„Das Neugeborenenscreening hat unserem Baby das Leben gerettet.”

Unsere Kleine ist im Januar 2021 zur Welt gekommen. Die Schwangerschaft war weitestgehend komplikationslos.

Die Kleine war da und alles war perfekt.

Natürlich haben auch wir den Informationsbogen für das Neugeborenenscreening bekommen und gelesen bzw. versucht, das Wirrwarr an Begriffen zu verstehen. Wir haben der Untersuchung selbstverständlich zugestimmt.

Wenn man ehrlich ist, denkt man tief im Inneren immer, dass das eigene Wunder niemals davon betroffen sein kann, gerade wenn irgendetwas vererbt werden müsste. Genetik hatte man vor vielen Jahren mal kurz im Biounterricht, das wars dann auch schon.

So dachten wir zumindest.

Doch eine Woche später rief das Krankenhaus an, weil die Werte der Kleinen auffällig seien. Wir sollten sofort ins Krankenhaus fahren, wenn wir irgendetwas bemerken würden. Auf die Frage, was genau denn überhaupt los sei, wurde nur gesagt, dass wir sie im Auge behalten sollten, da es sonst schlimmstenfalls zu Tod oder Koma kommen könnte.

Ehrlich gesagt, haben wir dann völlig abgeschaltet und sind in Tränen ausgebrochen. Was bedeutet das für die Kleine und uns? Sie ist unser erstes Kind und wir hatten so gut wie keinen Vergleich. Für uns war sie völlig unauffällig, wie ein Neugeborenes eben ist.

Das bestätigten zum Glück auch meine Eltern.

Nachdem wir uns beruhigt hatten, riefen wir nochmal in der Klinik an und versuchten, weitere Infos zu bekommen. Der Arzt warf mit irgendwelchen Begriffen um sich. Verständliche Erklärungen gab es nicht.

Leider gehörte ich auch zu den Personen, die dann googlen. Davon rate ich jedem ab! Denn schlussendlich hatten die Begriffe nichts mit dem zu tun, was tatsächlich Sache war.

Die dann durchgeführten Kontrolltests waren ebenfalls auffällig.

Wir holten uns sofort alle Unterlagen und machten einen Termin bei unserem Kinderarzt und in einer auf Stoffwechselstörungen spezialisierten Klinik. Innerhalb von 24 Stunden wurden wir empfangen und aufgeklärt.

Die Ärztin war toll. Unsere Kleine hat einen MCAD-Mangel, das bedeutet, dass sie eine Störung im Abbau mittelkettiger Fettsäuren hat (z. B. enthalten in Palm- oder Kokosfett). Dies ist erblich. Sprich, sowohl mein Mann als auch ich tragen beide ein ‚defektes Gen‘ in uns und haben es beide weiter vererbt.

Die Chance dafür liegt aktuell bei 1:10.000.

Diese Diagnose bedeutet, dass unsere Tochter aus diesen Fetten keine Energie gewinnen und dementsprechend auch nicht speichern kann. Solche Reserven sind allerdings wichtig, gerade in Phasen von längeren Nüchterzeiten (z.B. Nachts oder bei Appetitlosiskeit oder Krankheit).

Deshalb müssen wir unbedingt darauf achten, dass unsere Kleine nicht zu lange nüchtern ist. Hierzu gibt es eine spezielle Tabelle, die uns vorgibt, wie lange sie höchstens nüchtern sein darf.

Je älter sie wird, desto länger werden auch die Nüchternphasen.

Insbesondere bei Krankheit, Erbrechen, Fieber etc. und damit einhergehender Trink- und Essschwäche kann es zu einer Unterzuckerung kommen. Die kann lebensgefährlich sein, wenn man nicht umgehend eine Klinik aufsucht.

Das nennt sich ‚Stoffwechselentgleisung‘. Es ist also entscheidend, dass wir ihre Nüchternzeiten immer im Blick haben.

Wir legen  großen Wert darauf, dass dies nicht als Krankheit im eigentlichen Sinne gewertet wird.

Es ist eine Störung. Aufgrund unserer eigenen Erfahrungen möchten wir außerdem einen Appell an alle Mütter und Eltern richten, das Neugeborenenscreening machen zu lassen.

Denn leider gibt es Eltern, die den ‚Pikser‘ in die Fersen als ‚Körperverletzung‘ oder ‚unnötig‘ empfinden.

Aber es ist so enorm wichtig.

Denn in der Zwischenzeit haben wir Eltern kennengelernt, bei denen der MCAD-Mangel leider nicht rechtzeitig erkannt wurde bzw. es schon kurz nach oder unter der Geburt zu einer Entgleisung kam. Für die Babys kam leider jede Hilfe zu spät.

Desto früher man Störungen, Krankheiten etc. entdecken kann, desto besser stehen die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung oder Prävention. Also, bitte, liebe Eltern, denkt an die Vorsorgeuntersuchungen und geht nicht leichtfertig mit der Gesundheit eurer Kinder um!

Gott sei Dank isst unsere Kleine fleißig und ist kaum zu stoppen.

Deswegen hatten wir glücklicherweise noch keinen Berührungspunkt mit einer Entgleisung oder ähnlichem. Wir sind unendlich dankbar, dass die heutige Medizin so weit ist und vieles aufklären kann. Es muss definitiv weiter geforscht werden, damit mehr Menschen geholfen wird!

P. S.: Unsere Tochter kann werden, was sie möchte: Hochleistungssportlerin, Tänzerin oder auch Ärztin, aber eben mit einem Snack zwischendurch. Das schadet uns ja auch nicht ;).

Durch sie ist unser Leben einfach komplett und wir sind dankbar, dass der MCAD-Mangel rechtzeitig erkannt wurde.


Liebe Eileen, vielen Dank für deine Geschichte. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft.

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Arjan
Arjan
Antworten  Yvonne
1 Jahr zuvor

Hallo unser Kind ist auch betroffen
Möchte dich gerne Fragen wie war das bei eure Tochter bei einer Grippe ect

Danke im Voraus
Mit freundlichen Grüßen

Yvonne
Yvonne
1 Jahr zuvor

Hallo,
habe durch Zufall deine Geschichte gelesen. Es ist wirklich selten, daß jemand die gleiche Geschichte hat wie wir. Unsere Tochter kam 2015 zur Welt und auch hier wurde mir eine Woche nachdem sie geboren wurde mitgeteilt dass sie diesen seltenen MCAD-Mangel hat. Wir waren geschockt und sind dann in eine Stoffwechselklinik gefahren. Es war tatsächlich so, daß wir da zwar gut aufgeklärt wurden aber das hat mich nicht wirklich beruhigt. Es wird ganz wenig darüber berichtet und das hat mich wahnsinnig gemacht. Es war anfangs echt schwierig bis wir gemerkt haben, daß es keine Krankheit im Sinne von krank sein ist!! Unsere große Maus ist mittlerweile 7 Jahre alt und sie ist ein ganz normales Mädchen wie alle anderen 🙂 trotzdem war bzw ist es für uns auch wichtig, daß wir wissen wie wir im Ernstfall reagieren müssten! Zum Glück trat so ein Fall noch nie ein und umso älter die werden umso besser wird auch der Stoffwechsel. Ich wünsche euch alles Gute!