„Wir adoptierten ein Mikro-Frühchen – mit acht Tagen starb es.“

„Unsere Adoptionsreise war eine echte Achterbahnfahrt. “ Das erzählt Julie auf cafemom.com.

Eine Achterbahnfahrt, ja, mit vielen Höhen und Tiefen.

Julie und ihr Mann David hatten drei ältere leibliche Kinder und bereits vier Kinder adoptiert, als sie einen weiteren Jungen adoptierten. Er wurde in der 25. Schwangerschaftswoche geboren.

Und dann? Passten die beiden ganz schnell wieder zu einer Mama, die mit einem Jungen schwanger war und für diesen Adoptiveltern suchte. „Wir begannen, mit unserem Mikro-Frühchen eine neue Routine zu entwickeln, während wir gespannt auf die Ankunft unseres zweiten Jungen, Cane, warteten.“

Bis Julie schließlich die Nachricht bekam, dass die Fruchtblase von Canes Mutter geplatzt war. 16 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin.

Das Krankenhaus-Personal tat alles, um die extreme Frühgeburt zu verhindern. „Ich nicht aufhören zu weinen, wenn ich an die Mutter und das Baby dachte und betete, dass alles in Ordnung wäre.“ Julie war in all ihrer Aufregung eines sofort klar: Sie musste und wollte zu der Mutter uns Krankenhaus, um sie zu unterstützen. Auch, wenn das eine Reise quer durchs Land bedeutete.

„Ich plante einen Wochenend-Trip – der am Ende sehr viel länger dauern würde, als ich es erwartet hatte.“

Kurz nachdem Julie ankam, machte sich Cane auf den Weg… 16 Wochen zu früh. Ein weiteres Mikro-Frühchen also. „Ich saß im Wartebereich und betete, dass alles gut gehen würde. Am Handy recherchierte ich alles, was ich über Frühgeburten finden konnte.“

Cane wurde geboren und kam sofort in die Isolette, einen Inkubator.

Schweren Herzens flog Julie ein paar Tage später zurück zu ihrer Familie, um sich um ihre anderen Kinder zu kümmern. „Ich fühlte mich wie ein Versager, weil ich nicht bei Cane sein konnte, der dort einsam in seiner Isolette lag. Ich wollte für ihn da sein, ich wollte ihm sagen, dass er zu Hause von einer ganzen Menge toller Geschwister erwartet wurde!“

„Weniger als acht Stunden nach meiner Ankunft zu Hause erhielt ich einen Anruf, den ich niemandem wünsche.“

„Canes Ärzte äußerten Bedenken, ob er es durch die Nacht schafft. Je länger der Arzt am Telefon sprach, desto mehr betete ich schweigend für Cane – während ich versuchte, den unzähligen medizinischen Begriffen zuzuhören.

Die ganze Zeit wusste ich, dass ich zur Intensivstation zurückkehren musste.“ Dazu gesellte sich noch ein ganz anderer Gedanke:

„Ich war jedoch von einem brennenden Bedürfnis überwältigt: Wir mussten als Familie zu Cane reisen.“

„Zu der Zeit war ich mir nicht mal sicher warum, aber ich wusste, dass es passieren musste. Ich würde aber bald erkennen, dass die Entscheidung für uns alle eine der besten Entscheidungen war, die ich getroffen habe.“

„David und ich setzten uns zusammen und planten, welche Kinder mit uns kommen sollten und wie wir uns dabei weiterhin um unsere Jobs, die täglichen Therapien und Termine kümmern konnten.“ Julie und David fanden ihren Weg, alles wurde geplant… „Aber ständig riefen die Ärzte mit neuen schrecklichen Infos an und machten uns klar, dass Cane es möglicherweise nicht bis zur nächsten Stunde schaffen würde.“

Es kam der Punkt, an dem Julie einfach nicht mehr ans Telefon gehen wollte. Da kam ihr Mann auf die Idee, sich an Familienmitglieder, die in der Nähe von Canes Krankenhaus lebten, zu wenden und sie zu bitten, ihn zu besuchen. Er sollte nicht alleine sein, wenn es wirklich zuende gehen sollte.

„Ich kann ihnen nicht genug dafür danken, dass sie alles sofort fallen ließen, ins Krankenhaus fuhren und dort blieben, bis wir dort ankamen.“

„Als wir endlich ankamen, ließ ich alle Kinder mit unserer älteren Tochter im Hotel und ging in den frühen Morgenstunden auf die Intensivstation. Ich sah diesen schönen, erstaunlichen Jungen, der um sein Leben kämpfte. Zu diesem Zeitpunkt sah er nicht aus wie der kleine Junge, den ich am vergangenen Sonntag verlassen hatte. Nur drei Tage waren vergangen und er war anämisch und bewegte sich nicht. Er war so klein, mit so vielen Schläuchen und Drähten, die seinen kleinen Körper belasteten.“

„Ich hätte ihm dieses Leid so gerne abgenommen. Ich wollte, dass er die E. coli-Infektion besiegt, die seinen Organismus verwüstete.“

Die folgende Zeit war ein Auf und Ab, einige Behandlungen schlugen an und Cane machte Fortschritte – während es am nächsten Tag schon wieder bergab ging. Julie und ihre Familie lebten provisorisch in ihrem Hotelzimmer und gaben sich gegenseitig Halt.

Ein EEG sollte schließlich eine letzte Gewissheit bringen. Julie konnte es nicht mit ansehen:

„Ich wusste in meinem Herzen, dass unser Junge keine Gehirnaktivität hatte und es dauerte nicht lange, bis die Mediziner meine schlimmste Angst bestätigten.

Ich weiß, dass es für alles einen Grund gibt, aber warum wurde Baby Cane der Welt geschenkt, um ihn Tage später wieder zu nehmen? Ich war traurig, völlig durch den Wind und vor allem hatte ich das Gefühl, seine erste Mutter im Stich zu lassen – ein Gefühl, das ich niemandem wünsche! Ich bat darum, dass alle Drähte und Schläuche, die von ihm entfernt werden könnten, weggenommen werden, damit ich ihn endlich an meinem Herzen halten konnte.

Mehrere Stunden lang konnte ich ihn lieben, beim ihm schlafen und nur diese Momente haben, diese Momente, die ich schätzen musste.

„Als sich das erste Licht des Morgens näherte, verließ ich das Krankenhaus, um den Rest der Familie aus dem Hotel zu holen. Ohne wirklich zu wissen, wie wir den Tag überstehen würden, an dem unser kleiner Junge seine Engelsflügel erhalten würde. Obwohl es schwierig werden würde, würden wir es aber gemeinsam schaffen.

 

Unserem kleinen Jungen wurde dann noch so viel Liebe geschenkt, ohne Isolette, Schläuche und Drähte. Er wurde von einer großen verrückten Familie festgehalten, gekuschelt und ihm wurde vorgelesen.“

Cane lebte acht Tage.

„Acht Tage sind im Vergleich zu einem Leben nie genug, um mit jemandem zusammen zu sein. Aber wir schätzen jeden Moment, den wir bekommen haben.

Gott hatte seinen Plan. Obwohl ich es immer noch nicht verstehe, hoffe ich, dass ich es eines Tages tun werde. Ich glaube, unsere Geschichte ist noch nicht vorbei.

Bis wir uns wieder sehen, Kleiner.“

Die komplette Geschichte und das Leben von Julies „verrückter Großfamilie“ könnt ihr auf ihrem Instagram-Kanal love.my.crazy.big.family verfolgen.

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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