Manchmal brauchen wir den Blick von außen, um unsere Kinder wirklich zu sehen

Ich erinnere mich genau: Als meine Tochter noch recht klein war, saß ich einmal mit ihr und meiner (kinderlosen) Freundin im Café. Natürlich war meiner Kleinen sterbenslangweilig und sie zappelte mit den Beinen, redete ziiiemlich oft dazwischen, wollte sich unbedingt selbst aus der großen Mineralwasserflasche einschenken und dabei kippte natürlich etwas (viel) daneben. Ich war innerlich unruhig und murmelte ziiiemlich oft „Sei bitte vorsichtig!“. Ich war überzeugt davon, dass meine Freundin dieses Date verfluchte und total abgenervt von meiner Tochter war. Na ja, sie war ja aber auch echt ein Unruhegeist und konnte nicht mal fünf Minuten still sitzen und einfach zuhören… Und wenn meine Freundin nun meine Tochter nicht mögen würde? So weit ging mein Gedankenkarussell in dieser Situation!

Bis meine Freundin auf einmal ganz liebevoll zu mir sagte: „Schau dir doch mal deine Kleine an. Sie ist so lebendig, so interessiert an allem – es macht richtig viel Spaß. sie zu beobachten!“

Ich blickte meine Tochter an, ihre roten Wangen, die wachen Augen, die Ungeduld, die Neugier. Und zum ersten Mal an diesem Nachmittag  sah ich sie nicht durch den Filter meiner Erwartungen, sondern durch die Augen eines anderen Menschen. Und was ich da sah, war ein unglaublich tolles Kind. (Natürlich –  sie ist schließlich die Beste!)

Ich wurde richtig traurig, denn: Wie oft hatte ich schon gemeckert wegen Dingen, die ich bei anderen Kindern völlig normal fand? Wie oft habe ich sie sanft zurechtgewiesen, nur weil ich befürchtete, jemand könnte denken, sie würde sich danebenbenehmen?

Seitdem versuche ich, viel umsichtiger zu sein mit meinem Kind. Mal mit mehr, oft mit weniger Erfolg.

Ich kann nicht aus meiner Haut, aus meiner eigenen Erziehung oder was auch immer – ich ertappe mich oft dabei, sie als zu laut, zu unhöflich, zu wenig begeistert bei Geschenken, als zu fordernd etc. zu empfinden. In den meisten Fällen kann ich zumindest den Mund halten und das alles findet nur im meinem Kopf statt.

Denn immer erlebe ich, genau wie damals im Café, dass andere mein Kind völlig anders erleben. Ich höre von den Eltern ihrer Freundinnen, dass es so angenehm und easy sei, sie bei sich zu haben, weil sie immer klar sagt, was sie gerade braucht, was sie möchte und was nicht. Ich höre von allen Familienmitgliedern, dass sie so clever und offen sei, so fröhlich, so ein süßer Wirbelwind.

Es ist einfach so: Andere Menschen erleben oft auch ganz andere Seiten unserer Kinder. Vor allem aber bewerten andere Menschen unsere Kinder einfach komplett anders als wir selbst, und zwar viel wohlwollender und entspannter.

Diese Erkenntnis hat auch dazu geführt, dass ich anderen Eltern superoft erzähle, was ich an ihren Kindern schätze und wie gerne ich sie um mich habe. Ja, auch die zu Hause so „zickige“ Mira. Und jaaaa, auch die etwas wilden, aber einfach wunderbaren Zwillingsjungs, die von ihren Eltern als „Terrorzwerge“ betitelt werden.

Und immer wieder sehe ich in den Gesichtern der Eltern genau das Gefühl, dass ich umgekehrt so oft erlebt habe: Ganz große Freude.

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

Alle Artikel

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Neueste
Älteste Beliebteste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen