Kunst aus Plazenta & Co.: „Dankbarkeit für das Zuhause unseres Babys”

An das Wunder der Geburt denken viele Mamas gerne zurück. Manche wünschen sich sogar eine Erinnerung, die über ein Video oder Fotos hinausgeht. „Andenken zum Anfassen” aus der Plazenta oder der Nabelschnur werden deshalb immer beliebter. 

Diesen Trend möchten wir für euch genauer unter die Lupe nehmen und haben deswegen bei einer Expertin nachgefragt. Wir sprechen mit der Hypnobirthing Doula Inken Arntzen aus Hamburg. Sie erzählt uns, was das besondere an Kunst aus Nabelschnur und Plazenta ist, wie sie hergestellt wird und was ihr beachten solltet, wenn ihr euch ein solches Andenken wünscht.

Liebe Inken, was ist das Besondere an Erinnerungsstücken aus Nabelschnur und Plazenta?

Dies war ein wichtiger Teil des Zuhauses von einem Baby. Es ist damit gewachsen und wurde durch Plazenta und Nabelschnur versorgt. Es hat sich damit zu einem eigenständig lebensfähigem Lebewesen entwickelt. Ich finde, dass dieses Zuhause Dankbarkeit und Anerkennung verdient.

Die Plazenta sieht, auf der Seite zum Kind gewandt, aus wie ein Lebensbaum. Und auch ein Abdruck davon sieht so aus wie ein Lebensbaum. Ich finde das wunderschön!

Wie bist dazu gekommen, solche Andenken zu fertigen?

Angefangen hat alles bei der ersten Geburt meines Sohnes. Damals wollten wir eine Hausgeburt, und demnach war klar, dass die Plazenta bei uns bleiben würde. Ich wusste damals noch nicht so viel zu dem Thema. Mein Mann hat die Nabelschnur in eine Schnecke gelegt und sie getrocknet und die Plazenta haben wir unter einem Baum vergraben.

Als ich 2019 meine Ausbildung zur Doula machte, wurde der Plazenta-Abdruck vorgestellt. Danach wollte direkt die Plazenta meines zweiten Sohnes aus dem Tiefkühlfach holen und es ausprobieren. Jedoch fand ich diese nicht mehr. Ich habe die Plazenta im eigenen Gefrierfach verloren…

Aber meine Lust war geweckt und ich fragte meine erste Doula-Kundin, ob ich einen Abdruck machen dürfte. Und so entstanden meine ersten Abdrücke. Seitdem habe ich mit Farben und Formen experimentiert und immer mal wieder Abdrücke machen dürfen.

Vor Kurzem haben ich eine weitere Technik bei Zuzana Laubmann gelernt: die Amnion Monde. Das ist eine getrocknete Eihaut, also die Fruchtblase des Kindes. Faszinierender Weise sieht diese nach dem Trocknen tatsächlich so aus, wie ein Mond oder Planet. Für mich schließt sich damit ein Kreis, denn ich kann nun ein Set herstellen aus der Nabelschnur-Schnecke, dem Plazenta-Abdruck und dem Amnion-Mond.

Auch die Fruchtblase lässt sich künstlerin gestalten.

Auch die Fruchtblase lässt sich künstlerisch gestalten. Foto: Inken Arntzen

Warum wählen viele Eltern diese Art des Andenkens?

Zum einen empfinden es viele einfach als hübsch und zum anderen hat es eine Bedeutung und ist ein Andenken an die Schwangerschaft, die Geburt und auch was der Körper Unglaubliches geleistet hat.

Es ist etwas ganz besonderes für die Eltern – nicht nur ein Bild, sondern wirklich hergestellt als Andenken. Die letzte Frau, der ich das Set gebracht habe, was ganz aufgeregt vorher, wie es wohl werden würde. Sie war sehr berührt.

Bringen Eltern Nabelschnur und Plazenta vorbei oder holst du diese ab?

Oft geschieht diese Kunst im Rahmen meiner Doula Arbeit. Ich kenne die Paare also schon und bin eh bei der Geburt dabei oder besuche sie danach. Dann mache ich auch mal einen Abdruck direkt in der Klinik im Kreissaal nach der Geburt. Oder ich nehme es nach der Geburt mit oder hole es kurz ab. Ich habe auch schon die Familie besucht und die Abdrücke in ihrer Küche gemacht.

Wenn auch ein Amnion-Mond hergestellt werden soll, dann nehme ich die Haut auf jeden Fall mit und mache es bei uns im Gebärmütter Studio. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit mich nur für die Kunst zu buchen. Dann würde ich die Plazenta abholen und hinterher die Kunst wieder vorbeibringen. Aktuell biete ich deshalb die Kunst nur in Hamburg und Umgebung an. Sollte jedoch eine Nachfrage bestehen, wäre es ggf. auch möglich per Post. Das ist jedoch schwieriger, da die Plazenta gekühlt bleiben sollte.

Wie genau werden solche Kunstwerke hergestellt?

Ich nehme die Plazenta entweder direkt nach der Geburt mit oder hole sie aus dem Kühlschrank (bis zu 10 Tage) oder aus dem Tiefkühlfach und taue sie im Waschbecken auf. Dann bereite ich alles vor und lege mir Farben, Handschuhe Papier und alles was ich brauche zurecht. Ich gehe dafür in unser Gebärmütter Studio in Hamburg-Sternschanze. Das kann ich wie ein kleines Atelier nutzen.

Ich beginne damit die Plazenta zu waschen und die Eihaut abzutrennen. Danach mache ich den Plazenta-Abdruck und im Anschluss trenne ich die Nabelschnur ab und lege sie in eine Schnecke. Ich nutze einen Dörrautomaten um die Schnecke zu trocknen. Es eignet sich auch eine Heizung oder ein Sonnenplatz.

Für die Amnion-Monde lege ich mir ebenfalls vorher alles zurecht. Ich spanne die Haut ein bisschen, wie eine Trommel und lasse sie trocknen. Das dauert eine Zeit, so dass ich am nächsten Tag das Kunstwerk abschließe, indem ich die Monde raustrenne und rahme. Für das komplette Set brauche ich demnach ungefähr zwei Tage Zeit.

So sieht ein fertiges Plazenta-Set aus.

So sieht ein fertiges Plazenta-Set aus. Foto: Inken Arntzen

Welche Techniken/Möglichkeiten zur Gestaltung gibt es?

Es gibt die Möglichkeit, die Plazenta-Abdrucke mit unterschiedlichen Farben zu machen. Entweder versuche ich, nur das Blut zu nutzen, Lebensmittelfarben oder Acrylfarbe. Ich kann auch mit unterschiedlichen Hintergründen arbeiten. Zum Beispiel eine Leinwand oder auch eine dicke Pappe. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit im Nachhinein noch etwas hinzu zu malen, wie den Namen oder eine Umrandung.

Die Nabelschnur Schnecke kann ich weiter verarbeiten als Wunschfänger/Traumfänger zum Beispiel. Und bei dem Amnion-Mond kann ich mit den unterschiedlichen Rahmen und Hintergründen spielen. So sieht es toll aus, wenn der Rahmen komplett durchsichtig ist, aber auch auf einem weißen Hintergrund kann er toll wirken. Auf weiß gäbe es natürlich die Möglichkeit, noch etwas drumherum zu gestalten.

Ganz bestimmt gibt es noch weitere Möglichkeiten der künstlerischen Verarbeitung. Ich habe auch schon Gipsabdrücke von Plazenten gesehen.

Was entgegnest du, wenn Menschen Berührungsängste haben?

Ich weiß, dass es in unserer Gesellschaft unüblich ist, sich Innereien anzusehen oder gar anzufassen. Wir sind es nicht gewohnt, Blut zu sehen oder Organe. Deshalb verstehe ich, dass manche Menschen eine Scheu empfinden oder sich sogar ekeln.

Ich bemerke, dass es mir in meinen Kursen durchaus ein wenig Freude bereitet, in die Gesichter der Menschen zu schauen, wenn ich über diese Dinge spreche. Ich gehe gern fröhlich mit dieser Thematik um und spreche es offen an.

Natürlich entscheidet jede Familie für sich, wie sie mit der Plazenta, Nabelschnur und Eihaut umgehen möchte. Ich kläre gern auf und versuche den Blickwinkel zu ändern. Einfach mal zu betrachen, was dies für das Baby in den ersten Monaten seines Lebens bedeutet hat.

Abschließend möchte ich sagen:

Es ist einfach schön, sich mit dem Wunder des Lebens näher zu beschäftigen und es zu feiern. Jedes noch so kleine Ritual kann ganz wundervoll sein, um den Körper und die Geburt zu würdigen. Darin kann sogar Heilung liegen, um den Frieden mit dem Geburtsverlauf zu finden.

Vielen Dank, liebe Inken, für deine spannenden und ehrlichen Antworten!

Foto: Inken Arntzen

Foto: Inken Arntzen

Inken Arntzen bezeichnet sich selbst als „Birthnerd” und dass, obwohl sie eigentlich nie Kindern haben wollte. Als sie dann jedoch feststellte, dass Frauen genau in dem Moment, in dem sie am verletzlichsten sind, von unserer Gesellschaft viel zu wenig Rückhalt erfahren, wusste sie, dass es genau das ist, was sie machen möchte: ,„Ich will Frauen und Eltern stärken und in ihre Kraft bringen, um diesen kraftvollsten Zustand zu feiern und gestärkt aus der Geburt zu gehen.“

Inken Arntzen arbeitet als Hypnobirthing Doula in Hamburg und hat zwei Teams: die Gebärmütter und die Hamburger Doula Deerns.

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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