„Als Papa würde ich alles geben, nur wieder ihre Stimme zu hören.”

Er wollte einfach nur ein guter Vater sein. Doch nach der Trennung wurde Dominik Schritt für Schritt von seiner Tochter entfremdet – bis kein Kontakt mehr blieb. Was bleibt, ist die Liebe zu seinem Kind – und die Hoffnung, sie eines Tages wieder in die Arme schließen zu können.

„Ich bin Vater einer elfjährigen Tochter. Und ich leide darunter, dass sie mir von ihrer Mutter entfremdet wurde. Schritt für Schritt wurde der vereinbarte Umgang eingeschränkt, bis er schließlich ganz eingestellt wurde.

Am Anfang war alles gut.

Als ihre Mama und ich noch zusammen waren, hatte ich eine wunderbare, innige Beziehung zu meiner Tochter. Marie* war ein fröhliches Kind, wir haben viel gelacht, Blödsinn gemacht und abends vor dem Fernseher gekuschelt.

Ich war beruflich sehr eingespannt, arbeitete über 40 Stunden pro Woche, war aber seit Corona fast immer im Homeoffice. Morgens haben meine Exfrau und ich Marie gemeinsam zur Schule gebracht, mittags habe ich sie abgeholt, wir haben zusammen gegessen.

Ein Foto aus glücklichen Tagen. Foto: Privat

Ein Foto aus glücklichen Tagen. Foto: Privat

Es war ein klassisches Familienmodell – und es hat funktioniert.

Maie hat mir einmal gesagt: ‚Papa, meinen ersten Schnaps trinke ich mit dir.‘ Ich weiß nicht, warum mir das so im Kopf geblieben ist. Vielleicht, weil es zeigt, wie nah wir uns waren.

Doch irgendwann nach der Trennung begann sich etwas zu verändern. Zum ersten Mal merkte ich es an ihrem zehnten Geburtstag. Ich durfte sie an diesem Tag zum Brunch sehen – zwei Stunden, außerhalb der üblichen Zeiten. Sie sagte mir: ‚Papa, das ist ein komischer Geburtstag, weil ich jetzt von Mama zu dir muss.‘ Damals habe ich das nicht ernst genommen.

Maries Geburtstagstisch bei Papa Dominik.

Maries Geburtstagstisch bei Papa Dominik. Foto: Privat

Aber es war der Anfang einer Entwicklung, die ich nicht stoppen konnte.

Meine letzten Begegnungen mit meiner Tochter hüte ich in meiner Erinnerung wie einen Schatz. Am Vatertag 2024 kam sie nach der Schule zu mir. Sie hatte ein aufgeklapptes Buch dabei, das sie einfach auf den Tisch legte. Später erfuhr ich, dass es ein Vatertagsgeschenk war – sie sagte es aber nicht zu mir, sondern zu meiner Freundin. Ich habe das Buch gut in meiner Erinnerungskiste verstaut. Kurz darauf war sie wegen Läusen bei mir, und wir haben das Wochenende mit Waschen und Entlausen verbracht.

Das war das letzte Mal, dass sie bei mir war.

Wenige Tage später drehte ihre Mutter mir daraus einen Strick – weil Marie wegen der Läuse erst am Montag zurückkam und an dem Tag nicht in die Schule ging. Danach war sie plötzlich immer krank, wenn sie bei mir sein sollte.

Ich dachte, wir wären trotzdem auf einem guten Weg. Es gab eine feste Vereinbarung: jedes zweite Wochenende, jeden Mittwoch. Doch kurz bevor ein weiterer Tag dazukommen sollte, sah ich Marie zufällig auf dem Schulweg. Ich sprach kurz mit ihr – das reichte aus, damit ihre Mutter mir Körperverletzung vorwarf. Angeblich hätte ich sie festgehalten. So durfte ich Marie erst einmal nicht mehr sehen – bis ich es gerichtlich einklage.

In den zwölf Wochen, bis das Verfahren endlich begann, wurde meine Tochter vollständig entfremdet. Sie sagte der Verfahrensbeiständin, dass sie mich nicht mehr sehen wolle. Das Familiengericht und das Jugendamt sagten zwar, sie wüssten, dass die Mutter Marie beeinflusst, aber man könne es nicht beweisen. Also passierte nichts.

Ich hatte danach nur noch sporadisch Kontakt zu ihr.

Bis ihr Handy, das ich ihr geschenkt hatte, ausgeschaltet wurde. An Weihnachten kam dann die Nachricht, dass Marie mit ihrer Mutter in die Schweiz zieht. Ich stimmte nicht zu, also beantragte die Mutter das alleinige Sorgerecht.

In der nächsten Gerichtsverhandlung ging es dann gar nicht mehr um den Kontakt zwischen uns, sondern nur noch um meinen Widerstand gegen den Umzug. Inzwischen lebt Marie mit ihrer Mama und ihrem neuen Partner in der Schweiz.

Ich blieb zurück.

Eigentlich wurde vereinbart, dass Marie und ich jeden Sonntag um 19 Uhr telefonieren. Die Gespräche wurden immer kürzer, dann hörten sie ganz auf. Zu Ostern wollte sie eigentlich mit mir essen gehen – aber die Mutter schrieb, Marie habe ‚keine Lust‘.

Ich schreibe ihr regelmäßig Karten und Briefe. Einmal kam eine Antwort. Sie forderte, dass ich mich endlich entschuldige – wofür, sagte sie nicht. Die Mutter verwendet meine Briefe jetzt als Beweis dafür, dass ich Maries ‚klaren Willen‘ nicht respektiere.

Ich habe alle Bilder abgehängt und alle Erinnerungen in Kisten gepackt.

Ganz nach hinten, tief in der Kammer. Seit zwei Jahren gehe ich zur Therapie. Zum Glück habe ich eine Partnerin an meiner Seite, die eine große Stütze für mich ist. Aber es gibt Tage, an denen ich kaum zwei Stunden schlafe. Ich habe viele Haare verloren, bin nicht mehr so belastbar. Den Sport habe ich fast aufgegeben. Ich laufe nur noch, um durchzuhalten.

Ich war lange auf der Suche nach Gleichgesinnten – nach Vätern, die ähnliches erleben. Manche Selbsthilfegruppen tun gut, andere ziehen einen noch tiefer runter. Schließlich fand ich das Netzwerk ElternRat/VaterRat. Dort geht es um Elternschaft auf Augenhöhe, auch nach der Trennung. Es hilft, sich austauschen zu können.

Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als meine Tochter wiederzusehen.

Ich habe ihren Geruch vergessen, weiß nicht mehr, wie es sich anfühlt, sie zu umarmen, wie ihre Stimme klingt. Ich versuche, keine Erwartungen zu haben. Ich will einfach nur wieder Zeit mit ihr verbringen.

Dominik schmerzen die Erinnerungen.

Dominik schmerzen die Erinnerungen. Foto: Privat

Vor Kurzem war mein Scheidungs- und Umgangsverfahren.

Die Scheidung war in wenigen Minuten erledigt, das anschließende Verfahren war beschämend. Eigentlich sollte das Gericht das Wohl des Kindes schützen – doch obwohl alle wissen, dass Marie manipuliert wird, schreitet niemand ein.

Die Verfahrensbeiständin schrie mich an, ich solle endlich akzeptieren, dass es so ist. Sie verglich meine Situation mit einem Wasserschaden, den man irgendwann einfach hinnehmen müsse. Das sei Kindeswohl.

Jetzt sollen ‚Erinnerungskontakte‘ etabliert werden.

Dabei handelt es sich um zwei bis vier Treffen im Jahr, unter Aufsicht, ohne direkten Kontakt. Ich darf nicht einmal mit meiner Tochter sprechen, sondern nur über einen Mediator.
Selbst das Schweizer Jugendamt sagt, dass dieses Modell nichts bringt. Ich komme mir vor wie ein Schwerverbrecher.

Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Ich will einfach nur meine Tochter wiedersehen – und sie einmal in den Arm nehmen können.

Offensichtlich können meine Exfrau und ich nicht mehr gut miteinander umgehen.

Aber das darf nicht dazu führen, dass unsere Tochter darunter so sehr leidet. Ich weiß, dass ich auch Fehler gemacht habe, darüber denke ich sehr viel nach. Und auch wenn ich im Moment keinen Kontakt zu ihr habe, hoffe ich, dass sich das eines Tages ändert. Darauf möchte ich vorbereitet sein – und wissen, was ich dann besser machen kann. So sehr es auch schmerzt.”


Lieber Dominik, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

*Den Namen seiner Tochter hat die Redaktion geändert.

Echte Geschichten protokollieren die geschilderten persönlichen Erfahrungen von Eltern aus unserer Community.

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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