„Ich werde mir nie verzeihen, dass ich meinen toten Zwillingssohn nicht sehen wollte.“

Mama Claudia war schwanger mit Zwillingen. Einen ihrer Söhne musste sie tot zur Welt bringen – und traf eine Entscheidung, die sie bis heute bereut. Heute ist sie Mama von zwei Kindern an der Hand und einem im Herzen und hat uns ihre echte Geschichte anvertraut:

„Nachdem mein Mann und ich ungefähr ein Jahr lang versucht haben, ein Kind zu bekommen, waren wir überglücklich, als der Schwangerschaftstest zu Hause endlich positiv war. Um wirklich sicher zu sein, machte mein Gynäkologe einen Bluttest. Dieser zeigte, dass ich wahrscheinlich schwanger war– aber er meinte, mit Sicherheit könnte er es erst beim Ultraschall in der 7. Schwangerschaftswoche sagen.

Bei diesem Ultraschall wurde meine Schwangerschaft schließlich bestätigt, es gab aber eine Überraschung: Es waren sogar zwei Babys in zwei Fruchthöhlen in meiner Gebärmutter!

Erstmal waren wir total geschockt, doch darauf folgte ganz schnell doppelte Freude und doppelte Liebe!

Ich hatte eine komplikationslose Schwangerschaft. Mir war nicht schlecht, ich hatte keine seltsamen Essensgelüste und wurde sogar von der Arbeit freigestellt. Ich konnte die Schwangerschaft also wirklich genießen und unsere Babys konnten in aller Ruhe wachsen. Ich hatte Zeit,  mich auf das Mamasein vorzubereiten.

Doch eines Tages hatte die Arzthelferin Schwierigkeiten, beide Herztöne am CTG zu finden.

Es war bei einer Routineuntersuchung in der 30. Schwangerschaftswoche. Sie versuchte es eine ganze Weile, doch vergebens. Sie fand nur einen Herzschlag. Also sollte der Arzt sich das mal ansehen. Ich gab die Hoffnung nicht auf, dass die Arzthelferin einfach Schwierigkeiten mit dem CTG hatte und der Arzt uns jetzt sagen würde, dass alles gut ist. Doch leider kam bei der Untersuchung das selbe Ergebnis heraus: Nur bei einem Baby schlug das Herz noch.

Es war kaum zu glauben. Ich dachte immer, das kann doch gar nicht wahr sein. Sie haben sich vertan.

Für weitere Untersuchungen musste ich dann ins Krankenhaus. Ich hielt mich immer noch an dem Gedanken fest, dass mein Arzt etwas übersah und die Ärzte im Krankenhaus den Herzton des zweiten Babys finden werden. Doch auch dort gab es dasselbe Ergebnis: Eines meiner Babys war in meinem Bauch gestorben!

Meine Welt brach zusammen, doch irgendwie musste es trotzdem weiter gehen. Ich kämpfte für mein zweites Baby! In den nächsten Wochen ging ich viel häufiger zu Untersuchungen und CTGs, ich hatte sogar ein mobiles Gerät für Zuhause, denn ich musste ständig überprüfen, ob mein Baby noch am Leben war.

Ich kann mich kaum mehr an diese Wochen erinnern, weil ich einfach nur das eine Baby lebend gebären wollte. Etwas anderes hatte keinen Platz in meinem Kopf.

In der 35. Schwangerschaftswoche bekam ich dann Wehen. Das tote Baby lag in Steißlage in meinem Becken und löste somit die Wehen aus. Es kam also nur ein Kaiserschnitt infrage. Nach all dem Bangen und Hoffen konnte ich nun meinen lebenden Sohn in den Armen halten. Ich trug endlich mein Wunder in meinen Händen!

Ich wurde auch gefragt, ob ich meinen verstorbenen Sohn sehen möchte, aber das blockte ich ab. Ich bekam zur Erinnerung an ihn seine Hand- und Fußabdrücke.

Im kommenden Jahr funktionierten, lebten und liebten für unseren gesunden Jungen und kümmerten uns um das Grab unseres Sternenkindes.

Erst zum 1. Geburtstag schlug mir die Trauer mit voller Wucht ins Gesicht! Mich traf die Erkenntnis, dass mein Sohn gestorben ist. Mein eigenes Fleisch und Blut. Ich weinte in den nächsten Wochen viel und hinterfragte mich, was ich hätte in meiner Schwangerschaft anders machen können. Warum war mein Körper nicht stark genug, um zwei Kinder zu versorgen?

Ich war sauer und enttäuscht von mir selbst, dass ich mein totes Baby nicht in meinen Arm gehalten habe, als ich es konnte, und bereute diese Entscheidung sehr. Und das tue ich bis heute!

Mein heute zehnjähriger Sohn und auch sein jüngerer Bruder wissen, dass es einen Zwilling gab. Wir besuchen regelmäßig gemeinsam das Grab unseres Sternenkindes und in Gesprächen wird er oft erwähnt. Er lebt trotzdem in unserer Familie und in unseren Herzen weiter.“

 


Liebe Claudia, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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Catleesiemotherofcats
Catleesiemotherofcats
1 Tag zuvor

Liebe Claudia, sei gütig zu dir. Es ist bestimmt hart ein im Bauch gestorbenes Kind zur Welt bringen zu müssen und es niemals richtig kennen lernen zu dürfen. Du wolltest sicherlich einfach nur stark sein für dein lebendes Baby. Ich wünsche euch alles Liebe 🧡