„Ich hielt und küsste mein Baby, dann konnte ich es gehen lassen.“

Ein absolutes Wunschkind stirbt in Mamas Bauch – schlimmer geht es nicht. Wie übersteht man diese Nachricht und wie geht es nach der Diagnose weiter?

Unsere Echte Mama Merle, 42, hat uns erzählt, wie sie diese Situation erlebt hat:

„Einmal vorab: Ich bin vierfache Mutter, also eine kinderreiche und glückliche Mama. Meine erste Tochter ist 17 Jahre, mein Sohn 14. Mit meinem jetzigen Mann habe ich zwei gemeinsame süße Töchter, die 4 und 3 Jahre alt sind. Außerdem habe ich einen Stiefsohn von 16 Jahren – also viel zu tun.

Am 5. November 2018 hielt ich einen positiven Schwangerschafts-Test in der Hand. Die Freude war groß, da mein Mann und ich uns einen gemeinsamen Sohn wünschten. Wir hielten trotzdem den Ball flach, weil ich in der Vergangenheit mehrere Fehlgeburten hatte. Ich kam nie über die 7. Schwangerschaftswoche hinaus.

Einen Monat später ging ich aber zum Frauenarzt, der die Schwangerschaft bestätigte, und bekam meinen Mutterpass. Die Wochen vergingen und es sah alles gut aus! In der 17. Schwangerschaftswoche wollten wir wissen, was es ist – doch das Baby war frech und hat uns nur den Popo gezeigt! Es war aber weiterhin alles okay mit unserem Kind.

Am 6. März hatte ich wieder einen Termin zum Ultraschall beim Frauenarzt. Am Abend vorher spürte ich das Baby und streichelte mir glücklich über den Bauch. Ich war in der 21. Schwangerschaftswoche und war euphorisch: Was sollte denn jetzt noch schiefgehen? Am Morgen des Arzttermins spürte ich mein Baby wieder.

Was ich damals nicht mal ahnte: Ich spürte es zum letzten Mal. Das war wohl sein Abschieds-Gruß gewesen.

Mein Mann und unsere beiden kleinen Töchter lagen mit der Grippe im Bett, also machte ich mich mittags alleine auf den Weg zum Arzt. Obwohl ich dort nur eine halbe Stunde gewartet habe, kam mir diese Zeit ewig vor. Ich wollte mein Kind wiedersehen! Und außerdem hoffte ich ja, endlich sein Geschlecht zu erfahren.

Als ich endlich dran kam, sagte mein Arzt noch, dass mein Gebärmutterhals noch für zwei Kinder reichen würde. Dann untersuchte er mich weiter – und meinte dann schnell, dass etwas nicht stimmt. Er zeigte mir den Monitor des Geräts und der Alptraum war auch für mich sofort sichtbar: Es gab keine Herzaktivität mehr.

Ich war geschockt und betete, dass dies nur ein schlimmer Traum sein möge. Doch der Arzt sagte, er würde mich ins Krankenhaus überweisen. Er machte die Papiere fertig und war selbst merklich geschockt. Ich fuhr alleine direkt ins Krankenhaus, mein Mann kam später nach. Ich hoffte die ganze Zeit über weiterhin, dass das Ultraschallgerät kaputt war und dies nur ein Traum war.

Aber der Arzt im Krankenhaus bestätigte nur die Diagnose: keine Herzaktivität.

Er klärte mich auf, wie alles ablaufen würde. Ich wollte nur noch nach Hause. Dort angekommen, war nichts mehr wie vorher. Ich verspürte eine große Traurigkeit und tiefen Schmerz. Mein Mann und ich unterhielten uns, was wir machen würden. Uns war sofort klar, dass wir keiner Obduktion zustimmen würden. Es kam für uns nicht in Frage,  mein Baby aufschneiden zu lassen. Wir entschieden uns für ein Begräbnis.

Baby soll begraben werden

Wir entschieden uns dafür, unser Baby begraben zu lassen. Symbolfoto: Bigstock

Später am Abend, als alle im Bett waren und ich allein war, habe ich meinen Bauch festgehalten und konnte meine Tränen nicht mehr aufhalten.

Es war kein Traum, es war alles real und ich verabschiedete mich von meinem Baby.

Am nächsten Morgen fuhren wir ins Krankenhaus. Nicht nur ich und mein Herz weinten, sondern auch der Himmel. Es regnete in Strömen.

Im Krankenhaus klärte man mich über die Risiken auf und ich musste vieles unterschreiben. Um die Mittagszeit bekam ich mein Zimmer, zum Glück war ich allein und konnte weinen, bis ich keine Tränen mehr hatte. Die Geburt wurde mit fünf Tabletten eingeleitet und am nächsten Tag, dem 8. März 2019 um 16.25 wurde mein kleiner Schatz Elias tot geboren.

Ein Junge! Und er war so süß und perfekt.

Er hatte sich die Nabelschnur dreimal um den Hals gewickelt und sie hatte sich verknotet. Er war ein kleiner Turner.

Ich habe meinen Kleinen ganze vierzig Minuten in meinen Armen gehabt, ich konnte mich nicht satt sehen an ihm. Die Hebamme machte noch Fotos von ihm und Fußabdrücke, er war so perfekt. Ich küsste meinen Jungen noch zum Abschied und musste dann zur Ausschabung.

Heute, der Tag, an dem ich diesen Text schreibe, ist das Ganze auf den Tag drei Wochen her.

Dieser Schmerz sitzt so tief. Mein Baby wurde am 13.03.2019 begraben und ich bin froh, ihn in der Nähe zu haben. Ich kann ihn jederzeit besuchen gehen, und auch, wenn ich so unendlich traurig bin, geht das Leben geht weiter, die Erde dreht sich weiter.

Ich durfte mein Baby riechen und küssen und weiß, dass es ihm gut geht. Nun habe ich einen Engel. Meine Erfahrung, vielleicht hilft sie anderen Frauen, denen so etwas passiert: Ihr solltet euer Baby liebkosen, es ist so, als ob es friedlich schläft und genau dieses Bild tragt ihr immer in euren Herzen.

Das ist die Geschichte von meinem Baby Elias.“

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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