Haben andere Mamas perfekte Kinder – oder lügen sie nur besser als ich?

Ich trage mein Herz auf der Zunge. Ich bleibe gerne bei der Wahrheit. Ich beschönige selten Dinge, vor allem solche, die es nicht wert sind. Ich mache gerne Witze auf meine Kosten. All das wird mir regelmäßig zum Verhängnis, wurde es schon immer.

Ich habe das Gefühl, dass viele Leute es als Schwäche auslegen, wenn man eben solche zugibt.

Und dann zu gerne in dieselbe Kerbe hauen, allerdings in nicht mehr ganz so charmanter Form. Mein „Makel“ wird genüsslich dazu genutzt, von den eigenen Unzufriedenheiten abzulenken. Oder sich selbst besser darzustellen. Na gut. Finde ich komisch, aber kann ich mit umgehen.

Allergisch reagiere ich inzwischen allerdings, wenn andere Eltern ihre Sprösslinge und natürlich sich selbst über meine Tochter und mich erheben.

Klugscheißer! Besserwisser! Natural Born Super-Parents!

Anfangs, kurz nach der Geburt meiner Tochter, hatte ich den Traum, dass Eltern zusammenhalten und sich gegenseitig mit Tipps und Trost unterstützen. Ich wurde schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt – und es hört einfach nicht auf.

Ein Beispiel? Meine Tochter trug relativ lange eine Windel. War mir ebenfalls relativ lange wurscht, ich machte mir keine Gedanken. Das würde schon kommen bzw. gehen! Gedanken machten sich dafür aber die anderen: „Lass sie doch mal unten ohne rumrennen! Ist jetzt im Sommer doch perfekt. Liam-Adam hat das so innerhalb von 24 Stunden gelernt mit der Toilette. Jaaa, auch nachts! Ja, klar, auch Kacka!“

Nun ja. Ich hatte das schon versucht. Aber nach vier pitschnassen Leggings hintereinander war ich mir nicht mehr so sicher, ob es der richtige Zeitpunkt und die richtige Methode für meine Tochter war… (Übrigens: Drei Monate später ging meine Tochter dann von sich aus aufs Töpfchen.)

Das erzählte ich der eifrigen Ideen-Geberin aber gar nicht. Die Wahrheit ist doch: Es hätte sie nicht interessiert. Es ging ihr nicht darum, uns zu helfen. Es ging darum, mir zu erzählen, was für eine gute Idee sie doch hatte und wie schnell der kluge Liam-Adam mal wieder gelernt hatte.

„Lächeln und winken“, das habe ich als Mama schnell gelernt.

Es geht los beim Schlaf des Kindes („Maite schläft schon von Geburt an acht Stunden am Stück – wir machen es abends aber auch ganz ruhig und liebevoll alles.“), weiter mit dem Thema Essen („Tjarg hat sich von Anfang an lieber Obst und Gemüse genommen, obwohl auch immer Gummibärchen auf dem Tisch stehen. Ich hab in der Schwangerschaft aber auch extrem gesund gegessen, das hat eben seinen Geschmack geprägt.“) bis zum heutigen Tag hin, beim Thema Hausaufgaben („Odin macht echt supergerne zu Hause noch die Extra-Aufgaben. Ich hab ihm aber immer sehr viel vorgelesen, auch auf Englisch, das hat ihm Lust aufs Lernen gemacht!“) – jedes Thema ist bestens dazu geeignet, Salz in die Wunde zu streuen.

Auch ich habe vorgelesen und mache es noch, wir haben seit jeher wunderschöne Abendrituale und ja, auch ich hab mir in der Schwangerschaft den einen oder anderen Apfel genehmigt. Ich muss es aber niemanden unter die Nase reiben!

Denn all das hat am Ende doch rein gar nichts damit zu tun, was einem Kind leichtfällt und was nicht. Mal im Ernst! Jedes Kind ist ein Individuum und hat andere Stärken und Schwächen, Vorlieben und Sachen, auf die es (erst später) Lust hat. Genau wie seine Eltern.

Und das Schöne ist doch, dass Eltern und ihre Kinder meist wunderbar zusammenpassen. Und was nicht ganz passt, wird passend gemacht – man rauft sich im Laufe der Zeit zusammen und schaut, was in Sachen Erziehung gut für die eigene Familie taugt.

Eltern können das. Und genau deswegen ist es auch unnötig, ungefragt (!) schlaue Ratschläge zu geben und Urteile zu fällen.

Es wird aber niemals aufhören, sie sind überall, die Besserwisser. Am besten meidet man daher gewitzt Konfrontationen mit ihnen. Die kosten nur unnötig Kraft. Schaffe ich es nicht, ihnen aus dem Weg zu gehen, nicke ich inzwischen freundlich zu jedem Vorschlag und mache dann einfach so weiter, wie ich es meine. Das kürzt quälende Gespräche in der Regel ungemein ab.

Kennt ihr sie auch, diese Eltern, die sich durch „wohlgemeinte“ Ratschläge am Ende nur selbst besser darstellen wollen? 
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Wie geht ihr mit Besserwisser-Eltern um?x
Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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Ulrike
Ulrike
1 Jahr zuvor
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Omg, direkt aus meiner Seele gesprochen, nur wäre ich nicht im Ansatz so nett geblieben❤️

Vanessa K.S.
Vanessa K.S.
1 Jahr zuvor
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Wie wahr das doch alles ist!! Danke für diesen schönen und ehrlichen Bericht. Ich habe 4 Kinder und kann gerade bei Nr. 1 ein Lied von diesen Hausaufgaben singen – unfassbar, wie naiv ich an diese Schulzeit herangegangen bin – es ist einfach nur schrecklich anstrengend!!

Und Nr. 4 rennt quasi 24/7 mit Schnuller herum – tja und es ist mir egal. 🙂

Ich bin gerne mit dir zusammen ehrlich.

Liebste Grüße, Vanessa

Bettina
Bettina
1 Jahr zuvor
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Heute ganz gelassen 🙂 meine Kinder sind nicht perfekt. Gibt es sie überhaupt, es heißt doch „nobody is perfect“ und das finde ich auch gut so, jeder Mensch ist ein Individium, jeder geht seinen Weg, manche geradlinig und manche eben nicht. Der eine ist schnell, der andere brauch länger… wenn ich zurückblicken, sage ich voller Stolz, meine Kinder sind für MICH perfekt, und so soll es auch sein.

Kathi
Kathi
1 Jahr zuvor

Jaaa, auch ich kenne es. Aber nicht nur von Eltern, sondern auch von kinderlosen Personen. Es gibt immer jemanden, der angeblich alles „besser“ weiß. Mir aber egal! Ich denke mir dann oft meinen Teil dazu 🤣. Ich kenne es aber auch umgekehrt…. Wenn mal wieder ein stressiger Tag war (z.B. auf der Arbeit und später das eigene Kind noch extrem zickig wird, weil man bei dem schönen Wetter lieber draußen mit den Freunden spielen möchte, anstatt Hausaufgaben zu machen) und am Abend mit seiner Schwester telefoniert und von dem grauenhaften Tag erzählt, um sich einfach mal Luft zu machen, war bei meiner Schwester komischerweise immer alles stressiger/anstrengender/ schlimmer etc. 😂😂
Solche Leute gibt es natürlich auch 😅 aber….. Nicken, lächeln, jaja sagen und sich seinen Teil zu denken hilft😉 Gleichgesinnte zu haben, die sehr ähnlicher Meinung sind, hilft natürlich auch.

Wäre jedes Kind gleich, würde es genau 1 Ratgeber geben, der beim Befolgen zu 100% funktioniert. Aber jedes Kind ist anders/einzigartig und das beste Rezept für die Erziehung schreibt sich jede Familie selbst.

Franziska Krüsi
Franziska Krüsi
1 Jahr zuvor
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Dein Artikel gefällt mir! (Ich bin jetzt so mal so frech und duze dich😉). Habe gerade meinen älteren Sohn ins Bett gebracht und heute lief wirklich alles schief un jetzt mache mir gerade Gedanken darüber wie ich es beim nächsten Mal besser machen könnte. Die eigenen Fehler und Schwächen zu sehen bringt uns weiter und das es nicht immer rund läuft darf auch bei uns jeder wissen. Ich mach das so wie du, wenn mir etwas gefällt was mir jemand sagt mache ich es ansonsten nicken und lächeln😏. Alles Gute dir und herzliche Grüsse aus der Schweiz!

Anne
Anne
1 Jahr zuvor

Diesen Artikel zu lesen hat mir unglaublich gut getan. Ich habe zwei Schwägerinnen mit Kindern im selben Alter wie meine. Da kommt auch kein Gespräch zustande, sofort kommen ungebetene besserwissende Ratschläge und es ist zermürbend. Leider is auch mein Gatte von diesem Kaliber. Kann man sich nur abgrenzen denn ändern wird sich das nie. Ich kam mir immer so dämlich vor, aber seit ich gemerkt hab dass das auch von anderen als nervig empfunden wird hat sich mein angeschlagenes Selbstbewusstsein etwas erholt

Caro
Caro
1 Jahr zuvor
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„Leider“ war ich auch eine dieser Mütter,die blauäugig von anderen Ehrlichkeit erwartet hat. Jedes Kind aus meinem Geburtsvorbereitungskurs hat natürlich sofort durchgeschlafen,ist ohne so ein Teufelszeug wie Schnuller ausgekommen,es gab keinerlei Stillprobleme, mein Kind darf niemals TV schauen usw … nach einem Treffen hab ich mich dann aber gefragt, warum alle so tiefe Augenringe haben, manche dann doch plötzlich geschnullert haben, ich nach anfänglichen Stillprobleme dann nach knapp 5 Monaten die Einzige war, die noch gestillt hat oder warum ein Vater dann sagt er würde jedes Wochenende Fußball mit dem Sohnemann schauen. Als ich dann nach 2 Monaten eine Federwiege hatte und mein Sohn sich so super ablegen ließ und auch mal allein schlief,kamen dann auch ganz interessierte Mails bei mir an … meinen Teil hab ich mir gedacht.

Das war auch der einzige ungefragt Tipp,den ich einer Freundin gegeben habe: „Nirgendwo wird so viel gelogen wie unter Eltern“

Doro
Doro
1 Jahr zuvor

Jaaaaa…. wie schön solche Zeilen zu lesen…

Meine beiden 2 und 8 machen an manchen Tagen das Leben zur Hölle und trotzdem liebe ich sie über alles und möchte die zwei nicht missen.

Aber ja, sie schreien im Supermarkt, wenn die Zähne geputzt werden sollen, es ins Bett geht oder einfach weil Mama nicht gerade das macht, was das Kind gerade möchte.

Vor einer Woche hat mein kleiner Sonnenschein einen Wutausbruch gehabt, weil Mama den Vorgarten vom Unkraut befreit hat. Vorher war alles gut, aber dann war ich wohl 5 min zu lange im Vorgarten und Madame wollte, dass Mama ‚JETZT‘ rein kommt. Wutausbruch in der Haustür, so dass die freundliche Nachbarin darauf aufmerksam wurde… die Gute meinte es natürlich gut und brachte meinem Zuckerpüppchen (2) einen schönen dicken Lolli zur Beruhigung…ungefragt… mir ist alles aus dem Gesicht gefallen. Warum muss man sich so einmischen und dann auch noch das Verhalten belohnen?! – ich habe mich freundlich bedankt und Töchterchen den Lutscher ausgepackt. War natürlich sofort entspannt und die Nachbarin stolz darauf mir, der unfähigen Rabenmutter, mit meinem anstrengenden Wutzwerg geholfen zu haben.

Gut, dass wir alle doch alle irgendwie keine Engel haben und die Kinder ihre Grenzen nunmal austesten wollen und vor allem auch dürfen.

Und wenn ich halt keinen Orden als „Bestmomever“ bekomme, so weiß ich, dass auch nach einem Wutausbruch wieder die Sonne scheint und meine Kinder mich schätzen und lieben. Auch wenn es von mir keinen Lutscher gegeben hätte…

Heike
Heike
1 Jahr zuvor
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Hab ihnen immer gesagt, wie toll sie sind.und dazwischen paar mal gelacht oder gegrinst. Waren etwas irritiert

Jenny
Jenny
1 Jahr zuvor
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Lächeln und meine Gedanken für mich behalten. Habe ich aber erst beim 2. und 3. Kind so gehandhabt.

Julia
Julia
1 Jahr zuvor
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Kann ich so unterstreichen. Die Schwiegermutter wäre hier vielleicht noch zu erwähnen. Die ist so mit am Schlimmsten, wie ich finde. Allerdings bin ich nicht immer so diplomatisch, wie die Autorin hier. Je nach Hormonlage kann ich auch wunderbar dagegenschießen, wenn wieder eine sagt „Also, ich wundere mich ja, dass ihr das… macht“ oder „so würde ich es nicht machen“.

Tralala
Tralala
1 Jahr zuvor

Stimmt, man sollte grundsätzlich nicht viel auf die Meinung anderer geben. Ich informiere mich lieber selbst bei vertrauenswürdigen Quellen als informiert zu werden.

Aber eine kleine Bitte als Tragemama..
Vorwärts tragen ist so schlecht für die Hüfte und den Rücken eines Babys. Vielleicht ist so ein Bild für den Beitrag nicht ganz so geeignet. 😖

Miranda
Miranda
1 Jahr zuvor

Ja die Sprüche hören auch nicht auf und man darf sich (wenn man den Rat nicht annimmt) anhören wie verzogen das eigene Kind am Ende ist.

Ja klar andere Kinder haben keine Trotzphase und sind richtig le Selbstläufer * sarkasmusbuttonout*

Katrin
Katrin
1 Jahr zuvor
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Top geschrieben,endlich mal ehrliche Tatsachen.

Christina P
Christina P
1 Jahr zuvor

Jeder hat irgendwo einen Makel, man muss nur abwarten. Ich nehme es freundlich zur Kenntnis und vergess es dann wieder ala die Ärzte lass sie reden – song.
Hilft ungemein und wenn sie nach einer Zeit kommen und fragen, ob ihr Tipp mir geholfen hat und es jetzt klappt, frag ich zurück: welcher Tipp?
Macht man dann 2-3 Mal und schon hat man dauerhaft seine Ruhe.
Wenn ich sehe das andere wirklich mit einem Thema besser umgehen, frag ich selber nach und hol mir Tipps.

Kathleen
Kathleen
1 Jahr zuvor
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Jeder kennt sein Kind am besten und weiß wann es so weit ist. Aber manchmal sind Ratschläge goldwert.

Netter Mensch
Netter Mensch
1 Jahr zuvor

Danke für diesen tollen Artikel. Er spricht mir aus der Seele. Jeder ist anders, jeder findet seinen Weg. Warum muss man sich immer profilieren, indem man andere schlecht macht? Werde es nie verstehen, kenne dieses Momshaming untereinander aber bestens aus dem Bekanntenkreis.

Alexandra Grützner
Alexandra Grützner
1 Jahr zuvor
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Ich lasse sie reden,jeden das seine. Kinder sind verschieden. Aber manchmal geht es mir auf den Zeiger. Habe ein Kind ,mit Handycab. Wenn gesagt wird,er ist jetzt 16,da muss er das uns das können. Wenn man Handycab,nicht sieht…. aber gleichzeitig,heißt es schon mal,das kann er nicht entscheiden…..Sie sind die Mutter … aber soll autonom sein ..