„Legen Sie sich mit einer Wärmflasche auf dem Bauch aufs Sofa. Etwas Bewegung kann auch helfen!“
Viele Frauen können über diese gut gemeinten Tipps gegen Periodenschmerzen nur herzlich lachen. Um anschließend gleich wieder in Tränen auszubrechen – denn bei ihnen schlägt die Menstruation mit einer unglaublichen Intensität zu. Etwas Wärme oder ein Spaziergang helfen hier nicht oder nur wenig – die Betroffenen nehmen monatlich starke Schmerzmedikamente.
Die Beschwerden beschränken sich dabei nicht immer nur auf Krämpfe im Unterleib. Denn als wäre das nicht schon schlimm genug, wird ihre Menstruation für betroffene Frauen zur Ganzkörper-Erfahrung inklusive Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerzen und Rückenschmerzen. Sie sind regelrecht außer Gefecht gesetzt.
Zum Glück erkennen allmählich einige Ärzte, dass ernsthafte Periodenschmerzen ein echtes Thema sind. John Guillebaud ist Professor für reproduktive Gesundheit am University College London und hat mit Quartz über Dysmenorrhö gesprochen – so der medizinische Begriff für Regelschmerzen.
Zitat: „Regelschmerzen sind fast so schlimm wie ein Herzinfarkt.“
Natürlich hat nicht jede Frau so heftige Beschwerden, aber ab und zu ziemlich schmerzhafte Perioden kennt wohl jeder. Dysmenorrhoe wird in zwei Typen unterteilt, bei der primären handelt es sich um allgemeine Schmerzen, die sekundäre (oder auch erworbene) Dysmenorrhoe wird dagegen oft durch Erkrankungen wie Endometriose, Zysten oder Entzündungen hervorgerufen. Ehe diese auslösenden Erkrankungen aber diagnostiziert und somit therapiert werden, leiden Frauen oftmals Jahre unter den Schmerzen.
John Guillebaud zu Quartz: „Wenn Männer diese Schmerzen aushalten müssten und jeden Monat das Gefühl hätten, dass ihre Körper sie quälen möchten, wären ganz sicher schon mehr Möglichkeiten da, diese Beschwerden zu lindern.“ Aber Männer bekommen sie nun mal nicht, und so „wurde dem Thema nicht die Wichtigkeit gegeben, die es verdient. Ich denke, die Medizin sollte sich darum genauso kümmern wie um alle anderen Schmerz-Themen.“ Starke, wahre Worte!
Aber was passiert denn eigentlich bei einer Dysmenorrhoe, die nicht durch Erkrankungen ausgelöst wird? Wie kommt es zu diesen starken Schmerzen?
Während der Regelblutung wird die über den Zyklus aufgebaute Gebärmutterschleimhaut durch bestimmte Hormone (Prostaglandine) abgestoßen, die Gebärmutter unterstützt diesen Vorgang durch Kontraktionen. Zieht sie sich dabei übermäßig stark und lang zusammen, leidet ihre Durchblutung darunter. Dies führt dann zur schlechten Sauerstoffversorgung des Gewebes und zum Regelschmerz. Die Prostaglandine können aber auch an anderen Organen, wie dem Magen-Darm-Trakt und der Gefäßmuskulatur angreifen – daher leiden wir an den verschiedensten Körperstellen.
Wenn die Beschwerden ein unübliches Ausmaß annehmen, ist man beim Arzt definitiv gut aufgehoben. Schließt er organische Ursachen aus, kommen meist Schmerzmittel und krampflösende Mittel zum Einsatz. Der Erfolg ist jedoch begrenzt: Gerade schwere Formen der Dysmenorrhö lassen sich schlecht mit Schmerzmitteln behandeln. Außerdem ist diese Behandlung rein symptomatisch. Im nächsten Monat nehmen die Menstruationsbeschwerden wieder ihren Lauf.
Eine Alternative stellt übrigens die Pille dar. Durch ihre Zusammensetzung hält sie den Progesteronspiegel im Körper hoch und kann so die Schmerzen mindern. Für Frauen, die ohnehin eine hormonelle Verhütung wünschen, kann dies ein guter Weg sein. Aber die Pille „nur“ wegen der Dysmenorrhö nehmen? Das sollte jede Frau gut abwägen, denn immerhin greift die Pille grundlegend in den Hormonspiegel ein.
An dieser Stelle denken wir wieder an John Guillebaud: Hier hat die Forschung noch viel zu tun!
Gehen wir offen mit diesen Schmerzen um, ohne Scham – sie sollten kein Tabu sein. Nur so haben wir eine Chance, dass weiter an schonenden, hilfreichen Alternativen zur Behandlung von immensen Regelschmerzen gearbeitet wird.