„Klar darf sich meine Tochter ihre Freunde selbst aussuchen – theoretisch…“

„Schrecklich, diese Eltern, die alles kontrollieren wollen. Die Hobbys der Kinder, die Serien, die ihre Kleinen schauen, die Klamotten, die sie anziehen – und die Freunde, mit denen sie sich umgeben!

So dachte ich lange. Aus tiefster Überzeugung. Bis meine Tochter in die Vorschule kam.

In der Kita hatte sie viele andere Kinder, mit denen sie sich verstand. Verabredungen waren selten, wir trafen uns eh alle nachmittags automatisch auf dem Spielplatz neben der Einrichtung wieder. Dort ,nahm‘ sie die, die gerade da waren. Bei manchen freute sie sich mehr, wenn sie sie auch noch nachmittags sah, bei anderen weniger. Aber alles entspannt.

Als sie dann in die Vorschule an der örtlichen Grundschule wechselte, änderte sich das ,Freundschaftsverhalten‘ der Kinder. Es gab erste kleine Cliquen, ,beste Freundinnen‘, ,Feindschaften‘ – und Verabredungen.

Sie tat sich schnell mit Bonnie (in echt heißen natürlich alle Kinder anders) zusammen und ich war happy.

Bonnie war ein Sonnenschein, ein ewig gutgelauntes Energiebündel.

Sie riss meine stille Tochter mit, gab ihr Selbstbewusstsein. Wenn Bonnie bei uns zu Hause zu Besuch war, freute ich mich. Sie war lustig und wusste sich ,zu benehmen‘. Das hört sich schlimm an, aber vielleicht wisst ihr, was ich meine. Bonnies Eltern waren voll auf unserer Wellenlänge, wir plauderten am Schultor oder beim Abholen ganz wunderbar. Eine nette, liebevolle Familie und ganz ähnlich unserer.

Irgendwann kam Bonnie nicht mehr. Meine Tochter erzählte auch kaum noch was von ihr. Denn jetzt war Isabel Thema Nummer eins. Ich war ein wenig traurig, aber okay – meine Tochter hatte sich eben eine andere Freundin gesucht. Ich wollte mich ja nie einmischen.

Dann aber kam Isabel das erste Mal zu uns nach Hause. Ich war schon nach einer halben Stunde total genervt.

Isabel quengelte in einer Tour, dass sie Hunger hätte. Nein, nicht auf eine Stulle. Ganz doll Hunger auf Kekse. Dann auf Fruchtgummi. Dann auf Knabberzeug. Sie öffnete unsere Schubladen, sie fragte mir Löcher in den Bauch (,Warum bist du so dick?‘ ,Warum ist eure Wand blau?‘ , Warum habt ihr nur ein Auto?‘), sie langweilte sich ,totaaal` – und sie kommandierte meine Tochter herum. Sie bestimmte allein – und das in einem kasernenwürdigen Ton – was wie gespielt wurde. Meine Tochter folgte ihren Anweisungen klaglos.

Als es später an der Tür klingelte (eine dreiviertel Stunde später als vereinbart), war ich fix und fertig. Dann stand Isabels Papa vor der Tür. Er war mir sofort unsympathisch. Er redete und redete, er beklagte sich über die Vorschullehrerin, über die anderen ,Rabauken‘ (räusper) in der Klasse, zwischendurch blaffte er Isabel an, dass sie kommen solle und am Ende beteuerte er, wie froh er sei, dass Isabel und meine Tochetr sich angefreundet hatten. ,Das passt so wunderbar!´

Nun, da war ich anderer Meinung. Ab da wurde ich mir selbst unsympathisch.

Ich begann, meine Tochter zu manipulieren. Jeden Abend fragte ich sie fröhlich, wie es denn Bonnie gehe. Ob sie nicht mal wieder kommen sollte.

Ich fragte meine Tochter, ob wir Bonnie nicht mit zu unserem regelmäßigen Familien-Schwimmbadausflug nehmen wollten. Als meine Tochter sagte: ,Nee, aber Isabel!‘, bekam ich direkt schlechte Laune. Und am nächsten Tag sagte ich ihr, ich hätte es mir anders überlegt, es ginge doch nicht, dass wir jemand anderes mitnehmen. Fiese, ich weiß. Aber ich konnte nicht aus meiner Haut.

In der Schule war Isabel manchmal richtig fies zu meiner Tochter. Diese steckte alles weg, so vernarrt war sie.

Ich vermisste Bonnie und ihren ,Einfluss` auf mein Kind.

Es war nicht so, dass die beiden Mädels sich gestritten hatten, oder so. Sie hatten sich nur jeweils andere Freunde gesucht.

Ich schäme mich noch heute dafür, aber irgendwann lud ich Bonnie einfach ein. Ich machte das Date mit ihrer Mama ab und nahm Bonnie nach der Schule mit zu uns.

Joa, was soll ich sagen. Es war keine Vollkatastrophe, die beiden spielten zusammen. Aber man spürte direkt, dass die Luft raus war. Kein ausgelassenes Kichern mehr, keine geflüsterten Geheimnisse. Als ihre Mama kam, zog Bonnie sich sofort klaglos an und ging zur Tür heraus.

Da sah ich es ein, dass es keinen Zweck hatte. Ich ließ meine Tochter in Ruhe, sollte sie spielen, mit wem sie wollte.

Inzwischen ist Isabel passé. Ja, ich bin froh. Seitdem kommt Maja zu uns. Maja ist ganz okeee. Finde ich. Maja ist megatoll. Findet meine Tochter. Und das ist es doch, was zählt.“

Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank für deine Geschichte. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft.

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Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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