Home-Schooling:„Endlich hat es mal Vorteile, dass ich Vollzeit-Mama bin!“

Ich bin seit rund zehn Jahren raus aus meinem Job. Ich habe in einem Reisebüro gearbeitet, und es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, die Menschen dort zu beraten und ihnen zu ihrem Traum-Urlaub zu verhelfen.

Dann wurde ich schwanger von meinem Mann, das war lange geplant und wir waren überglücklich.

Worüber wir aber vorher nicht gesprochen hatten, waren unsere Rollen als Eltern.

Denn mein Mann, der in einer hohen, sehr gut bezahlten Position ist und viel reist, ging davon aus, dass es klar war, dass er normal weiterarbeiten würde – und ich zu Hause bleiben würde. Niemals würde er sein Kind in die Krippe oder Kita geben. Wozu hatten wir es denn bekommen?

Ich war zuerst verwundert und ein wenig traurig, ich hatte mir unser Familienleben immer so vorgestellt, wie ich es von meinen Freundinnen kannte: Nach einem oder auch zwei Jahren Elternzeit gingen sie in Teilzeit in ihre Jobs zurück und die meisten von ihnen genossen diese Kombination aus Arbeiten und Mamasein sehr.

Mein Mann versuchte unablässig, mir ein Vollzeit-Mama-Leben schmackhaft zu machen, und schließlich willigte ich ein.

War es nicht wirklich das beste für das Kind, das wir nun nach langen Jahren des Kinderwunsches bekommen würden, und für mich?

Es musste nicht fremdbetreut werden, ich würde nie Probleme mit meinem Arbeitgeber bekommen, weil mein Kind krank war… Mein Mann, der unter der Woche fast immer beruflich durchgehend unterwegs war, würde mich zumindest von Montag bis Freitag nicht bei der ,Care-Arbeit` unterstützen können. Und er verdiente genug, auf mein Gehalt waren wir nicht wirklich angewiesen.

Ich dachte, mein Mutter-und-Hausfrau-Leben sei nur vorübergehend, für ein paar Jahre. Nun geht unsere Tochter in die zweite Klasse und ich bin nach wie vor Vollzeit-Mama.

Wie ich das finde? Ich bin mir selbst unsicher.

Es gibt Zeiten, da genieße ich es in vollen Zügen. Ich habe Zeit, den Haushalt zu schmeißen, bei uns sieht es immer vorzeigbar aus. Ich muss keine Angst vor Mobbing und Kürzungen im Job haben. Ich habe viel, viel Zeit mit unserer Tochter verbracht, Momente, die mir keiner mehr nehmen kann. Auch heute noch muss sie nicht in die Nachmittagsbetreuung in der Grundschule, sondern kommt mittags heim.

Ich habe aber auch Zeiten, in denen ich mich schlecht fühle. Niemals werde ich von beruflichen Erfolgen berichten können, wie meine Freundinnen es tun können. Streng genommen bekomme ich von meinem Mann ein (fürstliches) „Taschengeld“, wie ein Kind – noch nie hat er mir das Gefühl gegeben, dass es so ist, aber trotzdem… Ich fühle mich oftmals minderwertig ohne Job und wenn jemand erstaunt nachfragt, wie es denn so sei, „nur Mutter und Hausfrau“ zu sein, kann ich nicht im Brustton der Überzeugung entgegnen, dass ich meinen Traum lebe.

Aber mir nach all den Jahren einen Job suchen, dazu bin ich zu feige.

In der gegenwärtigen Situation aber, in der hat mein Lebensmodell ein paar eindeutige Vorteile. Meine Tochter ist seit Dezember zu Hause, das heißt wieder wochenlanges Homeschooling. Ich weiß, wie schwer das berufstätigen Eltern fällt, die nebenher noch irgendwie ihren Job erledigen müssen.

Für mich persönlich hat die Pandemie aber auch tatsächlich noch mehr Vorteile im Alltag: Denn dass ich nicht arbeite, heißt ja im Normalfall nicht, dass ich nichts zu tun hatte. Ich chauffierte meine Tochter zur Schule, von der Schule zu Freundinnen oder ihrem Handballtraining, dass sie zweimal in der Woche hat. War sie krank, musste ich sie 24 Stunden am Tag versorgen. War ich krank, musste ich sie 24  Stunden am Tag versorgen…

Nun fallen all diese Termine weg. Wir können uns ganz viel Zeit fürs Homeschooling nehmen und haben danach noch ganz viel Zeit zum Spielen und Kuscheln. Und da die Dienstreisen meines Mannes aktuell wegfallen, ist er im Homeoffice und kann mir zumindest abends ein paar Aufgaben abnehmen.

Man darf es kaum laut sagen, aber deshalb genieße ich den Lockdown sogar ein wenig.

Und ich habe es sicher viel leichter, diese Zeit durchzustehen. So rein mental. Schließlich bin ich sonst auch immer zu Hause.

Aber: Ich bleibe auch immer zu Hause. Wenn irgendwann alle wieder ins Büro fahren werden, werde ich ihnen nachschauen und mich ein bisschen leer fühlen. Sie sind im Stress, um pünktlich zu kommen – ich kann mir meinen Vormittag einteilen, wie ich möchte.

Denn im Grunde genommen interessiert es doch niemanden, wann ich was mache. Ein bisschen habe ich Angst vor dieser Zeit.“


Liebe Mama (echter Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank, dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe!

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Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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