverständnis. Ich sagte zu der Verkäuferin, dass mein Sohn sich ein Hexenkleid wünscht, mir die rosa-glitzernden Feen-Hexen-Sachen dort aber nicht so zusagten. Die Dame guckte mich erst einmal sehr komisch an. Sie ging ins Lager und kam wieder – mit einem Zauberer-Umhang! Ich musste es dann noch einmal deutlich erklären. Sie war zwar immer noch irritiert, am Ende ging ich aber mit einem wunderbaren schwarzen Hexenkleid inklusive Hut aus dem Laden.

Foto: privat

Und Leo war mehr als glücklich. So einfach ist das für ihn und für mich.

Tamara Müller
Als süddeutsche Frohnatur liebe ich die Wärme, die Berge und Hamburg! Letzteres brachte mich vor sieben Jahren dazu, die Sonne im Herzen zu speichern und den Weg in Richtung kühleren Norden einzuschlagen. Ich liebe die kleinen Dinge im Leben und das Reisen. Und auch wenn ich selbst noch keine Kinder habe, verbringe ich liebend gerne Zeit mit ihnen.

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