„Gleich, ich muss noch kurz…“: Weg mit diesem Nerv-Satz!

„Gleich, Schatz, ich muss noch mal kurz…“

Gestern ist es mir wieder passiert. Nicht ein Mal, nicht zwei Mal, nicht drei Mal – nein, bestimmt 100 Mal. Und ich übertreibe nicht!

Ich habe diesen Satz immer wieder zu meinem Sohn Paul, 3, gesagt. 

Zum Beispiel so:

Er: „Mama, kannst du mit mir in der Sandkiste spielen?“
Ich: „Gleich, ich muss noch kurz die Wäsche aufhängen. Dann komm ich.“

Er: „Ich will jetzt was trinken, Mama“
Ich: „Ich schenke dir gleich ein Glas Wasser ein, Schatz. Ich muss nur noch schnell auf mein Telefon schauen. Ich warte auf eine wichtige Nachricht.“

Das ging den ganzen Tag so. Ich war irgendwann selbst überrascht, was ich alles so tun musste, dass ich mir in Gedanken Notizen machte:

Tisch decken, Brote schmieren, Teller in die Spülmaschine stellen, Tee kochen, Wäsche aufhängen, Emails checken, ein Telefonat führen, das verschüttete Wasser vom Boden wischen, einer Freundin zum Geburtstag gratulieren, eine Einkaufsliste schreiben etc., etc., etc.

Ich musste und musste und musste also, bis mein Sohn irgendwann wütend wurde und sagte:

„Ich will aber JETZT, Mama! Immer sagst du, du kommst gleich, dann kommst du aber nicht!“

Und recht hatte er. Punkt.

Ich legte den Löffel, den ich gerade in der Hand hielt, sofort weg, nahm meinen Sohn in den Arm und sagte: „Süßer, das tut mir so leid. Komm, ich helfe dir jetzt mit der Eisenbahn.“

Mein Sohn strahlte, ich auch – aber ich war noch aufgewühlt.

Denn wenn ich ehrlich bin, hat mein Sohn nicht nur ein bisschen, sondern sooo recht. Eigentlich geht es viel zu oft so: Er möchte etwas und ich antworte „Gleich, ich muss kurz noch…“ Und dann schiebe ich nicht nur die Wäsche von der Waschmaschine in den Trockner, sondern lege auch noch die trockenen Sachen zusammen. So werden aus 30 Sekunden schnell drei Minuten.

Und dabei geht es nicht darum, dass ich als Mama immer springen muss, wenn er etwas möchte. Auch in der Kita oder bei den Großeltern muss er schließlich ab und zu warten. So ist das Leben.

Verrückt ist aber, dass ICH im Gegenzug immer erwarte, dass er sofort reagiert:

Am liebsten sage ich nämlich auch nur ein Mal „Ziehe bitte deine Jacke an“ oder „Hebe das Blatt Papier auf“.

Was mein Sohn gerne darauf antwortet? „Gleich, Mama, ich will nur noch kurz mit meinem Hubschrauber spielen.“

Da haben wir es: Er hat sich das „Ping-Pong-Spiel“ schon von mir abgeschaut. 

Deshalb nehme ich mir gleich, nein jetzt (!), drei Dinge vor:

  1. Nicht immer, aber immer öfter komme ich sofort, wenn er nach mir ruft – abhängig davon, ob ich gerade wirklich etwas Wichtiges mache oder nicht.
  2. Ich unterscheide im Tagesablauf noch mehr nach „Spielzeit“ und „Haushaltszeit“: Bei ersterer widme ich Paul die komplette Aufmerksamkeit, bei letzterer weiß er, dass ich in einem festen Zeitrahmen auch noch andere Dinge erledige.
  3. Ich gewöhne mir das Wort „muss“ ab! Klar, Spülmaschine einräumen ist nicht gerade mein Hobby, aber klingt doch auch netter für mich: „Ich räume jetzt die Spülmaschine aus“ statt „Ich muss jetzt das Geschirr ausräumen“.

Drückt mir die Daumen, dass ich gut durchhalte! Ich berichte…

Tamara Müller
Als süddeutsche Frohnatur liebe ich die Wärme, die Berge und Hamburg! Letzteres brachte mich vor sieben Jahren dazu, die Sonne im Herzen zu speichern und den Weg in Richtung kühleren Norden einzuschlagen. Ich liebe die kleinen Dinge im Leben und das Reisen. Und auch wenn ich selbst noch keine Kinder habe, verbringe ich liebend gerne Zeit mit ihnen.

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