Manchmal vergesse ich, was ich für ein Glück habe

Mein kleines Herz,

Ich liebe dich über alles. Es ist mein allergrößtes Glück, dass du in mein Leben gekommen bist. Ich sage dir jeden Abend, wie lieb dich Mama hat. Und während du nickst, und sagst „Mama auch lieb“, und deine Atemzüge langsam tiefer werden, denke ich darüber nach wie oft ich heute vergessen habe, wie glücklich du mich machst.

Als du „butzeln“ wolltest, so nennst du das, wenn du morgens noch eine Weile in meinem Bett und unter meiner Decke liegen willst, ganz eng, und deine Stirn an meine legst, und mich dabei deine weichen Haare kitzeln. Ich sollte deinen Geruch einatmen und deine Locken aus der Stirn streichen, stattdessen schielte ich auf die Uhr, weil es schon wieder 7:15 Uhr war, und wir pünktlich das Haus verlassen müssen. Ich fühlte deinen nassen Po, weil die Windel wieder nicht gehalten hat, und dachte darüber nach, dass ich dich noch schnell abduschen muss, noch mal 10 Minuten mehr, dachte ich. Statt einfach glücklich zu sein, dass ich deine Person bin, mit der du „butzeln“ willst.

Ich habe vergessen, wie glücklich es mich macht, dass ich deine allerliebste Spielkameradin bin. Du mich deinen Freunden, und sogar deinem wilden Papa, mit dem man so viel Quatsch machen kann, vorziehst. Als du es lustig fandest vor mir wegzulaufen, während ich dir mit Zahnbürste in der Hand hinterher jagte. Es ist deine größte Freude, dich vor Glück quietschend zu verstecken, mir so flink auszuweichen, dich in Ecken zu zwängen, wo Mama nicht hinkommt. Ich habe dein fröhliches Lachen noch im Ohr – und auch meine Gedanken: „Trampel doch nicht so, die Nachbarn unter uns… komm jetzt her, wir sind doch schon wieder so spät! Komm jetzt endlich! Mein Gott, jeden Morgen das gleiche!“

Ich habe vergessen, was ich für ein Glück habe, dass du dich am allermeisten über mich freust, von allen Menschen, die dich über die Woche aus der Kita abholen. Alles, was ich dachte, als du mir durch die schienbein-hohe Pfütze in der Kita entgegenliefst, war: Oh neiiiiin, jetzt sind die Schuhe und Füße total nass.

Ich bin so glücklich, eine Tochter zu haben, die so stolz darauf ist, sich allein anziehen zu können, dass sie weint, wenn ihr das jemand abnehmen will. Ich habe es vergessen, als du deine nasse Strumpfhose ganz allein ausziehen wolltest, die an deinen Beinchen klebte. Deine Kraft reichte kaum, und ich wollte dir helfen, entnervt, weil schon wieder die Uhr tickte und wir zu spät für deinen Ballettkurs waren.

Ich habe ein Kind, das sich mit ihren zwei Jahren nichts sehnlicher wünscht, als ein Baby im Bauch zu haben und auch Mama zu sein. Sich so fürsorglich um ihre kleinen Plüschkinder kümmert. Für dich ist es wichtiger, dass sie alle gut schlafen und zugedeckt sind, als dass du selbst warmes Essen isst. Statt glücklich darüber zu sein, was für ein großes Herz mein kleines Kind hat, war ich wütend, weil du immer wieder vom Tisch aufstehen und nach deinen „Babys“ sehen wolltest.

Und dann, wenn ich abends mit dir im Bett liege, Zähnchen geputzt, warm eingepackt, und in meinem Kopf all die Dinge durchgehe, die ich noch erledigen muss, mich auf etwas Zeit für mich freue, endlich, und mich zum hundertsten Mal frage, warum dein Papa nicht mal bei dir liegen und dich ins Bett bringen kann, dann sagst du: „Mama, Hand.“ Und während deine kleinen Fingerchen meine Hand umklammern, überschwemmt mich eine große Welle Liebe und Dankbarkeit. Dass ich die bin, die du bei dir haben willst, wenn du einschläfst.

Ich bleibe liegen, obwohl ich schon längst aufstehen könnte, weil du schon tief und fest schläfst. Aber ich kann mich nicht trennen, weil ich so dankbar bin, dass es dich gibt. Ich streiche dir eine Locke aus dem Gesicht und küsse deine kleinen, weichen Wangen. Und hoffe, dass du immer weißt, wenn das Leben mal wieder zu stressig ist für uns alle, wie glücklich ich doch bin, dich zu haben.“

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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