Keine Kinderfotos im Netz: 5 Tipps zum Schutz der Privatsphäre

Unsere Kinder – unser ganzer Stolz. Sie sind die Schönsten, Klügsten, Lustigsten und Besten – und das wollen wir Eltern natürlich auch zeigen (und ein bisschen angeben…). Im Zeitalter von Social Media ist die Verlockung groß, den supersüßen Nachwuchs und das schöne Familienleben einem richtig großen Publikum zu präsentieren. Ein süßes Töpfchenfoto hier, ein Bild vom lustigen Karnevalskostüm da – aber Sekunde mal! Was ist eigentlich mit ihrem Recht auf Privatsphäre im Netz – lauern da nicht auch Gefahren? Darauf macht die Kinderrechtsaktivistin Sara Flieder seit Jahren aufmerksam – und gibt uns 5 wichtige Tipps, wie wir unsere Kinder besser schützen können.

Sara Flieder setzt sich als Soziologin und Kinderrechtsaktivistin schon lange für strengere, gesetzliche Regelungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte von Kindern ein. Foto: Gina Kühn

Sara Flieder setzt sich als Soziologin und Kinderrechtsaktivistin schon lange für strengere, gesetzliche Regelungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte von Kindern ein. Foto: Gina Kühn

„Irgendwann dachte ich so, wow, ich weiß ja wirklich so viel über diese Kinder. Ich kann ja quasi diese ganze Kindheit so live miterleben und das fand ich irgendwie erschreckend.“

Kinderrechtsaktivistin Sara Flieder berichtet im Echte Papas Podcast, wie sie dazu kam, sich überhaupt mit dem Thema auseinanderzusetzen. Als Social-Media-Referentin bei einem Kinderhilfswerk begann sie über Kooperationen, das Leben von Familien-Influencern zu verfolgen – und war sehr erstaunt, wie viel dort über Kinder preisgegeben wurde. Das ganze Interview mit ihr hört ihr hier:

Sie setzt sich seit Jahren sehr intensiv mit dem Thema „Kinderrechte im Netz“ auseinander. Im November 2022 startete sie eine Petition zum Schutz von Kinderrechten auf Instagram und erreichte damit in kürzester Zeit über 50.000 Unterschriften. Wir haben uns ihre Positionen einmal genauer angesehen und ihre 5 wichtigsten Tipps rund um den Schutz der eigenen Kinder im digitalen Zeitalter zusammengefasst.

Wie kann ich selbst für den Schutz der Privatsphäre meiner Kinder im Netz sorgen?

Die einfachste – und logischste – Antwort lautet: Erst gar nichts posten.

Sara Flieder setzt hier allerdings auf eine Altersstaffelung und grenzt das Ganze noch ein bisschen mehr ein, indem sie fordert, Kinder unter 7 Jahren völlig aus dem Netz herauszuhalten. Sie gibt eindringlich zu bedenken:

„Fotos von Kindern, die gerade aufs Töpfchen gehen oder im Schlafanzug unterwegs sind,  würde man ja niemals im eigenen Supermarkt an die Wand hängen oder irgendwo auf der Straße zehntausendfach an irgendwelche fremden Männer verteilen. Aber diese Ebene wird gar nicht gesehen – das finde ich tatsächlich so erschreckend“.

Allerdings ist auch klar: Je älter die Kinder werden, desto mehr steigt auch ihr eigenes Interesse daran, mit Social-Media-Kanälen zu experimentieren. Sara Flieder schlägt vor, Kinder mit steigendem Alter am Prozess zu beteiligen und erklärt ihre Idee der Altersstaffelung:

„…und danach (ab 7 Jahren aufwärts, Anm. d. Red.) sozusagen gestaffelt, dass sie dann mitentscheiden dürfen, weil sie (Kinder, Anm. d. Red.) haben ja auch ein Recht auf Teilhabe und so, das wollen wir natürlich auch nicht umgehen.“

5 Punkte, die Eltern beim Veröffentlichen von Kinderfotos und -videos bedenken sollten

Aus dem Podcast-Interview ergeben sich einige Handlungs-Leitlinien, die Sara Flieder unseren Hosts mit auf den Weg gegeben hat, und die wir an dieser Stelle einmal zusammenfassen wollen:

  1. Keine Bilder auf Social Media posten: Selbst „harmlose“ Fotos können missbraucht werden, ganz zu schweigen von Nacktfotos der Kinder in der Badewanne etc.
  2. Familienfotos nur in geschützten Gruppen teilen: WhatsApp & Co. sind nicht völlig sicher – private Messenger mit Verschlüsselung sind besser.
  3. Kinder mit einbeziehen: Schon früh fragen: „Darf ich das Bild Oma schicken?“ – so lernen sie ihre Rechte kennen.
  4. Bilder kritisch hinterfragen: Würde ich wollen, dass solch ein Foto von mir online ist? Wenn nicht, dann auch nicht vom Kind.
  5. Influencer meiden, die ihre Kinder ausstellen: Kein Like, kein Abo – der Markt regelt sich durch fehlende Nachfrage.

Warum „keine Kinderfotos im Netz“ – was sind die größten Gefahren?

So schön es auch ist, den ganzen Stolz mit allen zu teilen – wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, welche Gefahren das Verteilen von Kinderfotos im Internet birgt – und fassen hier nochmal die größten Gefahren zusammen:

  • Missbrauch durch Pädokriminelle: Selbst harmlose Kinderbilder können von Pädokriminellen missbraucht und im Darknet verbreitet oder für Kinderpornografie missbraucht werden.
  • Verletzung der Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte: Auch Kinder haben ein Recht am eigenen Bild, das durch ungefragtes Teilen verletzt wird. Zudem gilt: Was einmal im Netz ist, bleibt im Netz! Auch nach dem Löschen des Bildes kann es bereits tausendfach anderweitig geteilt worden sein – wir haben keinerlei Kontrolle über die Verbreitung.
  • Cybermobbing: Peinliche oder bearbeitete Fotos können für Mobbing missbraucht werden, was langfristige Auswirkungen auf die Psyche eines Kindes haben kann – ganz zu schweigen davon, dass wir eine unfreiwillige, digitale Identität schaffen, die ein Kind unter Umständen bis ins Erwachsenenalter verfolgt.
  • Risiko gezielter Kontaktaufnahme durch Täter mit sexuellen Absichten: Dieser Punkt wird vor allem dann akut, wenn Kinder eigene Profile auf Social-Media-Kanälen haben, über die sie kontaktierbar sind. Besonders gefährlich ist es dann, wenn Eltern den Nachrichtenaustausch über diese Profile nicht permanent im Blick haben.
  • Datenmissbrauch und Identitätsdiebstahl: Durch das Verbreiten von Kinderfotos und -videos steigt die Gefahr, dass Kriminelle das Material und die dazu bereitgestellten Informationen („Wir wohnen im schönen Ort XY“, z.B.) für betrügerische Zwecke nutzen.

Nochmal nachgehakt: Was ist das Darknet – und wo liegt hier das Problem?

Das Darknet ist ein verschlüsselter Teil des Internets, der nicht über herkömmliche Suchmaschinen zugänglich ist und spezielle Software erfordert, um darauf zuzugreifen. Es bietet Nutzern ein hohes Maß an Anonymität und wird sowohl für legale als auch illegale Zwecke genutzt.

Das Problem mit dem Missbrauch von Kinderfotos im Darknet ist besonders gravierend, weil Kriminelle die Anonymität des Darknets nutzen, um illegales Material wie Kinderpornografie zu verbreiten und zu handeln. Der Zugriff für Strafverfolgungsbehörden ist durch die Verschlüsselung und die Anonymität erschwert – es gestaltet sich schwierig, Täter zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen. Hinzu kommt: Einmal im Darknet veröffentlichte Bilder sind praktisch nicht mehr zu entfernen und können Kinder bis ins Erwachsenenalter verfolgen.

Dazu warnt Sara Flieder im Podcast:

„Das ist tatsächlich erschreckend, weil auch nachgewiesen wurde, dass ein Drittel der Bilder, die im Darknet gefunden wurden, von Social Media kommen. Das finde ich auch eine erschreckend hohe Zahl.“

Fazit: Passivität ist der beste Schutz

Der beste Schutz vor Missbrauch von Kinderfotos im Internet besteht darin, diese gar nicht zu verbreiten. So gerne wir auch die wertvollsten Momente teilen möchten – die Gefahren, die dahinter lauern, sind teilweise immens. Gleichzeitig sehen wir, wie wichtig es ist, Kindern schon früh ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Bildern im Internet zu vermitteln. Damit sie lernen, ihre eigene Privatsphäre zu schützen, sich über diese Gefahren im Klaren sind und die Kontrolle über ihre digitale Identität zu behalten.

Was denkt ihr über das Thema? Postet ihr Fotos eurer Kinder – oder seid ihr damit genauso vorsichtig unterwegs? Erzählt uns gern in den Kommentaren, wie ihr damit umgeht!

Viele Familien-Influencer zeigen regelmäßig ihre Kinder im Netz. Ist das eigentlich Kinderarbeit? Die Haltung von Sara Flieder dazu lest ihr hier: Moderne Kinderarbeit: Die Problematik der Familien-Influencer

Ilona Utzig

Ich bin Rheinländerin, lebe aber seit vielen Jahren im Hamburger Exil. Mit meiner Tochter wage ich gerade spannende Expeditionen ins Teenager-Reich, immer mit ausreichend Humor im Gepäck. Wenn mein Geduldsfaden doch mal reißt, halte ich mich am liebsten in Küstennähe auf, je weiter nördlich, desto besser.

Alle Artikel

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Neueste
Älteste Beliebteste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen