Demos gegen Rechts: Wie erkläre ich das meinem Kind?

In den letzten Tagen sind sie überall: Bilder von Menschenmassen, Bannern und Plakaten, mal lustig, mal ernst – und oft auch mit Worten, die Zuhause am Familienesstisch eigentlich nicht erlaubt sind. In Deutschland gehen derzeit Zehntausende auf die Straße, um gegen die AfD und Rechtsextremismus zu protestieren. Diese Bilder gehen natürlich auch an Kindern nicht vorbei, zumal bei den meisten Demos auch zahlreiche Kinder dabei waren. Aber wie erklärt man ihnen am besten, was gerade passiert?

Grundsätzlich gilt natürlich wie immer: Ihr kennt euer Kind am besten und könnt am ehesten einschätzen, wie viel euer Kind schon versteht und wie viel ihr ihm zumuten könnt. Je nach Alter könnt ihr also immer umfangreicher in euren Ausführungen werden. Aber auch den Kleinsten kann man schon knapp erklären, worum es aktuell geht, ohne Angst zu machen:

Kita- und Grundschulkinder:

Es gibt eine bestimmte Gruppe von Menschen in Deutschland, darunter sind z.B. Politiker oder auch Chefs von großen Unternehmen, die vor Kurzem einen geheimen Plan gemacht haben. Sie wollen nicht, dass Menschen aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, um hier in Frieden zu leben oder zu arbeiten. Aber sie wollen auch nicht, dass viele andere Menschen, die schon seit langer Zeit hier leben, bleiben dürfen. All diese Menschen sollen laut dem Plan der Gruppe aus Deutschland vertrieben werden.

Die vielen Menschen gehen nun auf die Straße um zu zeigen, dass sie den Plan ablehnen und auf niemanden in unserer Gesellschaft verzichten wollen. Sie sagen: In Deutschland sind alle Menschen gleich wichtig und jeder darf hier friedlich, frei und gemeinsam leben – egal wo sie herkommen oder welche Sprache sie sprechen.

Am greifbarsten wird ein so abstraktes Thema für Kinder, indem euch vielleicht ein konkretes (behutsam vorgebrachtes) Beispiel aus eurem Alltag einfällt: „Kind XY dürfte dann zum Beispiel nicht mehr in die Kita kommen“ oder „Auf XY müsstet ihr dann als Fußballtrainer verzichten“.

Größere Kinder ab ca. 8 Jahren:

Abgesehen davon, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland den Geheimplan der Gruppe ablehnt, gibt es in Deutschland Regeln und Gesetze, an die sich jeder halten muss, der hier lebt. Diese Ordnung nennt man Demokratie. Das Wichtigste von allen ist das Grundgesetz. Darin steht zum Beispiel, dass kein Mensch benachteiligt werden darf, egal aus welchem Land er kommt, welche Hautfarbe oder welche Religion er hat. Deshalb verstößt der Plan der Gruppe auch gegen die in Deutschland geltenden Gesetze, weshalb viele Menschen wütend sind und gegen die Gruppe demonstrieren.

Warum sagt man „gegen rechts“?

In einer Demokratie gibt es viele verschiedenen Parteien, also Gruppen, in denen sich Menschen mit gleichen Interessen versammeln. Je nach Stärke der Meinungen, ordnet man diese Gruppen (das kann man sich wie auf einem Lineal vorstellen) von links nach rechts ein. An beiden Enden des Lineals, also ganz links und ganz rechts sind dann die Gruppen mit den ganz extremen Ansichten.

Rechtsextreme sind also Menschen, die unsere Regeln des Zusammenlebens in einer Demokratie und in Deutschland ablehnen. Sie möchten nicht, dass Menschen aus anderen Ländern zu uns kommen und denken nicht, dass alle Menschen gleich viel wert sind. Um andere Menschen von ihrer Meinung zu überzeugen, sind sie sogar bereit Gewalt zu benutzen und Hass zu schüren.

„Nie wieder ist jetzt“ – Fragen zu Holocaust und Nazis

In der Regel wird der Holocaust und der Nationalsozialismus in Deutschland erst in der 9. Klasse in der Schule behandelt – aus gutem Grund. Aber nicht selten kommen schon vorher Fragen, sei es wegen Stolpersteinen, Mahnmalen oder Straßenschildern, die daran erinnern. Auch hier müsst ihr immer abwägen, für wie viel Informationen euer Kind schon bereit ist.

Wichtig ist, dass ihr nicht lügt, übermäßig beschönigt oder auf Fragen gar nicht antwortet. Im Zweifelsfall ist es dann besser ehrlich zuzugeben, dass man dazu gerade auch keine Antwort weiß, weil das Thema auch für Erwachsene sehr schwierig ist.

In Hinblick auf die aktuelle Thematik lässt sich aber gut erklären, dass es vor langer Zeit schon einmal eine rechtsextreme Gruppe gab, die vor und während des zweiten Weltkriegs in Deutschland für viele Jahre regiert hat. Weil diese „Nationalsozialisten“ genannt werden, kürzt man sie oft auch als „Nazis“ ab. Damals wurden viele Menschen aus dem Land vertrieben und sehr schlecht behandelt. Deshalb gehen die Menschen heute auf die Straße und bekunden lautstark, dass so etwas „nie wieder“ passieren darf. 

Ein für etwas größere Kinder ebenfalls gut greifbares Beispiel, was Ausgrenzung und Angst bedeuten kann, ist das berühmte Tagebuch der Anne Frank (Empfohlen ab ca. 12 Jahren). Darin geht es darum, wie sich das junge Mädchen jahrelang verstecken muss, nicht laut sein darf und ihre Katze nicht mitnehmen durfte. Dinge, die auch schon jüngere Kinder gut nachvollziehen können, ohne das gesamte Ausmaß und Grauen des Holocausts kennen zu müssen.

Dass ein weiteres Erstarken der AfD weitreichende Folgen für uns alle haben wird, steht außer Frage. Welche Auswirkungen es aber konkret auf Familien haben könnte, kannst du in diesem Artikel nachlesen: Was könnte es für Familien bedeuten, wenn die AfD regiert?

Jana Krest
Obwohl ich ein absolutes Landkind aus der Eifel bin, lebe ich schon seit einigen Jahren glücklich in Hamburg. Hier habe ich nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Soziologie auch noch meinen Master in Journalistik und Kommunikationswissenschaften gemacht. Während meines Studiums kümmerte ich mich frühmorgens, wenn die meisten noch schliefen, bei der Deutschen Presse-Agentur darum, dass die nächtlichen Ereignisse aus ganz Norddeutschland in die Nachrichten kamen. Und ich hatte jahrelang noch den für mich besten Nebenjob der Welt: Die süßen Kinder von anderen betreuen. Nachdem ich Echte Mamas zunächst als Praktikantin kennenlernen durfte, schreibe ich nun als Redakteurin über alles, was Mamas beschäftigt: Von praktischen Ratgeber-Texten über aktuelle Trends bis hin zu wichtigen Recht- und Finanzthemen.

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