„Ich wehrte mich gegen den Dammschnitt – zum Glück!”

„Meine Schwangerschaft verlief problemlos. Irgendwann kam die Frage auf, in welchem Krankenhaus ich entbinden möchte. In meiner Stadt gibt es drei Kliniken, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Ich sah mir alle an und entschied mich für die Uniklinik, in der ich selbst zur Welt kam.

In der 40 SSW hatte ich nachts eine leichte Blutung.

Ich rief beim Krankenhaus an und fuhr direkt mit meinem Mann hin. Die Hebamme war super nett und nahm sich Zeit. Es war nur eine Zeichnungsblutung und da auf dem CTG keine Wehen zu sehen waren, durften wir wieder heim. Die Hebamme scherzte noch, dass wir uns zur Geburt wiedersehen würden. Aber schon acht Stunden später ist dann meine Fruchtblase geplatzt.

Wir fuhren also wieder ins Krankenhaus, als ich dort ankam, hatte ich schon alle zwei Minuten Wehen. Wieder hatte ich eine nette Hebamme, die mir einen Tee gemacht hat und mir ein Bad einließ. Ich fühlte mich wohl. Da mein Muttermund nur langsam aufging und die Wehen laut CTG noch schwach waren, stellten wir uns auf eine lange Geburt ein. Am frühen Abend wollte die Hebamme nochmal eine Untersuchung machen.

Als es soweit war, hatte ich schon das Gefühl, pressen zu müssen.

Die Hebamme sah nach wie weit mein Muttermund inzwischen geöffnet war und sagte: ‚Es sind neun, nein zehn Zentimeter. Es geht jetzt los!‘ Dann rief sie die zuständige Ärztin. Ab dem Zeitpunkt änderte sich alles. Die Ärztin war recht jung und wirkte genervt. Sie sah mich an, meinte, da wäre ja gar nichts und wollte wieder gehen. Die Hebamme hielt sie auf und sagte ihr, dass man bei den Wehen schon das Köpfchen sehen könnte.

Widerwillig blieb die Ärztin und sah dann selbst das Köpfchen bei der nächsten Wehe. Diese waren sehr kurz, nur 20 bis 30 Sekunden jeweils. Die Ärztin meinte nur, dass das so nicht klappen würde, ich müsse auch ohne Wehen pressen. Ok, tat ich. Auf einmal hielt die Ärztin ein Skalpell in der Hand und sagte: ‚Der Damm hält nicht, ich schneide jetzt!‘

Ich sah meinen Mann und die Hebamme an, lag auf dem Rücken, die Beine abgestützt.

Aber trotz meiner hilflosen Lage war ich alles andere als bereit, mich kampflos zu ergeben. Auf keinen Fall wollte ich einen Dammschnitt und das machte ich klar: ‚Wenn die mir zu nahe kommt, trete ich ihr ins Gesicht!‘ Mir war in dem Moment völlig egal, wie sich das anhörte. Die Ärztin war natürlich nicht besonders angetan.

Zum Glück war die Hebamme auf meiner Seite. Sie meinte, sie könne den Damm stützen damit nichts reißt. Die Ärztin gab mir dann mit dem Skalpell in der Hand noch zwei Wehen. Und ich schaffte es! Ich presste auch als die Wehen vorbei waren und nach zwei Wehen war das Köpfchen draußen. Mein Damm war nicht gerissen. Fast hatte ich das Gefühl, dass die Ärztin sich ärgerte, weil nichts gerissen ist, obwohl sie es prophezeit hatte.

Insgesamt gingen die Presswehen nur eine halbe Stunde.

Die Ärztin wirkte aber trotzdem durchgehend gestresst. Ihr ging die Geburt offenbar trotzdem noch zu lange und sie riss an der Nabelschnur, damit die Plazenta schneller kommt. Keine 10 Minuten nach der Geburt meines Sohnes war auch die Plazenta draußen. Den Vorgang fand ich sehr schmerzhaft, fast schmerzhafter als die Geburt meines Babys.

Sobald die Ärztin dann endlich wieder weg war, war alles entspannt. Nach dem Schichtwechsel kam die Hebamme rein, die ich schon in der Nacht kennen gelernt hatte. Wir scherzten, dass sie jetzt doch die Geburt verpasst hätte, ich fühlte mich wieder wohl. Auf der Wochenstation erfuhr ich, dass die anderen beiden Entbindungskliniken einen Aufnahmestopp angeordnet hätten und somit alle Gebärenden in die Uniklinik kamen, in der ich lag.

28 Schwangere warteten auf einen der vier Kreissäle.

Da war ich froh, dass ich vor dem Ansturm reinkam. Weil mein Fruchtwasser bei der Geburt grün war, musste mein Sohn in die engere Überwachung. In jeder Schicht (auch nachts) ging ich dafür mit meinem Sohn in das Schwesternzimmer zum Temperatur messen und wiegen.

In der zweiten Nacht kam mir um 5 Uhr morgens die Ärztin zufällig auf dem Gang entgegen, als ich mit meinem Sohn zur Untersuchung ging. Sie sagte, dass es mir ja gut ginge und ich jetzt (um 5 Uhr morgens!) entlassen werde könnte. Ich erklärte ihr etwas überrumpelt, dass wir noch nicht mal die U2 hatten, aber sie meinte nur ungerührt: ‚Die kann ja am Vormittag noch gemacht werden.’

Bei der U2 fiel dem Kinderarzt das geringe Geburtsgewicht meines Sohnes auf.

Er wollte weitere Untersuchungen, ich sollte noch einen Tag bleiben. Die Ärztin war außer sich, als sie das mitbekam. Sie wüsste nicht, was sie jetzt machen sollte, schließlich bräuchte sie mein Bett. Ich setzte mich wieder durch und blieb. Zum Glück, denn in der Nacht hatte ich eine starke Blutung, die mir große Angst machte. Die Krankenschwester war sofort für mich da, war sehr rücksichtsvoll und half mir.

Abschließend kann ich sagen, dass sich alle Hebammen, die mich betreuten, genauso wie die Schwestern trotz der vielen Arbeit immer zuvorkommend und nett um mich und mein Baby gekümmert haben. Aber die Ärztin hat es mit ihrer Behandlung geschafft, dass ich mich beim nächsten Kind für eine andere Klinik entscheiden würde. Leider muss bei einer Geburt ein Arzt anwesend sein, ich hätte meine Ärztin in keiner Situation gebraucht.”


 

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Daniela
Daniela
3 Jahre zuvor

Ich finde es bewundernswert, dass sie sich bei der Ärztin durchgesetzt haben.
Ich hatte bei der Geburt meines Sohnes solche Angst vor unnötigen Eingriffen von Seiten der Ärzte in einer Klinik, dass für mich von Anfang an klar war, dass ich in unser Geburtshaus gehe. Mein Mann war zu Beginn von dieser Idee nicht sehr begeistert, da seine erste Tochter (mit einer anderen Frau) per Notkaiserschnitt auf die Welt kam. Wir haben uns trotzdem verschiedene Kliniken angeschaut- zum Glück aber die Zusage für das Geburtshaus bekommen. Und aus medizinischer Sicht sprach auch nichts dagegen. Einige Leute fanden es unverantwortlich – aber ich hatte mich viel mit selbstbestimmter Geburt auseinandergesetzt. Für uns war es die beste Entscheidung.