„Wird mein Sternenkind mir den Wunsch nach einem Baby verzeihen?“

„Als ich vor rund zweieinhalb Jahren einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, war ich die glücklichste Frau der Welt. Er war die Krönung einer richtig guten Zeit, die hinter mir und meinen Mann lag. Wir hatten uns, verstanden uns unglaublich gut, waren gesund, hatten beide gute Jobs und kannten somit auch keine finanziellen Sorgen… Wir wohnten in einer kleinen, wunderschönen Wohnung. Wir wussten zu schätzen, dass es uns so gut ging – hatten aber im Nachhinein dabei nie auf dem Schirm, wie zerbrechlich so ein Glück ist.

Ein Baby sollte uns komplett machen und nach einigem ,Probieren‘ klappte es tatsächlich auch. Ein kleines Mädchen wuchs in meinem Bauch heran.

Mir ging es während der Schwangerschaft die meiste Zeit nicht so gut, ich nahm alle typischen Beschwerden mit. Aber das war mir (fast) egal, ich wusste ja, wofür ich das aushielt.

Wir richteten das Kinderzimmer ein, kauften Babyklamotten und freuten uns immer mehr.

Bis ich in der 15. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt hatte. So weit in der Schwangerschaft fortgeschritten, dass ich mir eigentlich kaum noch Sorgen gemacht hatte. Keiner hatte geahnt, was passieren würde, auch mein Gynäkologe nicht.

Ich möchte hier nicht erzählen, woran es lag. Das bleibt unser Teil der Geschichte – und es ist auch nicht mehr wichtig. Es war eine Laune der Natur, wie man sagt.

Mir zog es den Boden unter den Füßen weg. Es war, als wäre ich selbst gestorben.

Ich konnte keine Freude mehr empfinden, ich sah keinen Sinn mehr in allem.

Und meine Ohnmacht hielt an. Mein Mann, der ebenfalls in ein tiefes Loch gefallen war, befreite sich nach und nach daraus. Er trauert natürlich auch bis heute, aber er konnte sein Leben relativ schnell wieder „normal“ leben.

Ich brauchte dagegen therapeutische Hilfe. Erst sträubte ich mich dagegen, es kam mir wie ein Verrat vor, den Schmerz lindern zu wollen. Hatte mein Baby es nicht verdient, dass ich es beweinte?

Dass ich nicht voller Freude ohne es durchs Leben ging, wo es eigentlich in meinem Arm sein sollte?

Inzwischen habe ich große Fortschritte gemacht. Ich kann wieder arbeiten und machmal lache ich sogar. Aus vollem Herzen. Mein Baby ist immer bei mir, in meinem Herzen, ich spreche mit ihm und liebe es von ganzem Herzen.

Seit ein paar Wochen merke ich aber, dass ich mich nach einem weiteren Kind sehne. Ein kleines Geschwisterchen für mein Sternchen.

Und ja, ehrlich gesagt auch eines, das ich im Arm halten kann, wickeln, füttern und aufwachsen sehen. Ich fühle mich bereit.

Aber ich schäme mich so sehr für diese Sehnsucht. Und zwar vor meinem Sternenkind. Ist es wirklich richtig, moralisch gesehen? Ich fühle mich so schuldig, dass mein zweites Baby alles bekommen wird. Unsere Nähe, unsere Pflege, unseren Alltag. Wird mein Baby im Himmel mir das verzeihen?

Mein Mann, der sich wirklich sehnlichst noch ein Baby wünscht, und ich streiten uns im Moment viel über dieses Thema. Er ist den ganzen Weg meines Schmerzes mit mir gegangen, aber hier fehlt ihm nun das erste Mal das Verständnis.“


Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), wir danken dir ganz herzlich für deine bewegende Geschichte. Wir wünschen dir und deiner Familie von Herzen alles Gute und Liebe für die Zukunft.

Echte Geschichten protokollieren die geschilderten persönlichen Erfahrungen von Eltern aus unserer Community.

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

 

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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Kunigunde
Kunigunde
2 Monate zuvor

Erst mal mein Beileid.

Ich weiß wie du dich damit fühlst, beim mir war es fast genauso wie bei dir.

Ich habe vor ca. 6 Jahren, meine beiden Zwillinge verloren eins in der 11ssw und das zweite in der 14ssw.

Habe die beiden bei meinem Opa auf dem Friedhof beerdigen dürfen.

Aber Kopf hoch habe jetzt eine kleine Tochter die schon 1 Jahralt ist.

Deine kleine Tochter im Himmel würde sich bestimmt freuen, wenn es ein Geschwisterchen bekommt und vom Himmel aus auf es aufpassen darf.

Anonym
Anonym
2 Monate zuvor

Ich habe selbst zwei Sternenkinder und kann dich sehr gut verstehen! Wenn man sich auf sein Baby freut, liebt man es, sobald der zweite Streifen auf dem Test erscheint. Ab diesem Moment träumt man von dem kleinen Leben, das man aufwachsen sieht, von all den ersten Malen, den kleinen Händchen und Patschefüßen. Warum sollte ein Abschied von all dem, was sein könnte, weniger weh tun als ein anderer Abschied von einer geliebten Person?
Aber niemand kann einem anderen Menschen wünschen, ewig zu trauern. Man muss den Mut finden, loszulassen und weiterzumachen. Dein kleines Mädchen ist dadurch nicht vergessen. Du kannst es weiterhin lieb haben.
Wäre dein Baby geboren und aufgewachsen und du hättest irgendwann den Wunsch gehabt, ihm ein Geschwisterchen zu schenken, wie würdest du dich dann fühlen? Hättest du ein schlechtes Gewissen, weil deine Erstgeborene dich fortan teilen muss? Sieh die Situation ähnlich, das hat mir geholfen: Du hast dein erstes Baby nicht weniger lieb, wenn du ihm ein Geschwisterchen schenkst. Ich selbst habe inzwischen nach meinen beiden Sternchen zwei gesunde Mädchen im Arm. Meine Sternchen funkeln für sie.
Ich wünsche euch alles Liebe 🤞

Ich
Ich
2 Monate zuvor

Erst einmal tut mir leid was ihr durch stehen musstest. Ich habe drei Kinder und habe jedes Zimmer erst eingerichtet als der Embryo überlebensfähig war. In der 15 ssw alles fertig zu haben, ist schon recht fix. Daran sieht man wie sehr du dich auf deine Tochter gefreut hast. Habe bitte kein schlechtes Gefühl und schau nach vorne. Deine Tochter möchte Mama glücklich sehen. Ich rate dir, dich von deiner Tochter zu verabschieden, mach eine kleine Zeremonie. Beerdige sie emotional. Mach dir einen trauertisch und irgendwo im garten/Wald ein kleines Grab. Du musst dich verabschieden! Alles Gute für euch