Patchworkfamily-Model als Chance für die Kinder nutzen:

Die Trennung der Eltern ist in der heutigen Zeit eher die Regel als die Ausnahme: Fast 50 Prozent der Ehen werden geschieden, und das betrifft rund 130.000 Kinder jährlich in Deutschland. Dazu kommen noch die Kinder, deren Eltern nie verheiratet waren. Weil Mama und Papa dann aber selten für immer alleine bleiben, ist Patchwork ein Alltagsthema.

Wie „Echte Mama“ Alexandra lernte, das als Chance für sich und ihre Tochter zu sehen, hat sie uns erzählt:

Die Mutter des neuen Kindes meines Ex-Mannes kommt zum Kaffee. Wenn ich das jemandem erzähle, der keine Kinder hat, ist derjenige meist ziemlich erstaunt und ungläubig. Schließlich scheint es ein Naturgesetz zu sein, die „Neue“ des „Alten“ hassen zu müssen.

Wenn wir zwei Frauen uns aber treffen, verstehen wir uns blendend. Nicht nur, weil Sophia inzwischen ebenfalls „die Ex“ ist, sondern auch weil wir gut miteinander auskommen und nicht zuletzt auch, weil unsere Kinder sich heiß und innig lieben.

Das ist wohl der Grund dafür, warum dieses Naturgesetz ausgehebelt wird -oder werden sollte-, sobald Kinder im Spiel sind. Sie können nichts dafür, dass eine Beziehung scheitert, Papa oder Mama sich neu verliebt.

Im Idealfall läuft die Trennung dann so vonstatten, dass die Kinder nicht viel von Streit und verletztem Stolz mitbekommen. Traurigkeit hingegen, das darf und soll sein, so Psychologen. Schließlich bedeutet es immer ein einscheidendes Erlebnis für alle Beteiligten, nach dem hinterher nichts mehr so ist, wie es war. Kinder fühlen sich oftmals allein gelassen, wollen mit ihrer eigenen Traurigkeit die Eltern nicht noch trauriger machen.

Darum ist es wichtig, mit ihnen darüber zu sprechen und die Traurigkeit auszuhalten. Trösten, beschwichtigen und das berühmte „Das ist alles halb so schlimm“ helfen nicht, im Gegenteil. Es hilft nur die Zeit, die die Wunden heilen lässt und dafür sorgt, sich irgendwann neu zu finden und einzurichten.

In unserem Fall hieß das: meine Tochter Amelie musste immer weniger werdenden Kontakt zum Vater aushalten, ich die Tatsache, dass ich nichts dagegen tun konnte. Doch zum Glück trat mit Sophia bald eine neue Frau in sein Leben und zum Glück sind Kinder einfach wunderbar.

Sophia sorgte dafür, dass sich Papa und Tochter wieder regelmäßiger sahen und manchmal wurde sogar ein Ausflug zu dritt daraus: Amelie, ihr Papa und dessen neue Freundin.

Die wurde von mir naturgemäß kritisch beäugt, von Amelie allerdings mit offenen Armen in ihrem Leben begrüßt. Vorurteile, Eifersucht oder gar Hass kannte das damals dreijährige Mädchen nicht. So lernte auch ich, damit umzugehen und mich über die Besuche zu freuen.

Als schließlich Sophia und mein Ex-Mann ein Kind bekamen, waren wir schon ein halbwegs gutes Team. Amelie und ich besuchten Sophia und den neugeborenen Tom im Krankenhaus, staunten über seine kleinen Fingerchen, bewunderten seine kleinen Öhrchen und die große Halbschwester durfte – stolz wie Bolle – das Baby sogar auf den Arm nehmen.

So hätte es ewig weitergehen können, wäre mein Ex-Mann nur nicht mein Ex-Mann. Es begann zu kriseln, schließlich trennte er sich unter dramatischen Umständen von Sophia. Er tauchte unter und uns blieben nur noch wir. Gemeinsam verfluchten wir ihn, wenn unsere Kinder abends friedlich schlummerten und als er wieder auftauchte, schickten wir uns gegenseitig Nachrichten darüber, ob und in welchem Zustand er sein jeweiliges Kind gesehen hatte.

Lange dauerte das allerdings nicht, und er verschwand wieder, dieses Mal auf Nimmerwiedersehen. Für beide Kinder war es ein herber Schlag, den wir beide versuchten, abzufedern. Ohne zu lügen, aber doch mit einigen Auslassungen erklärten wir unseren Kindern, dass Papa erstmal sehr weit weg sei. Tom ließ es auf sich beruhen, Amelie hingegen bohrte oft und viel nach. Sophia und ich sprachen ab, was wir wie und wann erzählen würden.

Und wir sahen uns nun häufiger denn je. Dass Amelie und Tom „nur“ Halbgeschwister sind, das störte und stört die beiden nicht im geringsten. Sie machen Unfung wie ihn nur Bruder und Schwester machen können, spielen und streiten sich. Und was am wichtigsten ist: Sie haben das gute Gefühl, dass sie nicht alleine sind. Weder Amelie noch Tom haben das Gefühl, dass es an ihnen liegt, dass Papa weit, weit weg ist. Keinem der beiden kommt der Gedanke, dass es etwas mit ihnen zu tun hat. Sie haben zwar keinen Vater, dafür ein tolles Geschwisterchen und noch eine Bonus-Mama dazu!

Inzwischen ist unsere Patchwork-Familie um einen Mann und ein Baby angewachsen, und auch dabei half die ungewöhnliche Konstellation den Kindern, sich mit den neuen Verhältnissen abzufinden. Amelie ist nun stolze große Schwester von zwei Brüdern und hat den neuen Mann von Papas Ex-Freundin als ihren besten Freund auserkoren. Warum? „Weil man mit dem sooo gut toben und raufen kann!“

Rebecca

Schon seit rund einer Dekade jongliere ich, mal mehr, mal weniger erfolgreich, das Dasein als Schreiberling und Mama. Diese zwei Pole machen mich aus und haben eines gemeinsam: emotionale Geschichten!

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